18.02.2011Georg Sander
Barmen 2020 – mehr Farbe, mehr Kultur, mehr Leben
Die Sitzplätze im großen Saal der Concordia reichten für die zahlreichen Gästen kaum aus. An mangelndem Interesse wird Barmens Zukunft also sicher nicht scheitern. An Anna Wittmer auch nicht. Die umtriebige Citymanagerin präsentierte ein umfangreiches Aktionsprogramm für den Stadtteil.
Von Anfang an ließ sie keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit und auch nicht daran, dass Barmen keine Zeit zu verlieren hat: „Bis zum Jahr 2020 sind es nur noch neun Jahre. Wenn wir es bis dahin nicht schaffen, wird Barmen zubetoniert und wir stellen eine Telefonzelle auf.“
Anna Wittmer: Robuste Ideen und neue Konzepte für Barmen
Einige von Wittmers Ideen für die nahe Zukunft sind durchaus robust, wie Blumenkübelpatenschaften, Schaufensteraktionen, Kaschierung von Leerständen und Gewinnspiele.
Andere Vorhaben sind anspruchsvoller:
Unter dem Motto „Tag des…“ sollen gemeinnützige Veranstaltungen durchgeführt werden, wie z.B. ein „Tag des Sports“ oder ein „Tag der Bewegung“. Dabei sollen sich Barmer Vereine und Organisationen präsentieren.
Im Juli sollen die vier Hauptreligionen ein überkonfessionelles Fest unter dem Titel „Sommerfest der Religionen“ durchführen.
Die „Barmer Leoniale“ ist ein Projekt, bei dem Barmer Händler je einen Löwenkorpus erwerben und künstlerisch gestalten. Vorbild dieser Aktion ist die erfolgreiche Pinguinale aus dem Jahr 2006.
Ein lebendiger Adventskalender soll in der Vorweihnachtszeit Besucher nach Barmen locken. Anna Wittmer denkt an 24 Aktionen von 24 Künstlern in 24 Barmer Geschäften.
Ein Highlight wäre sicher eine Eislaufbahn. Die war schon für diesen Januar geplant, soll jetzt aber definitiv im kommenden Winter starten.
Anna Wittmer will außerdem viele kleine Initiativen gründen, in denen sich engagierte Barmer versammeln, um gemeinsam Projekte zu realisieren.
Wichtig ist der Citymanagerin, dass nicht versucht wird, aus Barmen eine Kopie von Elberfeld zu machen. Vielmehr soll der Stadtteil sein eigenes Profil entwickeln. Die Erhöhung der Aufenthaltsqualität steht dabei im Mittelpunkt.
Auch Kultur soll den Stadtteil beleben
Mehr Kultur soll Leben nach Barmen bringen. Wittmer denkt an Projekte wie Artists in Residence, „Barmen liest ein Buch“, Kamingespräche und ein Musikfestival mit dem klangvollen Namen „WerthVoll“ in Kooperation mit dem Haus der Jugend.
Jochen Stiebel von der Wirtschaftsförderung erläuterte, welche Projekte die Stadt Wuppertal in Barmen in den letzten Jahren bereits realisiert hat. Die Auflistung ist durchaus beachtlich: Engelsgarten, Opernhaus, Museum für Frühindustrialisierung, Beleuchtung des Rathauses, Neue Synagoge, Sanierung der Kunsthalle, Umzug der Musikhochschule, Öffnung des Wupperufers, Abriss des Anbaus am Haus der Jugend, Sanierung der Schwebebahnhaltestelle Werther Brücke.
Stiebel rief die Händler dazu auf, nicht auf die Stadt zu warten, sondern selber aktiv zu werden. Er machte das am Beispiel der Schneemassen im Januar deutlich: „Ja, die Stadt hatte den Schnee in Barmen nicht geräumt, aber in Elberfeld auch nicht. Wenn Sie gemeinsam einen privaten Räumdienst beauftragt hätten, wäre das ein Wettbewerbsvorteil für Barmen gewesen.“
Vision der Fa. lobomob: eine Dachkonstruktion aus Stahlträgern und Luftkissen. Bitte das Bild anklicken, um eine größere Darstellung zu sehen.
Wird der Werth überdacht?
Die Firma lobomob präsentierte eine spektakuläre Möglichkeit, den Barmer Werth zu überdachen. Die Idee sieht vor, ein Dach aus vielen einzelnen Elementen zu gestalten, die sich der Bebauung an den jeweiligen Örtlichkeiten entlang des Werths anpassen lassen. Die Konstruktion würde aus Stahlträgern und Luftkissen gestaltet, in die sogar Solarzellen integriert werden können.
