Wie kann man WIRKLICH was „für die Bienen tun“? Ein Plädoyer von Sandra Groß

Da mir Natur- und Artenschutz sehr wichtig sind, hier mein Plädoyer für das Pflanzen von einheimischen Wildpflanzen: Auf städtischen Flächen oder auf dem Balkon/im Garten. Warum? Weil die gespritzten, gefüllten, getorften, exotischen Gartencenter Pflanzen leider nicht den Wildbienen helfen, wie viele glauben. Wer also wirklich etwas tun möchte, der lese weiter:

Foto: C.Otte

Gerade in Zeiten des Insektensterbens (76% Rückgang seit 1989! 76 fucking Prozent!!) aufgrund von Pestiziden, Monokukturen und zugekiesten und -betonierten Flächen sollte jeder, der einen Garten, einen Balkon oder ähnliches hat, etwas dafür tun, die Natur zu unterstützen. Der Wille ist bei vielen glaube ich schon da – man muss dann aber auch einfach mal machen!

Was gibt es zu beachten, wenn man der heimischen Natur helfen will?

1.Wildblumen pflanzen!

Warum?

Die typischen Balkon Blumen, wie Geranien und Co sind für unsere einheimischen Insekten völlig nutzlos. Achtet mal im Gartencenter drauf: Da summt nicht wirklich viel. Da geht vielleicht noch die Honigbiene dran, weil die nicht wählerisch ist.

Unsere über 550 Wildbienenarten in Deutschland (die übrigens nicht stechen, weil sie keine Staaten bilden, sondern alleine leben und Brutröhren anlegen und oft auch gar keinen Stachel haben) sind aber oft auf eine spezielle Pflanze oder auf Pflanzenarten spezialisiert. Und logischerweise nicht auf welche, die aus Afrika (Geranien) oder Südamerika (Petunien) kommen. Und Wildbienen haben nur einen Flugradius von 75 – 400 Meter. Wenn die also da nichts finden, womit sie nisten, ihre Brut und sich selbst versorgen können, werden sie immer weniger.

2.Torffreie Bioerde und Biopflanzen

Bei den Pflanzen und Samen ist es so, dass man tatsächlich auf Bio-Qualität achten sollte.

Grund: Konventionell gezüchtete Pflanzen werden oft mit Blumenerde gezüchtet, die Torf enthält.

Für Torf werden Hochmoore zerstört, die zum einen einzigartige Biotope sind, zum anderen ein riesiger CO2 Speicher. Also bitte immer Blumenerde ohne Torf kaufen! Zudem werden konventionell gezüchtete Pflanzen idR auch mit allem möglichen gespritzt, was dann schädlich für die Insekten ist, denen wir ja eigentlich helfen wollen.

3.Ungefüllte Blüten

Und noch eine Faustregel:

Niemals gefüllte Blüten nehmen, immer einfache, damit man da als Insekt erstens dran kommt und damit es zweitens was zu holen gibt – in den gefüllten Blüten sind nämlich gar keine Pollen mehr. Pollen ist das Futter für die Brut, Nektar quasi das Flugbenzin.

4. Wildblumenwiese

anbieten und auch sonst Wildstauden Pflanzen – je unterschiedlicher, desto artenreicher wird es!

Wildblumen eignen sich hervorragend für sonnige Standorte, da sie wenige Nährstoffe benötigen (natürlich gibt es Ausnahmen). Sie bevorzugen oft sogenannte Magerflächen. Darum: Auf einem normalen Rasen wird eine Bienenmischung nix – da wächst das Gras zu dicht und würde alle Wildpflanzen verdrängen. Die Grasnarbe muss also vor dem Säen mit einem Spaten ca. 15 cm abgetragen werden – je magerer der Boden, desto besser wachsen die meisten Wildpflanzen. Dann oben aufstreuen und andrücken, z. B. mit einem Brett. Keine Erde drüber! Viele Wildpflanzen sind Lichtkeimer und gehen nur auf, wenn die Samen Licht bekommen.

