Wuppertal: Evaluationsbericht zur BEA

Für die Dezembersitzungen der Wuppertaler Ratsausschüsse ist der Evaluationsbericht über die Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH vorgelegt worden.

Trotz der öffentlichen Streiterei zwischen der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid und der Stadt Wuppertal, hat die Wuppertaler Stadtverwaltung den Ratsauftrag vom 12. Juli 2010 zur Evaluation der Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH (BEA) selbstverständlich fortgesetzt. So ist das schriftliche Ergebnis der Wuppertaler Stadtverwaltung jetzt Wuppertaler Ratsausschüssen vorgelegt worden und soll in der anstehenden Dezembersitzung des Wuppertaler Stadtentwicklungsausschusses erstmals vorgestellt und diskutiert werden.

Nach dem Rat der Stadt Wuppertal war drei Jahre nach Gründung der BEA eine erste Zwischenbilanz der Tätigkeiten zu ziehen und ein Evaluationsbericht über die Effizienz und Effektivität der Tätigkeit der BEA vorzulegen, was anhand von acht Fragestellungen überprüft werden sollte („Wuppertal: Sachstandsbericht zur BEA-Evaluierung“). Dabei sollte auch ein Benchmarking mit anderen Regionen (Region Dortmund, Euregio Maas-Rhein) vorgenommen und Möglichkeiten der organisatorischen und inhaltlichen Weiterentwicklung der BEA aufgezeigt werden. So sollten Fehlentwicklungen beseitigt werden, da eine Nachbesserung im Interesse aller BEA-Gesellschafter sein sollte.

Bei einem grundfinanzierten BEA-Budget von über 6 Millionen Euro und verwendbaren Restmitteln der Regionale 2006 von rund 2 Millionen Euro ist eine Evaluation nach drei Jahren bei einer zunächst beabsichtigten, sechsjährigen Laufzeit eigentlich eine selbstverständliche Vorgehensweise. Die befristete BEA-Laufzeit läuft noch bis zum 30.09.2014.

Zudem gab es in den letzten vier Jahren der BEA-Vorlauf- und Betriebszeit trotz des von den Räten der bergischen Großstädte verabschiedeten Handlungsrahmens „Strukturimpulse für das Bergische Städtedreieck“ (Teil 1) vom April 2007 sowie vieler BEA-Gesellschaftertreffen und -Pressemitteilungen ganz offensichtlich keine klare Ausrichtung der BEA-Tätigkeiten.

Zusammenfassung der Hauptergebnisse dieser BEA-Evaluation (VO/0811/10):

1. Wie kann der Informationsfluss und die Einbindung der Politik auf regionaler und kommunaler Ebene verbessert werden?

Die viermal pro Jahr tagende BEA-Gesellschafterversammlung und die BEA-Geschäftsführung haben seit dem BEA-Start im Oktober 2007 eine Beteiligung der Stadträte von Remscheid, Solingen und Wuppertal für wichtige Fragestellungen (Jährliches Arbeitsprogramm und Wirtschaftsplan der BEA) bisher nicht sicherstellen können.

Die Regionale Lenkungsgruppe, die sich u.a. aus kommunalen Ratsvertretern, gesellschaftlich relevanten Organisationsvertretern der Region und aus NRW-Landesvertretern zusammensetzt, wurde bisher einmal pro Jahr und gewöhnlich im Anschluss einer BEA-Gesellschafterversammlung eingeladen. Dies bedeutet, dass selten getagt wurde und wenn, dann immer erst nachdem vorher in der BEA-Gesellschafterversammlung wichtige Entscheidungen schon getroffen worden sind, so dass Empfehlungen der Regionalen Lenkungsgruppe in Bezug auf wichtige Entscheidungen nicht, nur erschwert oder kaum zeitnah Berücksichtigung finden konnten.

2. Aufgaben und Gewichtung

Die inhaltliche Aufstellung der BEA des Jahres 2008 zu den Standortfaktoren „Wohnen“, „Wirtschaft und Einzelhandel“, „Freizeit, Kultur und Tourismus“, „Stadt- und Landschaftsbild“ und „Regionale und überregionale Vernetzung“ war zu breit angelegt, so dass auch die Entwicklung des vorgesehenen BEA-Profils gelitten hat.

Für die zugewiesenen Aufgaben der BEA sind von den BEA-Gesellschaftern bisher keine Aufgabengewichtungen und Aufgabenschwerpunkte sowie keine Kapazitätszuordnungen festgelegt worden.

Die Förderung der Wirtschaftsentwicklung, die Beratung und Akquisition von Drittmitteln für regionale Unternehmen und das Marketing für den Wirtschaftsstandort ist bei der BEA zu schwach ausgeprägt. Stattdessen tendierte die BEA dazu, auf Aufgabenfelder wie Tourismus und Stadtmarketing auszuweichen.

