21.04.2022Wolfgang Buchholz
Kosten- Nutzenabwägung zur BUGA 2031
Der folgende Text wurde von Volker Mucha verfasst:
Und ewig grüßt das Murmeltier?
Jeder von uns kennt öffentliche Großprojekte wie Flughafen Berlin, Stuttgart 21 oder die Elbphilharmonie, die sich dadurch auszeichnen, dass die tatsächlichen Kosten am Ende deutlich von den Planungskosten nach oben hin abweichen. So kratzt beispielsweise die Sanierung der Kölner Oper, mit ursprünglichen Planungskosten in Höhe von 253 Millionen Euro, nun an der Grenze zu einer Milliarde Euro. Auch Bundesgartenschauen bleiben davon nicht unberührt. Gegenwärtig schlingert das Vorhaben zur Durchführung der BUGA 2025 in Rostock. Massive Kostensteigerungen gepaart mit Planungsfehlern führen nun zu deutlichen Abstrichen an Qualität und Umfang der Teilprojekte zur BUGA in Rostock. Eine Realisierung aller Teilprojekte scheint nun nahezu ausgeschlossen. Eine Verschiebung der BUGA wird diskutiert.
Die Verantwortlichen Wuppertals könnten also in Bezug auf die zu erwartenden Kosten für die geplante Bundegartenschau in 2031 gewarnt sein und Projektplanungen und Kostenkalkulationen anpassen und schärfen, damit die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt eine Vorstellung davon entwickeln können, was sie zu welchen Kosten in Etwa bekommen – sollten sie sich im Rahmen des Bürgerentscheids für die BUGA aussprechen. Ereilt dann Wuppertal mit der möglichen Ausrichtung der BUGA 2031 ein vergleichbares Schicksaal wie die BUGA in Rostock, gekennzeichnet durch Planungsfehlern und massiven Kostensteigerungen, die zu Lasten des städtischen Haushalts gehen? Um diese Frage näherungsweise beantworten zu können, ist es wichtig, sich schon heute mit der vorliegenden Kalkulation der Kosten zur BUGA in Wuppertal auf Grundlage der 2. Machbarkeitsstudie einmal näher zu beschäftigen:
Kosten der BUGA 2031
Die investiven Kosten belaufen sich in der Planung auf rd. 70 Millionen Euro. Die Durchführungskosten der BUGA oder auch operative Kosten genannt, belaufen sich auf 53 Millionen Euro, so dass die BUGA mit Plankosten von insgesamt 123 Millionen Euro zu beziffern ist.
In einem nächsten Schritt geht man davon aus, dass das Land NRW die förderfähigen investiven Kosten mit 50%, also mit 35 Millionen Euro, bezuschusst. Es bleibt also ein Eigenanteil für die Stadt Wuppertal in Höhe von 35 Millionen Euro. Für den Durchführungshaushalt, geplant mit 53 Millionen, werden über den Ticketverkauf rd. 33 Millionen Euro erlöst, es kommt zu einer Unterdeckung in Höhe von 20 Millionen Euro für die Stadt. Addiert man nun die Fehlbeträge aus investiven und operativen Kosten, beläuft sich der städtische Eigenanteil zunächst auf 55 Millionen Euro. Um die Kostensteigerungen, die bis zum Jahr 2031/ 2032 unweigerlich eintreten werden, auszugleichen, schlagen die Verfasser der Machbarkeitsstudie einen Prozentsatz in Höhe von 3,3 % für den Zeitraum 2022 bis 2032 (10 Jahre) auf die 55 Millionen Euro als Inflationsausgleich auf, im Ergebnis 16 Millionen Euro. Die Der städtische Eigenanteil zur BUGA beläuft sich somit in der Planung auf 71 Millionen Euro.