Nur 2 x im Jahr mähen und das Schnittgut entfernen, da sonst der Boden wieder zu viele Nährstoffe bekommt, wenn es liegen bleibt. Und dann hat man mit der Zeit wieder nur Gräser und Klee, also eine Fettwiese. Aus dem Mähgut kann man dann gut Mulchwürste drehen, die man in die Gemüsebeete legen kann – denn Gemüse braucht ja Nährstoffe. In den guten Wiesen-Mischungen sind einjährige und mehrjährige Pflanzen. Viele Wildblumen bilden im ersten Jahr erst eine Blattrosette und blühen dann erst im 2.Jahr. Darum ist es natürlich schön, wenn man auch sowas wie Mohnblumen, Kornblumen, etc. drin hat, die direkt blühen. Eine Wildblumenwiese entwickelt sich immer weiter, das ist total spannend!

Es gibt auch Mischungen für nasse oder schattigere Standorte.

Samenmischungen:

Viele Samenmischung mit dem schönen Namen „Bienenweide“ enthalten gar keine einheimischen Wildpflanzen und sind leider nur Geldmacherei. Bitte Biosamen nehmen und nur Blühmischungen, wo ihr wisst, was drin ist. Bezugsquellen nenne ich gleich.

5. Nisthilfen anbieten

Die Nisthilfen, die es im Baumarkt oder Gartencenter gibt, bringen den Wildbienen also nichts, wenn man ihnen nicht auch Nahrung anbietet. Im übrigen sind sie oft auch nicht geeignet, weil die Röhren zu gross oder voller Splitter sind (dadurch verletzen sich die neu geschlüpften Bienen) oder weil ins Kopfholz gebohrt wurde. Dann entstehen Risse, durch die Pilze eindringen und die Brut vernichten können. Und sie haben meistens keinen Vogelschutz, so dass die Brut aufgepickt werden kann. Also auch hier vernünftige kaufen oder selbst basteln. Auf Wildbienen.de kann man sich gut informieren und bei Naturschutz Center.de gibt’s gute Nisthilfen.Der größte Teil der Wildbienen nistet aber in Bodenbruthöhlen, darum ist es wichtig, auch „nackige“ Erde anzubieten oder ein Sandarium zu bauen.

6.Gartengestaltung:

Wer einen Garten hat und eine Hecke/Büsche/Bäume will:

Bitte pflanzt keinen Kirschlorbeer, keine Lebensbäume (Thujen) oder Forsythien, denn die nutzen weder den Vögeln, , noch den Insekten oder Kleinsäugern.Kanadische Goldrute und Schmetteringsflieder sind zwar schön, aber leider invasiv-sie verbreiten sich so stark, dass sie einheimische Arten verdrängen. Lieber vermeiden oder zumindest vor dem Versamen abschneiden und über den Hausmull entsorgen.

Wer welche hat: Nach und nach ersetzen. Kirschlorbeer ist allerdings ein Arschloch und kaum totzukriegen.

Stattdessen pflanzt lieber Saalweide, Felsenbirne, Pfaffenhütchen, Kornelkirschen, Gewöhnlicher Schneeball, Holunder, Liguster, Eberesche, Schlehen, Weißdorn etc..

Und lasst wilde Ecken zu, mit Laub (Igelschutz), Totholz und auch Brennnessel. Schmetterlinge brauchen nicht nur Nektarpflanzen, sondern auch Futterpflanzen für die Raupen. Und hört auf alles totzumähen. Verzichtet auf Mähroboter, die Scheißdinger verletzen und killen zahlreich Tiere, besonders Igel. Aus Schnittgut kann man Benjeshecken bauen.

7.Wasserstellen anbieten

Schalen mit Wasser und Steinen, damit auch Insekten trinken können. Vogeltränken alle paar Tage reinigen, um Vogelkrankheiten zu vermeiden. Gerade Grünfinken sind da anfällig. Sumpfbeete, Miniteiche gegen auch im Kübel.

8.Kiesvorgärten sind Friedhöfe!

Da lebt nix! Auch hier: Wildpflanzenbeet anlegen, total pflegeleicht und schön!

9.Jeden Quadratmeter nutzen!

Das alles geht nicht nur im Garten, auch auf dem Balkon!

