05.06.2024andref
Carsharing-Stationen Cambio in Unterbarmen und Rott
Das schon seit einigen Jahren in Wuppertal aktive Unternehmen Casharing-Cambio hat bei der Verwaltung je zwei Stellplätze am Rott (Ulmenstraße/Rotter Platz) und in Unterbarmen in der Martin-Luther-Straße beantragt.
Jetzt hat der Rotter Bürgerverein in einem Bürgerantrag an die Barmer Bezirksvertreter die Ablehnung dieser Stellplätze gefordert. In der Diskussion in der letzten Bezirksvertretungssitzung am 28. Mai sprachen sich vor allem die Fraktionen von SPD, CDU und Linke für die Annahme des Bürgervereinsantrages und damit gegen die Einrichtung von Carsharingplätzen in der Nähe des Rotter Platzes aus. Eine endgültige Abstimmung findet in der nächsten BV-Sitzung Ende August statt.
Die Fraktion der Grünen in der BV Barmen ist fassungslos, wie schnell eine notwendige und sinvolle Ergänzung zu ÖPNV und Individualverkehr und für Menschen, die kein eigenes Auto haben oder wollen, schon in den Anfängen zurückgewiesen wird. Denn auch auf dem Rott gibt es schon rund 50 Cambio-Kunden die heute weite Wege zu einem Autostellplatz in Kauf nehmen müssen.
Leider fehlt den Argumenten des Bürgervereins Rott eine rationale Grundlage: Alle dort genannten Annahmen sind aus unserer Sicht falsch und unzutreffend:
Carsharing-Plätze erhöhen den Parkdruck der Bürger:innen im Quartier
- Falsch: Das Gegenteil ist der Fall: ein Carsharing Parkplatz ersetzt ca 4-10 normale Parkplätze. Andere Studien nennen 7-14 Fahrzeuge. Vor allem in Wuppertal zeigen die Erfahrungen der knapp 30 Carsharing-Standorte mit rund 60 Fahrzeugen bereits eine überdurchschnittliche hohe Reduzierung von privaten PKW durch Carsharing. Sie tragen ganz im Gegenteil zur Reduzierung des Parkdrucks bei.
Carsharing reduziert den Parkdruck für ALLE Quartiersbewohner.
Quelle Umweltbundesamt
E-Mobil-Parkplätze nehmen ebenfalls normale Parkplätze weg.
- Falsch: E-Mobilparkplätze sind zeitlich beschränkt. Ab einer bestimmten Ladezeit werden automatisch Parkgebühren eingezogen. Dauerparker kommen nicht zum Zug. Aber sie ermöglichen es Eigentümer von E-Fahrzeugen ohne eigene Garage oder Carport in eng bebauten Quartieren ihre umweltfreundlichen Autos zu laden.
– Parkplätze für Car-Sharing und E.Mobilität reduzieren die Kundschaft für den lokalen Handel (Bäcker usw.)
– Falsch: im besten Fall erhöhen sie die Kundschaft, weil ein Parkplatz von mehreren Fahrzeugen bzw. Nutzern geteilt wird und nicht nur von einem Fahrzeug, das im Schnitt 23 Stunden (Quelle Umweltbundesamt) mit einem „Stehplatz“ belegt wird. Carsharing-Nutzer kaufen übrigens häufiger lokal ein im Gegensatz zu Nutzer von Privat PKW (siehe Bremer Studie).
Auch wurden die Lage der beiden geplanten Carsharingplätze bewusst in die Ulmenstraße und nicht direkt am Rotter Platz geplant um die dortigen Kurzzeitparkplätze für die Kunden der Bäckereien und der Apotheke zu erhalten.
Es gibt keine Studien, die den Vorteil von Carsharing belegen
- Falsch: Neben Studien vom Umweltbundesamt liegt eine sehr ausführliche wissenschaftliche Studie zu Carsharing in der Stadt Bremen vor, die sich auch auf den Anbieter Cambio bezieht, sowie dutzende weiterere seriöse Studien, die alle zeigen, dass durch Carsharingplätze Menschen vielfach den Zweit- oder gar Drittwagen abschaffen und auf Mietwagen umsteigen, wenn sie wohnungsnah bereitstehen. Alles komplett abrufbar im Netz!
Die Firma Cambio soll bitte schön in der nahen Schützenstraße bleiben, um Ihre Kunden zu bedienen.
- Was soll das? Fußläufig sind das etwa 1 km.Wenn das der zumutbare Weg zu einem freien Parkplatz ist, dürfte es keinen Parkdruck am Rott geben, weil die Bürger:innen ja problemlos auf dem Carnaper Platz parken können. Abgesehen von der Unverschämtheit wohnortnah nach Interessenlage zu definieren, sollte es das Bestreben aller Parteien sein, Carsharing zur Erreichung der Verkehswende, zur Veringerung des Parkdrucks und zur Reduzierung des individualverkehrs zu fördern. Auch im Interesse der Autobesitzer!
Car-Sharing Nutzer haben eine KM-Leistung, die ca 50% unter denen normaler PKW-Besitzer liegt, und sie nutzen häufiger den ÖPNV oder das Fahrrad. Attraktiv wird aber Carshring erst, wenn eine Mobilstation in jedem Wohnquartier existiert. Davon ist allerdings Wuppertal noch weit entfernt.
Übrigens bezahlt Cambio für seine Parkplätze. Das ist bei den Anwohnern nicht der Fall.
In den letzten Monaten hat die Mehrheit der Parteien in der BV außer den Grünen eine radikale Autofahrerhaltung übernommen, die mit dem Argument Parkdruck Radwegeprojekte blockiert (Hünefeldstraße), Fahrradstraßen ablehnt (Hardtufer), gegen die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung argumentiert und auch Tempo-30 KM Regelungen eher ablehnt.
Unabhängig davon, dass diese Entscheidungen konträr zu den eigenen Wahlversprechen – zumindest bei der SPD und den Linken – formuliert werden, haben wir den Eindruck, dass diese populistische Rollback-Haltung nur kurzfristig Wählerstimmen bringen soll. Aber die Wuppertaler:innen sind nicht nur Autofahrer, sondern sie sind Menschen, die auch zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem ÖPNV unterwegs sind. Oder einfach in ihrem Wohnviertel ohne Furcht vor Rasern und ohne Lärm und Feinstaub leben möchten. Sie werden in dem tränenreichen Lamento über zu wenige und zu kleine Parkplätze – die allesamt kostenlos sein sollen –nicht berücksichtigt.
Axel Frevert
Fraktionssprecher der Grünen in der BV Barmen
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