Folgende Kritikpunkte sind anzuführen:
- Inflationsausgleich: Die Autoren der Machbarkeitsstudie gehen von einem gestaffelten Inflationsaufschlag in Höhe von 3,3 % (gemittelt) für die Finanzierungsjahre 2022-2032 aus. Die Werte werden dann im Ergebnis zu 16,2 Millionen Euro kumuliert. Tatsächlich ist diese Berechnung nicht nachvollziehbar. Bei einem Kapitalanfangsbestand von 55 Millionen, einem Verzinsungszeitraum von 10 Jahren und einem Zins von 3,3% ergibt sich ein Kapitalendbestand von rd. 76 Millionen Euro oder ein Inflationsaufschlag in Höhe von 21 Millionen Euro. Der gewählte Zeitraum von 10 Jahren selbst ist diskutabel. Die substanziellen Kosten der BUGA fallen im letzten Drittel des Zeitraumes 2018 bis 2032 an. Daraus ableitend scheint gemittelter Verzinsungszeitraum von 12 Jahren eher angebracht zu sein.
Weiterhin stellt sich die Frage, ob der Zinssatz richtig gewählt ist und mit seiner Höhe 3,3% die zukünftigen Risiken wirklich abbildet. Die Planungskosten in beschriebener Höhe wurden bereits mit der 1. Machbarkeitsstudie 2018 veröffentlicht. Die Übernahme der Zahlen erfolgte ohne weitere Anpassung in die 2. Machbarkeitsstudie 2021. Es ist allgemein hin bekannt, dass man in der jüngeren Vergangenheit mit einer stetig steigenden Inflationsrate, gegenwärtig 5,1 %, konfrontiert ist. Insbesondere im Bausektor, ein massiver Kostenblock zur Realisierung der BUGA, sind massive Preisanstiege bei Materialien wie Beton, Stahl und Bauholz von bis zu 70% (Quelle: Statistisches Bundesamt) zu verzeichnen. Vor diesem Hintergrund läge ein angemessener Inflationsaufschlag für das Gesamtvorhaben und dem Verzinsungszeitraum bei wenigstens 5%.
- Auch methodisch beinhaltet die vorliegende Kalkulation Fehler, so zum Beispiel bei der Berechnung des städtischen Eigenanteils im Rahmen des Durchführungshaushaltes. Dadurch, dass die ermittelten Erlöse durch den Ticketverkauf für das Jahr der BUGA in 2031 gerechnet wurden, sind sie nicht mehr mit einem Inflationsaufschlag zu belegen. Dies geschieht jedoch faktisch, da die reinen Ticketerlöse in Höhe von 28,5 Millionen Euro von den Gesamtkosten des Durchführungshaushaltes abgezogen werden und nur der Differenzbetrag in Höhe von rd. 20 Millionen Euro mit einem Inflationsaufschlag belegt wird. Tatsächlich müssen die gesamten Kosten des Durchführungshaushaltes mit einem Inflationsaufschlag berücksichtigt werden. Erst dann dürfen die Erlöse aus dem Ticketing in Abzug gebracht werden.
- Weiterhin ist es nicht zu verstehen, warum in einer Gesamtprognose der Kosten die Förderanteile des Landes nicht mit einem Inflationsaufschlag versehen werden. Auch die Gelder, die vom Land kommen, sind Gelder der Steuerzahler, die in gleicher Art und Weise in den Berechnungen der Plankosten Berücksichtigung finden müssen.
- 50-prozentige Förderquote des Landes: Von den Befürwortern der BUGA wird immer wieder betont, dass die 50% Quote eher ein Worst-Case-Szenario darstelle und davon auszugehen sei, dass die Förderquote doch höher ausfallen würde. Hierzu sein angemerkt, dass die Förderquote auch deutlich geringer ausfallen könnte, noch sind im Landeshaushalt die Kosten der Pandemie und der Fluthilfe sowie die mit dem Ukrainekrieg direkt zusammenhängenden Kosten (z. B. Flüchtlingshilfe) und indirekt zusammenhängende Kosten (z. B. Energiekosten) nicht vollständig erfasst.
Korrigiert man die Berechnung um o.g. Kritikpunkte und unterstellt weiterhin eine Förderquote von 50% durch das Land, gelangt man zu folgendem Ergebnis:
Kosten der BUGA 2031 – neu
Unter Berücksichtigung des korrigierten Inflationsaufschlags zeigt die Neuberechnung, dass die BUGA 2031 den Steuerzahler rd. 183 Millionen Euro kosten wird. Davon entfallen rd. 63 Millionen Euro auf das Land und rd. 121 Millionen Euro auf die Stadt Wuppertal.
