Stadt soll das Artenschutzrecht nicht weiter missachten

Der bundesweit anerkannte Fledermausforscher Prof. Reinald Skiba korrigiert Behauptungen der Stadt Wuppertal zu den Fledermäusen an der Nordbahntrasse.

Ein Leserbrief an die Westdeutsche Zeitung sorgte in der vergangenen Woche für Aufregung. Nach Beobachtungen erfahrener Fledermausforscher waren bei Spritzbetonarbeiten vor wenigen Wochen im sog. „Tanztunnel“, dem Tunnel Dorrenberg an der Nordbahntrasse, Zwergfledermäuse einbetoniert worden.

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Auf Nachfrage der WZ Redaktion Wuppertal erklärte die Stadt, dass es bedauerlicherweise zu Arbeiten gekommen sei, die aus Artenschutzgründen im Vorfeld bereits ausgeschlossen worden waren. Man habe die ausführenden Firmen zur Nachbesserung aufgefordert.

In dieser Woche erklärte die Stadt Wuppertal, künftig eine verbesserte ökologische Bauaufsicht einzusetzen, und teilte mit, dass ein Entkommen von Fledermäusen aus dem aufgebrachten Beton wegen des schnellen Aushärtens nicht möglich sei, nach Mitteilung des von der Stadt beauftragten Gutachterbüros und der Bauarbeiter keine Fledermäuse im Tunnel zu finden waren, bevor mit den Maßnahmen begonnen wurde, und dass das laute Betonierungsverfahren die Tiere sicher vertrieben hätte.

Dazu erklärt Prof. Reinald Skiba in einer Richtigstellung gegenüber der Presse:

1. Im Spritzbeton der Nische befand sich ein Schlitz, aus dem noch eine Fledermaus mühselig entwichen war. Der Spritzbeton war zwar fest, aber auf der Oberfläche durch ständig tropfendes Wasser nass. Das Entkommen der Fledermaus gelang nur dadurch, weil im oberen Teil der ausbetonierten Nische noch sehr kleine Spalten frei waren. Die Aussage der Stadt, dass sich eine Fledermaus aus dem noch feuchten Spritzbeton nicht hätte befreien können, ist falsch. Außerdem wurde der Abflug der Fledermaus mit Ultraschall im Kassettenrekorder aufgenommen.

2. Dass im Tunnel Dorrenberg Fledermäuse nicht vorhanden gewesen seien, ist ebenfalls falsch, sie waren dort wie in allen Tunneln anwesend. Die im Sommer tagsüber hier schlafenden Zwergfledermäuse können in der Regel nicht festgestellt werden, da sie sich tief in kleinste Spalten verkriechen. Das genaue Verhalten der Fledermäuse kann nur mit einem guten Ultraschalldetektor abends und nachts durch Spezialisten beobachtet werden. Auf diese Weise habe ich die Fledermausvorkommen seit mehreren Jahren an allen 7 Tunneln der Nordbahntrasse untersucht. Auf Wunsch der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt Wuppertal wurden alle Ergebnisse der Stadt Wuppertal kostenlos mitgeteilt, besonders auch die über den Tunnel Dorrenberg.

3. Die Angabe der Stadt, dass Fledermäuse bei dem sehr lauten Trockenspritzverfahren für den Beton nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, ist falsch. Bei Spritzarbeiten (leise oder laut) am Tage flüchten Fledermäuse in der Regel nicht, sondern kriechen soweit wie möglich weiter in ihre Verstecke. Nach dem Torkretieren – besonders durch den von der Stadt verwendeten schnell erhärtenden Beton – müssen die Fledermäuse daher dort verenden. Es ist daher entgegen der Meinung der Stadt zu vermuten, dass ein Teil der Fledermäuse im Tunnel Dorrenberg getötet wurde und weiter viele Fledermäuse beim Torkretieren der übrigen Tunnel verenden werden.

