30.06.2010Georg Sander
Neue Breitseite der IHK gegen die Stadtspitze
Um das Verhältnis zwischen der Industrie- und Handelskammer (IHK) Wuppertal-Solingen-Remscheid und der Rathausspitze scheint es zur Zeit nicht zum Besten zu stehen. Vor zwei Wochen kritisierte IHK-Präsident Friedhelm Sträter ungewohnt offen die mangelnde Unterstützung der Stadtverwaltung und insbesondere des Oberbürgermeisters für die Bergische Entwicklungsagentur: „Nach wie vor kommt Wuppertal seinen Verpflichtungen zur Stellung von Personal für die Agentur nicht vollständig nach und auch das Wuppertaler Engagement für neue Kooperationsprojekte im Bergischen Städtedreieck lässt bisweilen sehr zu wünschen übrig“. Das Rathaus reagierte pikiert auf den Rüffel.
Jetzt attestieren IHK-Vizepräsident Hans-Alfred Kaut und Hauptgeschäftsführer Michael Wenge der Stadt in deutlichen Worten mangelnden Sparwillen und kritisieren die geplante Gewerbesteuererhöhung. Im Zentrum der Kritik der IHK steht erneut der frühere Unternehmer und heutige Oberbürgermeister Peter Jung.
Bei seinem Amtsantritt 2004 habe der Rathaus-Chef die Konsolidierung des städtischen Haushalts zu einem seiner fünf Kernziele gezählt. Die IHK sei enttäuscht darüber, dass die Stadt Wuppertal diesem Ziel seitdem keinen Schritt näher gekommen sei. Ganz im Gegenteil hätten sich die Fehlbeträge in diesen sechs Jahren verdoppelt. Das schreiben Kaut und Wenge in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des städtischen Haushaltsplans für die Jahre 2010 und 2011.
Weiter heißt es in dem Papier:
Da die Stadt auch für dieses und nächstes Jahr mit jährlichen Verlusten von 253 beziehungsweise 232 Millionen Euro rechne, werde die Verschuldung des Kernhaushalts Ende 2011 bei 2,3 Milliarden Euro liegen und das Eigenkapital aufgebraucht sein. Das von der IHK grundsätzlich begrüßte Haushaltssicherungskonzept (HSK) reiche nicht aus, um die Überschuldung zu verhindern. Zudem gebe es für große Teile keine politische Mehrheit. „Die Wuppertaler Wirtschaft kritisiert die geplanten Steuererhöhungen. Diese Maßnahmen wirken kontraproduktiv, weil sie die Standortbedingungen verschlechtern. Dies gilt insbesondere für die Gewerbesteuer, wo Wuppertal im Wettbewerb mit Umlandkommunen steht, die teilweise deutlich niedrigere Sätze erheben“, so die IHK wörtlich.
Die Wuppertaler Unternehmerinnen und Unternehmer seien als Bürger der Stadt bereits direkt von vielen Kürzungen des HSK betroffen. Die Wuppertaler Wirtschaft habe zudem über ihre Gewerbesteuerzahlungen erheblich dazu beigetragen, dass sich die Einnahmen der Stadt in den vergangenen Jahren vor Ausbruch der Finanzmarktkrise außergewöhnlich gut entwickeln konnten. Die Finanzmarktkrise habe auch die Unternehmen erheblich getroffen, wie der Rückgang des Gewerbesteueraufkommens beweise. Sie seien zudem durch die mehrfachen Hebesatzanhebungen der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer in den 80er und 90er Jahren sowie die Ausweitung der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage auf Substanzelemente über Gebühr belastet worden.
Statt die Einnahmen zu maximieren, müssten die Ausgaben noch stärker gesenkt werden. Die Stadt müsse definieren, welche Pflichtaufgaben entbehrlich sind und welche Standards abgesenkt werden könnten. Weiterhin müssten die technische Infrastruktur und die Größe der Verwaltung endlich auf die für 2020 prognostizierte Einwohnerzahl von 320.000 ausgerichtet werden. Auch die Kooperationen mit den Nachbarstädten müssten drastisch ausgeweitet werden.
Kaut und Wenge abschließend: „Wenn sich die Wuppertaler Politik nicht in der Lage sieht, die notwendigen Beschlüsse zu fällen, und ihr zögerliches Handeln weiter mit der behaupteten ‚Vergeblichkeitsfalle’ begründet, bleibt ihr nur der Ruf nach einem Staatskommissar. Dieser wäre bevollmächtigt, Entscheidungen und Maßnahmen durchzusetzen, ohne den gewählten Rat einbeziehen zu müssen.
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Foto: IHK
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Mein Sparvorschlag wäre es, die IHK mit sofortiger Wirkung komplett abzuschaffen. Die frei werdenen Beträge, die die Unternehmen durch ihre Zwangsmitgliedschaft in der IHK dann einsparen, könnten dann in eine höhere Gewerbesteuer fliessen.