Fazit:
Es ist wie so oft und eben auch schon wie eingangs vermutet – auch die BUGA 2031 wird deutlich teurer werden als geplant!
Nicht umsonst empfiehlt der Stadtkämmerer Dr. Johannes Slawig mit Nachdruck, auf die Durchführung einer Bundesgartenschau vor dem Hintergrund mittelfristig anstehender millionenschwerer Investitionen beispielsweise in Kitas, Schulen und Stadtwerke, zu verzichten.
Wäre der Verzicht auf die BUGA dann wirklich das Ende einer gelingenden Stadtentwicklung für Wuppertal? Sicherlich nicht – im Gegenteil, es wäre ein Anfang, wenn man sich auf einen Perspektivwechsel einließe. Warum legen wir nicht zuerst die Ziele und Schwerpunkte für eine sinnvolle Stadtentwicklung fest und erörtern dann, wie eine BUGA zu uns passt, statt wie gegenwärtig vorgesehen, uns einer BUGA zu verpflichten? Dies beschert uns nur die Abhängigkeit von privaten Investoren wie Bundesgartenschau- und Seilbahnbaugesellschaft und nötigt uns im Anschluss an die BUGA in einem weiteren Schritt, uns um eine sinnvolle Nachnutzung der BUGA für unsere Stadt kümmern zu müssen.
Wir haben die Möglichkeiten, eine gute Stadtentwicklung zu initiieren, es gibt dazu genügend Vorschläge mit Substanz wie Radfahrrundweg mit Zusammenführung der Nordbahn- und der Sambatrasse, Ertüchtigung des Zoos anlässlich seines 150-jährigen Bestehens, Begrünung der Innenstadt unter Einbeziehung der Wupper, endlich öffentliche Toiletten in der Innenstadt und vieles mehr!
Es bleibt also die zentrale Frage, für was wir unser Geld ausgeben wollen. Wenn wir uns grundsätzlich auf eine millionenschwere Neuverschuldung des städtischen Haushalts für eine gute Stadtentwicklung Wuppertals einlassen wollen, dann können wir dies auch ganz ohne eine BUGA erreichen – sinnvoller und kostengünstiger – im Schulterschluss mit städtischer Verwaltung, den politischen Fraktionen und einer Unterstützung aus der breiten Mitte der Bürgerschaft – also, JA zum Aus für die BUGA!
Volker Mucha
Weiter mit:
Lieber Volker, mit dieser Berechnung, die man kritisch besehen auch als untertrieben ansehen könnte, zeigt Ihr von der BI, dass es Euch letztlich doch nur um ein „Wir wollen keine BUGA!“ geht. Und dass Ihr das auch noch mit dem Verweis auf Rostock macht, wo einiges im Vorfeld schief gelaufen ist, ist sehr schräg.
Die Probleme in Rostock sind an vielen Stellen Haus gemacht, weil eben nicht rechtzeitig und weit vorausschauend mit der Arbeit begonnen wurde. Dort haben genauso Kritiker*innen wie Ihr auf die Bremse getreten und die eigentliche Planung und Konkretisierung behindert. Dass dann die Zeit und die Kosten davon laufen ist irgendwie klar.
Und Ihr dürft nicht vergessen, es wird in den nächsten neun Jahren genügen Gelegenheiten geben, dass wir als Stadtgesellschaft und Politik über Änderungen, Einsparungen, Neuplanungen etc. entscheiden. Dass das geht, sieht man ja jetzt in Rostock. Wir werden mit einer echten Bürger*innen-Beteiligung auch die kritischen Stimmen einbeziehen.
Darum sollten wir gemeinsam die Chance ergreifen und für die BUGA sein und mit NEIN beim Bürgerentscheid stimmen.
Der Autor hat begründet aufgezeigt, dass die Kosten der BUGA für die Stadt Wuppertal wesentlich höher liegen werden, als von den Befürwortern behauptet. Das muss man wissen, bevor man sich für oder gegen eine BUGA entscheidet. Die teils polemischen Kommentare zu diesem Artikel haben den Autor nicht widerlegt. Sein Vorschlag ist hingegen, sich als Stadtgesellschaft zunächst über Inhalte und Ziele einer Stadtentwicklung zu einigen, bevor man Steuergeld ausgibt. Das ist vernünftig.