Für Magerpflanzen 2/3 torffreie, ungedüngte Bioerde und 1/3 Spielsand mischen. Unten Drainageschicht aus Blähton rein. Für Anfänger gibt es auch tolle Pflanzpakete für die jeweiligen Standorte, z.B. bei Strickler.

10.Pflanzen (Beispiele):

Frühllblüher:

Winterlinge, Botanische Krokusse, Salweide, Traubenhyazynthen, Wilde Tulpen, Lungenkraut, Kuhschelle

Frühling und Sommer:

Wilde Karde, Wilde Möhre, Schafgarbe, Färberkamille, Natternkopf, Wegwarte, Malve, Steinquendel, Rundblättrige Glockenblume, Nesselblättrige Glockenblume, Knäuelglockenblume, Nachtviole, Katzenminze, Königskerze, Schwarze Königskerze, Bärlauch, Waldmeister, Barbarakraut, Knoblauchsrauke, Heidenelke, Vexiernelke, Weiße Lichtnelke, Kuckucks-Lichtnelke, Rote Lichtnelke, Lavendel, Ysop, Basilikum, Wilder Majoran /Dost, Bohnenkraut, Oregano, Schnittlauch, Allium, Nachtkerze, Vergissmeinicht, Veilchen, Ehrenpreis, Witwenblume, Taubenskabiose, Thymian, Bergflockenblume, Flockenblumen, Quirlblättriges Mädchenauge, Berglauch, Blutweiderich, Wasserdost, Sumpfdotterblume, Wasserminze, Echter Eibisch, Mädesüß, Baldrian, Beinwell, Wiesensalbei, Berg-Esparsette, Muskartellersalbei, Mauerzimbelkraut, Frauenmantel, Lerchensporn, Gundermann, Stermmiere, Leberblümchen, Fingerhut, Kamille, Goldnessel, Waldglockenblume, Waldbergminze, Herzgespann, Dornige Hauhechel, Kornblumen, Klatschmohn, Frühlingsplatterbse, Gamander, Fette Henne, Eisenkraut, Blutstorchenschnabel, Sumpfstorchenschnabel, Waldstorchenschnabel, Walderdbeere, Obstbäume….

(Hab ich alles auf dem Balkon. )

Möglichst wenig Hybriden kaufen, wobei der Storchenschnabel Rozanne auch echt toll und bei Hummeln beliebt ist.

Bezugsquellen (online) für Samen und Stauden:

Staudengärtnerei Strickler-hier kann man auch nach heimischen Wildpflanzen filtern.

Staudengärtnerei Gaissmeyer

Syringa

Hof-Berggarten

Spatz und Frank

Natursamen Leipzig (auf Etsy)

Naturkräutergarten.de

Lebensinseln Shop

Im Sommer kann man auch einfach mal in der Natur ein paar Samen mitnehmen.

Tolle Gruppen, um sich zu informieren (hier bei Facebook):

HORTUS Netzwerk

Bio Balkonkongress

Lebensinseln

Naturnah gärtnern

Tolle Bücher :

Drei Zonen Garten von Markus Gastl

Das Wildpflanzen Topfbuch von Reinhard Witt

Mein Biotop auf dem Balkon von Birgit Schattling

Schön wild

Tiere pflanzen

Meise mag Melisse

Toller Blog:

Wilder Meter

Tolle Initiative: 1000 Gärten, 1000 Arten – auf der grünen Landkarte sieht man auch Gärtnereien

Sorry, etwas lang geworden.

Aber ich habe mir in den letzten beiden Jahren so viel angelesen (und ich hab noch nicht mal n Garten  ) , was mir vorher einfach nicht klar war, dass ich das unbedingt weiter geben möchte, weil ich glaube, dass viele das alles eben auch nicht wissen.

Mein Balkon war letztes Jahr so voller Leben, das war echt ein Träumchen.

Wenn sich der ein oder andere angesprochen fühlt und auch was machen will oder sich ein paar Tipps mitnimmt oder vielleicht mal kritisch über seinen zugekiesten Vorgarten oder die Geranien oder den kahlen Balkon oder den totgemähten sinnfreien Rasen nachdenkt, freue ich mich.   Jeder Quadratmeter zählt

Machen ist wie Wollen, nur krasser! Allen ein schönes Wochenende!

Von Sandra Groß

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