03.11.2021Antonia Dinnebier
Aus der Geschichte lernen für die BUGA
Wuppertal hat die Chance, 2031 eine Bundesgartenschau auszurichten. Die Entscheidung des Stadtrates rückt näher und die Debatte wird heißer. In Zeitungsartikel, Leserbriefen und Posts in sozialen Medien treffen die Meinungsfacetten aufeinander. Die einen fühlen sich als die besseren BUGA-Planer, die anderen haben Angst. Einige Mitwuppertaler*innen sind enttäuscht, weil sie ihren Lieblingspark nicht gewürdigt sehen, andere befürchten dagegen Veränderungen ihres Lieblingsparks. Wuppertal steckt also mitten in einer Auseinandersetzung, die jede Menge demokratische Lebendigkeit zeigt. Die Liebe zu Wuppertal, die Lust am Parteiergreifen, ja am Streit treiben freilich auch so einige Stilblüten. Besserwissen, Sarkasmus, ja Unterstellungen prägen manche Stellungnahme zu einem Projekt, das die Stadtgesellschaft stark bewegt.
Zeigt die Schärfe der Auseinandersetzung, dass die BUGA in Wuppertal keine Chance hat? Gucken wir doch mal zurück. War früher war alles besser? Von wegen. Als Wuppertal, damals noch Elberfeld und Barmen, einen Zoologischen Garten bekommen sollten, steht die Stadtgesellschaft Kopf. 1879 hatte sich eine Aktiengesellschaft gegründet, die das nötige Geld in Kürze sammelte. Aktienbesitzern winkte kein Gewinn, aber freier Eintritt. In der Bürgerschaft bricht ein Streit aus, welches Gelände vorzuziehen sei. Die Zoodirektoren van Bemmelen, Rotterdam, und Bodinus, Berlin, begutachten 13 Grundstücke, darunter Bendahl, Hatzenbeck, Kuckelsberg, Eschenbeek, am Funkloch. Die Gutachten ziehen Hardt, Mirke und Kothen in die engere Wahl. Der Aufsichtsrat der Aktiengesellschaft beauftragt nun weitere Gutachten bei den Gartenkünstlern Siesmayer aus Bockenheim bei Frankfurt, und Jürgens aus Ottensen bei Hamburg und veröffentlicht sie. Die beiden sind sich einig, dass der Kothen am besten geeignet ist. Allerdings liegt er weit im Westen, selbst für Elberfelder, zum Teil sogar auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Sonnborn. Die gegnerischen Gruppen führen Versammlungen durch, schreiben Pamphlete und bringen ihre Argument per Zeitungsanzeige unters Volk. Es wird mit harten Bandagen gefochten, die auch vor Ausfällen nicht Halt machte. „Dem Herrn Einsender des prachtvollen Gedichtes über die Mirke diene zur Nachricht, daß derartige faule Ausfälle finden keinen Anklang.“ So kontert ein Inserent den im Täglichen Anzeiger erschienen Beitrag: „Dummheit fängt schon an zu schrei’n, Dem Dummen scheint nicht wohl zu sein, Dummheit hat ein großes Maul, Dummheit das ist mehr wie faul! Dummheit, merke!!!“ Der Vorsitzende des Vereins mahnt: „Wer persönliche Interessen bei der Wahl des Terrains allein zu Rathe zieht, gefährdet das Ganze.“
Das Gründungskomitee entschied sich schließlich für den Kothen. Der Zoo eröffnete 1881 mit einer Hand voll Tieren, die Bürger gestiftet hatten. Es sollte ein Garten für die bessere Gesellschaft sein, die dort schon wegen des hohen Eintrittspreises unter sich zu bleiben gedachte. Doch es kam anders. In die hervorragend gestaltete Parkanlage strömten die Bürger in großer Zahl. Bald verkürzte die „Päds-Bahn“, dann die Eisenbahn und schließlich die Schwebebahn die Anreise aus der Stadt. Auch sanken die Eintrittspreise, der Zoo war zur Massenveranstaltung geworden. Seit der Nationalsozialismus die private Aktiengesellschaft zu Grabe trug, ist der Zoo eine städtische Einrichtung, insofern nunmehr im Besitz der Bürger.