Vielen Bürgern und auch mir liegt es daran, die Natur in ihrer Vielfalt zu erhalten, zu schützen und damit auch die Fledermäuse sinnvoll zu berücksichtigen, was nach meiner Auffassung im Fall der Trasse auch gut möglich wäre. Deshalb wurde bereits seit mehreren Jahren die Stadt darauf hingewiesen, beim Torkretieren in den Tunneln nur nachts zu arbeiten, damit sich die abends abfliegenden Fledermäuse bei ihrer Rückkehr wegen der Störungen andere Verstecke aussuchen. Da Nachtarbeit bekanntlich teurer ist, wurde mündlich und schriftlich vorgeschlagen, am Tage vor Beginn des Torkretierens dort nachts starkes Licht anzuwenden, so dass sich die Fledermäuse nach der Rückkehr vom Fang andere Quartiere suchen. Dazu ist allerdings die Genehmigung der Höheren Landschaftsbehörde in Düsseldorf notwendig. Die Stadt ist dem bisher nicht nachgefolgt.

4. Die 7 Tunnel werde ich aus Gründen der Sicherheitstechnik (z. B. Eis im Winter) und des Naturschutzes auch weiterhin betreten, sofern Bürger mit Rad und zu Fuß (mit Hunden und Kindern) entlang der Tunnel gehen und fahren. Dies wurde dem Herrn Oberbürgermeister mitgeteilt. Abgeschlossene Tunnel habe ich entgegen der Aussage des Ressorts Umweltschutz der Stadt Wuppertal nicht betreten. Die Fledermäuse (z. B. im Tunnel Rott) wurden mit meinem sehr guten Ultraschalldetektor problemlos von anderer Stelle aus erfasst.

5. Die Benutzung der LED Lampen im Tunnel Dorrenberg (laut Stadt Ausleuchtung bis in vier Meter Höhe, darüber sollen Fledermäuse fliegen, wie mehrfach von der WZ mitgeteilt wurde), halte ich zurzeit für nicht statthaft und damit für falsch. Nach § 63 Bundesnaturschutzgesetz müssen zunächst die Naturschutzverbände zur Mitwirkung gehört werden. Zu Rückmeldungen muss mindestens ein Monat Zeit nach Erhalt der Mitteilung eingeräumt werden. Bisher ist mir in dieser Angelegenheit außer durch die Zeitung nichts bekannt geworden.

Der Stadt Wuppertal, besonders dem Ressort Umweltschutz, wird dringend empfohlen, die schon mehrfach verletzten artenschutzrechtlichen Belange nicht noch weiter unnötigerweise zu missachten, da dieses Verhalten nicht nur viele Bürger der Stadt ärgert, sondern auch das Ansehen der Stadt Wuppertal weiter schädigt.“

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Kommentare

  1. Dorothea Schwabe sagt:

    Auch ich mag Fledermäuse – ich mag aber auch Menschen und besonders gute Ideen, die in einer Stadt zur Verbesserung des Lebens beitragen. Die Nordbahntrasse ist einer dieser Ideen.
    Immer wenn einer neuer Funke der Hoffnung aufglüht, das ich es in meinem Leben noch schaffen werde, mit dem Fahrrad durchgängig vom Ottenbruch bis nach Oberbarmen zu fahren, findet jemand eine tote Fledermaus oder ähnliches.
    Da ich im Briller Viertel ein erhöhtes Fledermausaufkommen seit Beginn der Bauarbeiten am Tanztunnel festgestellt habe, nehme ich mal laienhaft an, dass sich die possierlichen Tierchen einen anderen Lebensraum gesucht haben. Sie wohnen jetzt z. B. in den Gärten der Mozartstrasse, wo es viel Totholz und Unterschlupf gibt.
    Ich lade alle Naturschützer ein, hier zu beobachten und zu registrieren wie viele es geworden sind. Ich freue mich indes auf artenreiche Nutzung der Nordbahntrasse in vielerlei Hinsicht.

  2. HendrikS sagt:

    Und die Bürger dieser Stadt wären glücklich, endlich die Trasse benutzen zu können. Ihr Blockadepolitik ist unsäglich!

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