Hauptaugenmerk Natürlichkeit
Eine Antwort auf die Frage, was Zoologische Gärten haben müssen, um zukunftsfähig zu bleiben, gibt Anthony Sheridan mit seinem Buch „Das A und O im Zoo“. Was sich in der deutschen Übersetzung etwas lapidar anhört, ist jedoch nicht nur ein Blick auf die Zoolandschaft der letzten zwei Jahre, sondern wagt einen Blick in die Zukunft. So lautet der Untertitel seines fast 400-Seiters „Europas führende Zoologische Gärten 2010-2020“.
Gesammelt hat Sheridan seine Daten zwischen 2008 und 2010 in 80 Zoologischen Gärten in 21 europäischen Ländern. Dabei hat er nach eigenen Angaben versucht, deren Stärken, Schwächen und Möglichkeiten zu analysieren. Doch auch das ist nur ein Ausschnitt, denn laut Buchautor gibt es in Europa rund 3.000 Zoos und Aquarien.
Ausgewählt hat er die 80 zunächst danach, ob sie Mitglied in der Europäischen Vereinigung der Zoos und Aquarien sind (European Association of Zoos and Aquariums, EAZA). Diese 1988 gegründete Vereinigung sieht ihre Aufgabe in der Förderung der Kooperation im Natur- und Artenschutz, zum Beispiel in Wildtierschutzprogrammen, aber auch darin, autarke Zoos zu unterstützen, indem eigener Nachwuchs gefördert wird, statt Tiere aus ihrem natürlichen Umfeld zu reißen.
Daneben hat Sheridan die Zoos ausgesucht, die die höchsten Besucherzahlen und die umfangreichsten und wichtigsten Tierbestände bei Säugetieren, Vögeln und Reptilien haben, die auch bei den Besuchern die höchste Priorität hätten. Die Zoos wurden in eine Gruppe A (mit mehr als einer Millionen Besuchern im Jahr und mehr als 100 Beschäftigten) und eine Gruppe B (mit mehr als 500.000 Besuchern sowie über 50 Beschäftigten) unterteilt. Zu letzterer gehört auch der Wuppertaler Zoo.
Auffallend dabei ist, dass es in Europa eine Art Nord-Süd-Gefälle gibt, denn nur sechs der ausgewählten Zoos liegen in Italien, Portugal und Spanien, alle anderen gehören zu Nordeuropa. Alle 80 Zoos vereinen laut Sheridan die Hälfte aller Zoo-Besucher in Europa auf sich. Dabei kommen 60 Prozent dieser Besucher aus Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden – was sich letztendlich dann auch in den Zoo-Niederlassungen widerspiegelt.
Die hohe Dichte in Deutschland begründet Sheridan mit der ehemaligen Kleinstaaterei, bei der möglichst jeder einen eigenen Zoo haben wollte – was bis in die ehemaligen Ostgebiete wie Königsberg und Breslau bis heute zu erkennen sei. Einige der ältesten Zoos liegen in Großbritannien, so zum Beispiel die in London, Dublin und Bristol. Dort stand schon immer eher der Natur- und Artenschutz sowie die Forschung im Mittelpunkt.
Doch was macht nun einen guten Zoo aus? Da ist vor allem die Landschaft, die einen möglichst natürlichen Lebensraum für die Tiere mit Wasser, geschützten Rückzugsräumen, Schatten- und Sonnenplätzen bieten sollte. Dabei komme es weniger auf die Größe als vielmehr auf die Gestaltung an: Am besten sei immer das, was am natürlichsten wirke, so Sheridan. Ein guter Zoo muss jedoch auch anschaulich die Themen Umwelt-, Arten- und Naturschutz als seine wesentliche Aspekte darstellen.
Und damit ist schon viel gesagt, was in Wuppertal auf einem guten Weg, aber lange noch nicht perfekt ist – an dem mit dem Konzept „Grüner Zoo 2020“ aber gearbeitet wird.
Die Ranglisten in Sheridans Buch folgen der Bewertung nach 26 Faktoren, die in die drei Bereiche Besucherfaktoren (Tierbestand, Häuser, Anlagen und Beschilderungen), Bildung sowie Natur und Artenschutz (gibt es zum Beispiel eine Zooschule?) und als dritten die Wirtschaftlichkeit und Organisation (wie sehen die Besucherzahlen aus und wohin geht der Trend?) in Augenschein nehmen. Neben den Besuchen im Zoo waren dabei Interviews mit Zoodirektoren sowie öffentliche Informationen ausschlaggebend. Bewertet wurde jedoch nur, was unmittelbar mit den Tieren zusammenhängt – und damit keine Bereiche wie zum Beispiel eine Gastronomie.
Bei dem Blick in die Zukunft sind für Sheridan auch die Pläne der Zoos selbst wichtig gewesen. Als positiv hebt er hervor, dass sich Köln zum „Geozoo“ mit den Schwerpunkten Afrika, Asien und Südamerika entwickeln möchte. Geplant sei zum Beispiel eine Afrikasavanne, die dann verschiedene Tiere gemeinsam nutzen können. Bemerkenswert sei auch der Plan des Allwetterzoos in Münster, eine Tropenhalle zu bauen.
Wuppertal kommt bei dem Blick in die Zukunft als positives Beispiel nicht vor, denn Druckschluss war im März 2011. Doch dies werde sich bei der nächsten Auflage sicherlich ändern, bemerkt Sheridan bei der Vorstellung des Konzeptes „Grüner Zoo 2020“ durch den neuen Zoodirektor Arne Lawrenz.
NRW-Zoos
Wuppertal steht – nicht nur im Buch von Sheridan – in Konkurrenz zu zahlreichen Tiergärten. Ins Buch geschafft haben es aus Nordrhein-Westfalen der in Köln – mit 1,7 Millionen Besuchern der größte Zoo in NRW, zudem der älteste, weil bereits 1860 gegründet. Hinzu kommen die in Duisburg, Gelsenkirchen und Münster (mit jeweils rund einer Million Besuchern und damit zur Gruppe A gehörend, 1934, 2005 und 1875 gegründet), Wuppertal (630.000 Besucher, 1881 gegründet), Dortmund (520.000 Besucher, 1953 gegründet) und Krefeld (380.000 Besucher, 1938 gegründet).
In der Gesamtbewertung belegen die NRW-Zoos in der Gruppe A die Plätze fünf (Köln), 18 (Münster), 22 (Duisburg) und 27 (Gelsenkirchen). Wuppertal liegt mit dem siebten Platz in der Gruppe B auf dem besten NRW-Platz, gefolgt von Dortmund (24) und Krefeld (36). Auf dem vierten Platz liegt Wuppertal im Bereich der Besucherfaktoren, auf Platz 18, wenn es um den Bereich Bildung geht und auf Platz zwölf, wenn die Wirtschaftlichkeit betrachtet wird.
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