08.11.2024Wirtschaftsförderung Wuppertal AöR
Wuppertal startet Teilzeitausbildung in der Pflege
Eine Teilzeitausbildung in der Pflege ist laut Gesetz möglich, wird in NRW aber nur vereinzelt angeboten. Etwa im Raum Aachen, dem Kreis Gütersloh oder in Neuss. Im Bergischen Land bislang noch gar nicht, aber das ändert sich jetzt. Das Wuppertaler „Netzwerk Pflege“, das von der Kommunalen Koordinierung Wuppertal für den Übergang Schule-Beruf organisiert wird, führt die Teilzeitausbildung nun erstmals in der Region ein. Für Stadtdirektor Matthias Nocke bedeutet das einen Zugewinn für die Arbeitnehmerseite: „Es ist großartig, dass dieses Angebot nun für die Bergische Region und speziell Wuppertal geschaffen wird, denn es ermöglicht Menschen den Zugang zu Pflegeberufen, für die eine Vollzeitstelle nicht mit ihren Lebensumständen vereinbar wäre, zum Beispiel Alleinerziehende oder pflegende Angehörige“.
Davon profitiert dann auch die Arbeitgeberseite: „In der Pflege ist der Fachkräftemangel ganz akut und der Wettbewerb um Personal und Auszubildende enorm hoch. Dies führt dazu, dass auch in Wuppertal nicht in ausreichendem Maße Pflegekapazitäten zur Verfügung stehen. Familienfreundliche Arbeitszeiten sind ein Faktor, der dazu beitragen wird, dass sich mehr Personen für eine Ausbildung in einem Pflegeberuf entscheiden werden und wir somit perspektivisch hoffen dürfen, dass wir höhere Pflegekapazitäten in Wuppertal anbieten können. Ich bin sicher, dass das neue Angebot ein Vorteil für die lokalen Ausbildungsbetriebe ist“, so Wirtschaftsdezernentin Dr. Sandra Zeh.
Das sieht auch Eva Platz, Vorständin der Wirtschaftsförderung, so: „Wir sind stolz, dass wir als Mit-Trägerin der Kommunalen Koordinierung zur Einführung der Teilzeitpflegeausbildung beitragen konnten. Die Gesundheitsbranche ist ein starkes Kompetenzfeld in Wuppertal, das zahlreiche Arbeitsplätze stellt. Als Wirtschaftsförderung unterstützen wir die Unternehmen bei der Suche nach Fachkräften und Auszubildenden mit unterschiedlichen Formaten. Die enge Vernetzung mit den Arbeitgebern und Partnerinstitutionen hilft uns, passgenaue Angebote zu entwickeln. Dieser Aufgabe wollen wir uns künftig noch intensiver widmen. Die neue Teilzeitausbildung in der Pflege ist ein schöner und hoffentlich fruchtbarer Anfang.“
Wie funktioniert die Teilzeitausbildung?
Statt der üblichen drei Ausbildungsjahre wird die Teilzeitausbildung auf vier Jahre gestreckt. Gleichzeitig reduziert sich der tägliche Arbeitsumfang auf 75 Prozent, gemessen an einer Vollzeitstelle. Das ermöglicht den Auszubildenden eine größere Flexibilität und Planungssicherheit im Alltag. Am Ende der Ausbildungszeit erreichen die Teilnehmenden den vollwertigen Berufsabschluss zum/zur Pflegefachmann/-frau, der zur Arbeit in Altenpflegeheimen, Krankenhäusern oder Reha-Einrichtungen berechtigt. Der theoretische Teil der Ausbildung wird bei der Diakonie Akademie Wuppertal absolviert. Der praktische Teil findet bei einem der vielen Verbundpartner statt. Dazu gehören unter anderem die Helios Kliniken, der Johanniterstift, Alten- und Pflegezentren sowie ambulante Betreuungsdienste. „Wir haben eine Abfrage in allen ambulanten und stationären Kooperationspartnern der Diakonie Akademie durchgeführt. Davon haben bereits über zwanzig Träger und Einrichtungen zugesagt, gemeinsam mit uns die Teilzeitausbildung im Bergischen ermöglichen zu wollen“, sagt Stefan Leopold, Leiter der Diakonie Akademie.
Mehr Orga-Aufwand für Arbeitgeber
Fünf Pflegeschulen gibt es allein in Wuppertal. Doch in keiner wurde das Konzept bislang umgesetzt, obwohl es seit dem überarbeiteten Pflegeberufegesetz seit vier Jahren möglich wäre. „Das liegt mit daran, dass die Umsetzung der praktischen Ausbildung durch Kooperationspartner wie Pflegeheime, Krankenhäuser oder Psychiatrische Einrichtungen mit teilzeitgeprägten Arbeitszeiten nicht sichergestellt war“, so Leopold. Auszubildene in Teilzeit müssen dieselben praktischen Einsätze erfüllen wie Azubis in Vollzeit. Für die Pflegeeinrichtungen bedeutet das einen größeren Koordinations- und Organisationsaufwand. Zum Beispiel bei der Festlegung von Dienstplänen. So sollen die Teilzeitausbildenden weniger im Schichtdienst arbeiten, sondern feste Zeiten in der Frühschicht zugesagt bekommen. „Aber das ist nicht so einfach. Pflege bedeutet in der Regel einen 24/7-Einsatz“, so Leopold. „Es setzt also die Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten voraus, die praktischen Pflichteinsätze der Auszubildenen in Teilzeit sicher zu stellen“.
Ausbildungsstart im April 2025
Umso schöner, dass die lokalen Arbeitgeber nun bereit sind diesen Schritt zu gehen, findet Elke Stapff von der Kommunalen Koordinierung: „Während der gesamten Planungsphase habe ich ganz viel Engagement seitens der Pflegeeinrichtungen wahrgenommen. Nun sind Ausbildungsinteressierte gefragt, dieses Angebot anzunehmen. Es richtet sich sowohl an Schulabgänger*innen, die den Einstieg ins Berufsleben suchen, ebenso wie an Erwerbstätige und Wiedereinsteiger*innen, die nochmal einen neuen Weg für sich entdecken möchten“. Voraussetzung für eine Ausbildungsstelle ist ein Hauptschulabschluss nach Klasse 10 oder höher. Alternativ gilt auch ein Hauptschulabschluss nach Klasse 9, wenn danach eine einjährige Pflegehelferausbildung oder eine zweijährige Berufsausbildung in einem anderen Bereich absolviert wurde.
Am 01. April 2025 ist Ausbildungsstart. „Ich hoffe, dass wir in der Diakonie Akademie dann viele Teilnehmer*innen begrüßen und mit einer vollen Klasse in die erste Teilzeitpflegeausbildung in Wuppertal starten können“, so Leopold.
- Alle Infos finden Interessierte unter diakonie-akademie.de/ausbildung.
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Das bedeutet, dass der Pflegeschlüssel erstmal höher wird, aber eigentlich der Auszubildende nicht zählt auf dem Dienstplan. Wir brauchen einen höheren Pflegeschlüssel und Pflegekräfte die alle Dienste abdecken können. Pflege ist kein Wunschkonzert.
Gerade die städtischen Pflegeeinrichtungen brauchen Köpfe und keine Auszubildenden die vier Jahre in der Schleife hängen, nur begrenzt arbeiten und danach nur in den Frühdienst möchten. Weil es ja so schön passt.