Als verhaltene Kritik an den Kosten einer solchen Maßnahme laut wurde, erwiderte Anna Wittmer, die Finanzierung müsse kein Hinderungsgrund für die utopisch anmutende Konstruktion sein. Man müsse ermitteln, welche Fördermittel oder sonstigen Finanzierungsoptionen es für ein solches Vorhaben geben könnte. „Sie werden von diesem Projekt noch hören,“ kündigte die Citymanagerin an.
Eine Finanzierungsmöglichkeit könnte eine sog. Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG), auch Business Improvement District (BID) genannt, sein. Dr. Daria Stottrop von der bergischen IHK erläuterte das Instrument einer solchen ISG. Man versteht darunter eine private Initiative zur Stadtentwicklung. Im Kern sieht sie vor, dass in Innenstädten und Stadtteilzentren Projekte umgesetzt werden, die durch eine Sonderabgabe der Grundeigentümer finanziert werden. Wenn sich nicht mehr als 25% der betroffenen Immobilienbesitzer gegen die ISG aussprechen, kann diese gegründet werden. Die Abgabe ist dann verpflichtend und kann während der Laufzeit der ISG von maximal 5 Jahren bis zu 10% des Einheitswertes eines Grundstücks betragen.
Schrei nach Professionalität nach jahrelanger Flickschusterei
Der Gießener Kaufmann Heinz-Jörg Ebert erläuterte die konkrete Umsetzung eines BID an einem von ihm initiierten Beispiel aus der hessischen Universitätsstadt. Dort habe es einen „Schrei nach Professionalität“ gegeben, da die bisherigen „Feierabendaktivitäten der lokalen Händler“ nicht zu nennenswerten Ergebnissen geführt hätten. Er beschrieb in einem packenden Vortrag das BID als hervorragendes Mittel zur effektiven Verbesserung des Stadtimages. Ebert schilderte überzeugend, wie in Gießen im Rahmen des BID Beleuchtungskonzepte, Eisbahnen, Begrünungen und viele andere Projekte realisiert wurden. Die vorher übliche Flickschusterei sei durch ein professionelles Management ersetzt worden. Zahlreiche hochwertige Einzelhandelsunternehmen hätten sich wegen des BID für den Standort Gießen entschieden. 1-Euro-Shops seien dagegen aus der City verschwunden. Viele Hauseigentümer hätten sich wegen der Kampagnen entschlossen, in die eigene Immobilie zu investieren. Weiterer positiver Effekt: wegen des BID sei die Landesgartenschau 2014 in die Stadt geholt worden. In Gießen sei der Wert der Immobilien in den letzten zehn Jahren um rund 10% gestiegen; in Wuppertal sank er im gleichen Zeitraum um ca. 20%.
„Wenn wir die ISG nicht verwirklichen können, sollten wir unsere Geschäfte zumachen“
„Herr Ebert ist das beste Beispiel dafür, was passieren kann, wenn Menschen sich zusammentun“, sagte Anna Wittmer und kündigte an, die Anwesenden künftig für den gemeinsamen Standort Barmen in die Pflicht zu nehmen.
„Wenn wir die ISG nicht verwirklichen können, sollten wir alle unsere Geschäfte zumachen,“ fasste der frühere Vorsitzende der IG Barmen Dirk Wewer den vorherrschenden Eindruck unter den Zuhörern zusammen. Sein Sohn und Nachfolger Matthias Wewer stellte fest, dass eine Kampagne wie in Gießen nicht am Geld scheitern könne, da die Beträge für den Einzelnen relativ überschaubar seien. Er forderte die Barmer Kaufleute auf, mit Elan an die Umsetzung einer ISG zu gehen.
Bis vor kurzem hätte allen Appellen zum Trotz niemand ernsthaft daran geglaubt, dass die Chance für eine ISG in Barmen sonderlich groß ist. Zu schwer wiegen die negativen Erfahrungen der vergangenen Jahre. Mit der engagierten und unverbrauchten Citymanagerin Anna Wittmer als treibende Kraft hat Barmen nun eine echte Chance.
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Foto: Georg Sander
Animation: lobomob
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http://www.citymanagement-barmen.de/
Ich finde die idee mit der überdachung cool aber bitte nicht soooooo was…
wieso wollen die aus unserem schönen wuppertal so was komisch futurischtisches machen…
ich wäre dafür das die bedachung passend zu den lampen am rathhaus gemacht werden…
Warum hat Elberfeld nicht so eine attraktive Managerin?
Jetzt bin ich das erste Mal neidisch auf Barmen.
Barmen hat nur die besseren FrisörInnen.
Elberfeld? Man schaue sich am Wall um. Dort wo früher KOCH am WALL residierte ist heute KIK etabliert…………..Quo vadis, Wuppertal??
Wenn der WERTHVOLL dann im Winter auch noch schnee- und eisfrei gehalten würde, wäre er, und die vielen guten Neuerungen, sicher auch für die Kunden gut erreichbar
Stimmt. Aber das wurde ja auch thematisiert.