Genau das hat der Autor nicht. Herr Mucha hat begründet aufgezeigt, dass die Kosten der BUGA wesentlich höher liegen könnten(!), als bisher behauptet. Dazu hat er in die vorhandene Machbarkeitsstudie einfach pessimistischere Zahlenwerte eingesetzt.
Vorhersagen sind immer schwierig – besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. Und dann die Ängste: Was, wenn die Einnahmen geringer ausfallen? Was, wenn die Kosten steigen? Was, wenn wir nicht über jeden Windhauch die Kontrolle haben? Lieber schnell die Finger davon lassen! So werden wir die Zukunft nicht gewinnen. Zum Glück waren unsere Vorfahren nicht derart angstgesteuert, ja angstverliebt. Sonst gäbe es nicht nur keine Schwebebahn, sondern gar keine Zivilisation. Wer Chancen ohne Risiken erwartet, muss auf den Bäumen bleiben. Was, wenn der 3. Weltkrieg kommt? Ist es eingerechnet, was die Buga kostet, wenn es Wuppertal in neun Jahren gar nicht mehr gibt? Ich lasse mich nicht zur Angst überreden, sondern stimme beim Bürgerentscheid mit NEIN, weil ich JA zu den Chancen der BUGA sage.
Mein Fazit: Man sollte gar kein Großprojekt anfangen, denn die Inflation könnte ja auch bei 7,5 % liegen, der Zeitraum bei 15 Jahren, die Förderquote bei 30 %, die Flutkatastrophen könnten sich häufen, der Ukrainekrieg sich ausweiten und nach der Pandemie ist vor der Pandemie…
Aber mit einer öffentlichen Toilette in der Innenstadt wäre Wuppertal gleich weltweit wieder im Gespräch.
Die „Kosten-/Nutzenabwägung“, wie es die Überschrift suggeriert, ist leider sehr eindimensional und taugt nicht zur Meinungsbildung. Schade.
Die Betrachtung regionalökonomischer Effekte (Übernachtungen, konsumptive Ausgaben der Besucher:innen, Steueraufkommen, etc.) wird leider komplett ausgeblendet.
Gesamtvolkswirtschaftlich gälte es darüber hinaus zu beachten, dass die Summen auf der Kostenseite sich ja nicht in Luft auflösen, sondern davon z. B. Löhne und Gehälter gezahlt werden, die wiederum Kaufkraft generieren. Es werden Steuern abgeführt und Beiträge in die Sozialversicherungssysteme geleistet, usw., usf. – Wirtschaftskreislauf halt. Will sagen: Volkswirtschaftlich ist Höhe der Kosten eigentlich irrelevant, solange Stadt und Land in der Lage sind, diese nachhaltig zu stemmen.
Herr Sindram: Es gibt keinen Förderverein! Oder wollen sie uns wirklich einreden, dass 2,4 Mio. über 10 Jahre eine Förderung darstellen? Der Tropfen auf dem Stein ist da weitaus höher zu bewerten.
Vor allem aber: Sie haben bis heute nicht ein Argument für die jetzt geplante BUGA gebracht, sondern diffamieren ausschließlich. Was stimmt denn mit ihnen nicht?
Es ist leider gängige Masche dieser „Dagegen „- Initiativen, mit ebenso überraschend en wie meist mindestens spekulativen bis falschen Zahlenwerken, Verunsicherung zu stiften.Tatsächlich sind die Annahmen zum Inflationsaufschlag mehr oder weniger „frei gewählt“. Auch die Nicht-Verzinsung der Ticket-Einnahmen entspricht nicht dem geplanten Vorgehen des Fördervereins. Hier ist beabsichtigt, schon im Vorfeld durch entsprechende Vermarktungsaktionen Einnahmen zu generieren. Und überhaupt werden einmal mehr die Existenz und die vorgesehenen Finanzierungsbeiträge des Fördervereins verschwiegen. Und dann zum Schluss die übliche Nebelkerze: Ohne BUGA in eine nachhaltige Zukunft, konkrete Maßnahmen-Vorschläge: Fehlanzeige.
Also: Nicht drauf reinfallen und mit NEIN stimmen.