Gipfel der Christenheit

Es gilt als kirchenhistorisches Ereignis: Der Weltkirchenrat tagt ab morgen (31.8.) in Deutschland. Mit dabei sind auch Delegierte und Gäste aus Wuppertal.

Auf dem Weg zur Vollversammlung: Teilnehmende aus aller Welt in Karlsruhe

Es gilt als kirchenhistorisches Ereignis: Die Vollversammlung des Weltkirchenrates tagt ab morgen in Deutschland. Auch Christ:innen aus Wuppertal sind dabei.

Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie und Klimawandel: Selten stehen weltliche Themen auf einer Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) so im Vordergrund. Das höchste Gremium des Weltkirchenrates, wie der ÖRK auch genannt wird, tagt zum ersten Mal in seiner über 70-jährigen Geschichte in Deutschland. Zu dem internationalen Treffen in Karlsruhe werden rund 4.500 Gäste erwartet.

Die Vollversammlung steht unter dem Motto „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“. Neun Tage lang – vom 31. August bis 8. September – wollen die Kirchen zeigen, was sie für eine friedvollere Weltgesellschaft tun können. Die katholische Kirche ist kein ÖRK-Mitglied, arbeitet aber mit dem Weltkirchenrat zusammen und sendet Beobachter nach Karlsruhe.

Hohe Erwartungen auch aus Wuppertal

Die Erwartung an die Vollversammlung, an der auch Delegierte aus Wuppertal teilnehmen, ist hoch. Jochen Motte, Vorstand der Vereinten Evangelischen Mission, erhofft sich eine Stärkung des kirchlichen Engagements für Menschenrechte. Käthe Schmidt, Jugenddelegierte der Evangelischen Kirche im Rheinland, die ab September am Wuppertaler Johanneum unterrichtet, liegt das Thema Gendergerechtigkeit und Frieden am Herzen.

Für die rheinische Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, langjährige Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene, ist es die letzte ÖRK-Vollversammlung. Sie geht im September in den Ruhestand. Sie erwartet klare Äußerungen zu den Themen Klimagerechtigkeit und indigene Völker. Denn für den globalen Süden ist das Thema Klima nicht ohne Gerechtigkeitsfragen zu lösen.

Delegierte aus dem globalen Süden machen Druck: Indigene Völker leiden am meisten unter dem Klimawandel

Barbara Rudolph hofft, dass es auf der Vollversammlung wirklich um Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung geht. „Meine Sorge ist, dass die starke Kraft, sich für diese Welt und diese Themen einzusetzen, durch die kircheninternen Auseinandersetzungen um Wahrheit und richtige Erkenntnis verschluckt wird“, sagt sie im epd-Gespäch.

Streit um Teilnahme der russische-orthodoxen Delegation

Zu diesen Auseinandersetzungen gehört etwa der Streit um die Teilnahme einer Delegation der russisch-orthodoxen Kirche. Wegen des Moskauer Patriarchen Kyrill I., der als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt und Russlands Vorgehen in der Ukraine unterstützt, war wiederholt der Ausschluss seiner Kirche aus dem Weltkirchenrat gefordert worden. Die russisch-orthodoxe Kirche mit mehr als 160 Millionen Mitgliedern ist seit 1961 Mitglied im ÖRK.

„Selbst wenn die Verständigung zurzeit schwierig ist, müssen wir die Wege der Kommunikation unbedingt offenhalten“, meint die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus im epd-Gespräch. Vor allem die „Stimme der Ukraine“ soll in Karlsruhe präsent sein, wünscht sich der amtierende ÖRK-Generalsekretär, der Rumäne Ion Sauca, mit Blick auf die Teilnahme einer ukrainischen Kirchendelegation.

Sorge um Nahost-Konflikt

Ein weiteres mögliches Streitthema ist der Nahost-Konflikt. Der Weltkirchenrat steht seit Jahren in der Kritik, im Nahost-Konflikt einseitig Partei für die Palästinenser zu ergreifen. Ein Antrag an die Vollversammlung, Israel als „Apartheitsstaat“ zu verurteilen, bereitet vor allem den deutschen Kirchen Sorgen.

Viele Stimmen, aber einig im Grundsatz: Das erhoffen sich Christ:innen von der ÖRK-Vollversammlung

Sie sei aber zuversichtlich, dass der ÖRK bei seiner Grundhaltung bleiben werde, jede Form von Antisemitismus grundsätzlich zurückzuweisen, meint Annette Kurschus. „Zugleich können wir nicht ausblenden, dass es massive Völkerrechtsverletzungen auf israelischer Seite gegenüber Palästina gibt.“ Der ÖRK habe eine doppelte Verbundenheit mit Israel und Palästina. „Diese Grundlinie steht aus meiner Sicht nicht in Frage.“

Trotz aller strittigen Themen, zu denen auch ethischen Fragen gehören, etwa Umgang mit Homosexualität oder die Ordination von Frauen, hofft die EKD-Vorsitzende, „dass von Karlsruhe eine Art Weckruf ausgehen wird“. Wenn es um Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung gehe, werde die Stimme der Kirchen in der Welt dringend gebraucht. „Die Herausforderungen, die sich damit verbinden, können wir nur gemeinsam angehen. Sie betreffen den Kern unseres Glaubens.“

Text: Epd, ekir, VEM/Redaktion: Sabine Damaschke
Fotos: ÖRK

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