3. Überprüfung der Aufgaben der BEA durch die Städte

Wie vorgenannt ist die Förderung der Wirtschaftsentwicklung, die Beratung und Akquisition von Drittmitteln für regionale Unternehmen und das Marketing für den Wirtschaftsstandort bei der BEA zu schwach ausgeprägt.

4. Akquisition von Fördermitteln

Wie vorgenannt ist die Förderung der Wirtschaftsentwicklung, die Beratung und Akquisition von Drittmitteln für regionale Unternehmen und das Marketing für den Wirtschaftsstandort bei der BEA zu schwach ausgeprägt.

Die Beratung und Begleitung von regionalen Unternehmen in vier Fällen bei der Antragstellung in FuE-Wettbewerben liegt bisher weit hinter den Erwartungen zurück. Zudem sind trotz Juryzusage diese vier Fälle so wie sie beantragt waren bisher nicht angelaufen oder werden gar nicht mehr weiter verfolgt. Hieraus kann auf BEA-Beratungs- und Begleitungsmängel im Vorfeld geschlossen werden. 

Die umfangreicheren BEA-Bemühungen im Bereich der Stadtentwicklungsprojekte stehen aufgrund der bundesweit bekannten kommunalen Haushaltslagen der drei bergischen Großstädte mit den damit einhergehenden Schwierigkeiten der Eigenanteilübernahme unter dem Vorbehalt einer verzögerten oder gar keiner Umsetzung.

Im Bergischen Städtedreieck sind zwischenzeitlich viele Projekte in Umsetzung, an denen die BEA nicht beteiligt ist und deren Antragsteller keine öffentlichen Ressourcen für die Projektakquisition oder für die Eigenanteil-Finanzierung zur Verfügung gestellt bekommen. Bei einer Reihe von Projektvorhaben von industriellen Unternehmen und im Bereich kommunaler Stadtentwicklung jeweils mit Juryzusage, die von der BEA unterstützt wurden, sind nachträglich große formale Probleme aufgetreten, die eine verzögerte oder gar keine Umsetzung zur Folge haben.

Die formalen Vorgaben und Erbringungen bei den Ziel2-Fördervorhaben waren seit dem Sommer 2007 in den – wenn auch umfangreichen – ersten Programmentwürfen deutlich erkennbar und sind dementsprechend so auch seit dem Jahr 2008 von den Ziel2-Förderprojekten zu erbringen. Dies hätte den BEA-Verantwortlichen schon sehr früh bekannt sein können und somit in die Beratung und Begleitung regionaler Unternehmen und Institutionen einfließen müssen.

Der Aufbau eines Kooperationsnetzwerkes entsprechend real vorhandener Kompetenzen bei den institutionellen FuE-Akteuren im Bergischen Städtedreieck ist nicht erfolgt, woraus geschlossen werden kann, dass die BEA davon ausging zu allen relevanten Kompetenzfeldern selbst in ausreichendem Maße über grundfinanzierte Personalressourcen zu verfügen.

5. Regionalplanung

Die kommunale Planungshoheit verbleibt trotz möglicher Erwartungen Dritter oder zwischenzeitlichem BEA-Rollenverständnis – weiter uneingeschränkt jeweils bei den drei bergischen Großstädten bzw. zumindest bei der Stadt Wuppertal uneingeschränkt.

6. Rollenverteilung Stadtverwaltung Wuppertal und BEA

Wie vorgenannt verbleibt die kommunale Planungshoheit zur Stadtentwicklung – trotz möglicher Erwartungen Dritter oder zwischenzeitlichem BEA-Rollenverständnis weiter uneingeschränkt bei der Stadt Wuppertal.

7. Gesellschafterverständnis

Seit der rund einjährigen Planungsphase zur BEA-Gründung und auch seit dem dann folgenden BEA-Start im Oktober 2007 ist das Verständnis, welche Rolle die BEA haben soll, und das Einvernehmen zur BEA-Arbeit zwischen den BEA-Gesellschaftern ungeklärt verblieben.

Konsequenzen

Durch eine zukünftige Einbindung der städtischen Ratsgremien und einer geplanten Veränderung der Arbeitsweise der Regionalen Lenkungsgruppe soll die Kommunikation mit den kommunalen Entscheidungsträgern verbessert und die erforderliche Transparenz geschaffen werden.

Die Förderung der Wirtschaftsentwicklung, die Beratung und Akquisition von Drittmitteln für regionale Unternehmen und das Marketing für den Wirtschaftsstandort soll bei der BEA deutlich stärker werden. Dazu soll die BEA auch ein Kooperationsnetzwerk entsprechend real vorhandener Kompetenzen bei den institutionellen FuE-Akteuren im Bergischen Städtedreieck aufbauen.