Der Zoo entpuppte sich als wichtiger Impuls für die Stadtentwicklung. Er war der Startschuss für das Wohnviertel, das heute nach ihm benannt ist. Ein privater Investor, das Architekturbüro Hermanns und Riemann trieb den Städtebau auf eigene Kosten voran, fertigte einen Plan mit Straßen, Plätzen und Bauparzellen und bot Villenbauten an. Am Ende entstand ein Wohnviertel, dem bis heute hohe Lebensqualität bescheinigt wird. Doch Entwicklung braucht Zeit, das Architekten-Duo jedenfalls war pleite, als die Erbauung des Zooviertels Fahrt aufnahm.
Kaum jemand will den Zoo heute missen, auch wenn er als elitäres Projekt startete, gefolgt von gehobenem Wohnungsbau. Von der Parkanlage mit wenigen Tieren hat sich der Schwerpunkt des Zoos auf die Zoologie verschoben. Er gilt als einer der landschaftlich schönsten Tierparks in Deutschland und ist eine große Attraktion für Touristen. Die wenigen Gegner beharren auf der tiergerechten Verbesserung der Haltungsbedingungen, ja sähen die Tiere lieber in freier Wildbahn. Kein Barmer stellt dagegen den Standort in Frage, kein Ronsdorfer käme auf die Idee, die Verlegung in seinen Stadtteil zu verlangen. Der Zoo in Wuppertal ist der Wuppertaler Zoo, der Zoo für alle Wuppertaler und von allen Wuppertalern. Auch heute noch ist die Fläche von einem Zaun umgeben, der Besuch kostet Eintrittsgeld, doch den meisten Bürgern halt das Erlebnis den nicht eben billigen Ticketpreis für wert.
Ach ja, was wurde übrigens aus den anderen Grundstücken? Auf dem Scheidt erwarb die Ev.-ref. Gemeinde Elberfeld um 1895 ein Grundstück, um den Friedhof Varresbeck anzulegen. Die Hardt erhielt auf Initiative des eigens gegründeten Hardt-Vereins eine Erweiterung, die „alte neue Hardt“, geplant von eben jenem Gartenkünstler Siesmayer, der den Zoo geformt hatte. Im Bendahl entstanden Freibäder, Sportflächen und Kleingärten. Rund um die Eschenbeek eröffnen die Ev.-luth. Gemeinde 1881 den Friedhof „Am Bredtchen“ und der Elberfelder Verschönerungsverein 1896 den „Kaiser-Wilhelm-Hain“. Das Terrain Mirke hatten die Gutachter gerühmt, für einen Garten zu taugen, „wie er nicht romantischer in Deutschland gefunden wird“. Der Elberfelder Verschönerungsverein begründet noch 1879 hier den „Mirker Hain“ und an der Hatzenbeck 1883 die Parkanlage „Friedrichsberg“. Die Vorzüge vieler Gelände, auf denen sich der Zoo nicht niederließ, mochten durch den lebhaften Diskussionsprozess ins öffentliche Bewusstsein gerückt geworden sein. Andere Projekte wurden auf sie aufmerksam, wussten sie zu würdigen und zu nutzen.
Nehmen wir daraus etwas für die Auseinandersetzung um die BUGA 2031 mit! Malen wir uns die Zukunft unserer Stadt aus, streiten wir, ringen wir. Aber lasst uns daran arbeiten, die BUGA 2031 zu verwirklichen, statt sie zu zerstören und zu verpassen. Und pflegen wir die Ideen, die am Ende in der BUGA nicht verwirklicht werden.
Antonia Dinnebier
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Aus diesem Beitrag wird ersichtlich, dass privates Kapital notwendig war, um den Zoo und das Zooviertel zu errichten. Die Stadt Wuppertal hat derzeit das Kapital für die BUGA nicht, das geht aus der Stellungnahme des Kämmerers eindeutig hervor. Deshalb dürfen die Stadtverordneten solange nicht für eine BUGA stimmen, bis die private Finanzierung steht. Wie die Stadt „grüner“ werden kann, dazu gibt es viele gute Ideen, auch unabhängig von einer BUGA. Man sollte die Themen getrennt bearbeiten. Ein Beitrag dazu: https://www.neue-wuppertaler-zeitung.de/Stadtentwicklung.html
Sehr geehrte Frau Dr. Leithäuser,
m Namen des Kämmerers darf ich mich für Ihre Unterstützung seiner Sicht bedanken.