Die bisherige Ausrichtung auf den Tourismusbereich und wie schon vorgenannt, die umfangreichen BEA-Bemühungen im Bereich der Stadtentwicklungsprojekte, sollen zurückgeführt werden.

Abschließend heißt es dann im Evaluationsbericht:

„Wichtig ist auch, dass andere Institutionen und Unternehmen die Möglichkeit einer eigenen Antragstellung besitzen, um alle vorhandenen Potenziale in der Region zur Drittmitteleinwerbung zu nutzen. …“

Dies ist im Bergischen Städtedreieck – parallel zur grundfinanzierten BEA – geschehen, wie aus der Liste der „Ziel2-Projekte im Bergischen Städtedreieck“ einfach ersehen werden kann. Wenn man ausschließlich die Ziel2-Projekte im Bergischen Städtedreieck mit Bewilligungserteilung und Umsetzungsphase betrachtet, für die die grundfinanzierte BEA eine relevante Unterstützung erbracht hat, dann stößt man schnell auf eine ganz grundsätzliche Fragestellung.

Fazit:

Von Gründungsbeginn an herrschte Unklarheit über den Auftrag der grundfinanzierten BEA und es fehlten auch klare Zielkriterien und Zielvorgabewerte für die BEA-Arbeit. Hierzu gab es schon in der BEA-Vorlaufphase erste Hinweise, wie z.B. auf der öffentlichen Veranstaltung zum EFRE-Programm im April 2007 in der Historischen Stadthalle Wuppertals, und was im Frühjahr 2008 dann auch für alle bergischen Akteure erkennbar offen zu Tage getreten ist. Ursachenbezogene Konsequenzen sind von Beginn an jedoch nicht getroffen worden, ganz im Gegenteil.

Eine ständige Überforderung der BEA aus Gründen unklarer und teilweise ganz unterschiedlicher Zielvorstellungen bei den BEA-Gesellschaftern, ist von Beginn an gerade gegenüber den bergischen Wirtschaftsunternehmen und Wissenschaftsinstitutionen ein unhaltbarer Zustand gewesen. Schließlich wurden diese von den BEA-Gesellschaftern häufig aufgefordert, die BEA zu unterstützen und bei Projektvorhaben mit einzubeziehen.

Zudem ist eine ständige Überforderung der BEA äußerst unfair gegenüber den BEA-Beschäftigten gewesen, deren starkes Engagement in inhaltlich und institutionell komplizierter Gemengelage außer Frage steht. Ähnlich unfair kann die jetzige Aussage des ehemaligen Vorsitzenden der BEA-Gesellschafterversammlung, Solingens Alt-Oberbürgermeister Franz Haug, gegenüber den BEA-Beschäftigten gewertet werden, der sich im Zusammenhang mit der Bürgerinitiative Kohlfurter Brücke (BiKB) aktuell folgendermaßen äußerte: „’Ich würde mir wünschen, wenn sich die Bergische Entwicklungsagentur ein Beispiel an diesen Männern nimmt’, sagte Franz Haug und fügte hinzu, dass das Projekt beweist, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den bergischen Städten möglich sei.“ (siehe „Brücke verbindet im Advent“, ST vom 29.11.2010).

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, warum wurde gerade von den Hauptprofiteuren der Regionale 2006, der schnelle Weggang des mit so vielen Vorschusslorbeeren im Herbst 2007 gestarteten BEA-Geschäftsführers Henry Beierlorzer, der an den bis dato umgesetzten Ergebnissen der Regionale 2006 doch maßgeblich beteiligt war, im Frühjahr 2008 so erfreut bis triumphierend aufgenommen?

Die von der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid zum Wuppertaler Ratsauftrag gestartete und lang andauernde, öffentliche Streiterei mit der Stadt Wuppertal hat regional und überregional den Wirtschaftsstandort des Bergischen Städtedreiecks sicher nicht gestärkt, sondern ganz im Gegenteil wohl eher geschwächt. Zudem ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den bergischen Akteuren dadurch deutlich erschwert worden.

Ausblick:

Im aktuellen Nein-Ja-Wenn-Dann-Chaos der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid zur möglichen Beteiligung des Bergischen Städtedreiecks bei der Initiative zur Bildung einer Metropolregion Rheinland ist es nach IHK-Verlautbarungen scheinbar äußerst wichtig, dass dies wenn, dann nur im Rahmen der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH geschehen soll. Die nächsten BEA-Überforderungen und bergischen Streitereien in der Öffentlichkeit sind also nicht nur angebahnt, sondern schon seit einiger Zeit wieder im vollen Gange. Aber dies sei hier nur am Rande bemerkt.

Quellen:

Bericht zur Evaluierung der Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur (pdf-Datei; 157 kB).

Ziel2-Projekte Bergisches Städtedreieck (pdf-Datei; 77 kB).

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