Architekturpreis für Friedhofskirche

Architekturpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland für gelungene Denkmalpflege an der Friedhofskirche verliehen

Innenansicht der Friedhofskirche Wuppertal-Elberfeld an der Hochstraße

Architekturpreis für die neuen Fenster der Friedhofskirche

Es ist ein wunderbares Adventsgeschenk, so sagte Pfarrerin Dermann im Gottesdienst am 1. Advent 2018  in der Friedhofskirche. Zwei Tage zuvor wurde der Architekturpreis der Evangelischen Kirche im Rheinland verliehen. Die evangelische Kirchengemeinde Elberfeld-Nord hatte sich mit den neuen Fenstern der Friedhofskirche in der Kategorie „Kunst in der Kirche“ beworben.

In dieser Kategorie erhielt die Friedhofskirche den 2. Platz, auch das schon ein sehr erfreuliches Ergebnis. Für alle unerwartet wurde zusätzlich ein Preis für gelungene Denkmalpflege verliehen, den die Friedhofskirche gewann. Das Preisgericht zeichnet die „überzeugende künstlerische Gestaltung“ aus. Das in der Wuppertaler Gemeinde ausführlich diskutierte Konzept sei „vorbildhaft für den Umgang mit einem denkmalgeschützten Kirchenraum – 100 Jahre nach seiner Errichtung“.

„Ein Licht auf meinem Wege“ unter diesem Motto stand die Aktion rund um die Erneuerung der Rosettenfenster und der weiteren kleineren Fenster in der Friedhofskirche.

Es war nicht selbstverständlich, dass die Gemeinde sich auf ein Projekt dieser Größenordnung – sowohl im Hinblick auf die künstlerische Herausforderung als auch im Blick auf die Finanzierbarkeit einlassen würde. Es war von Anfang an deutlich: um die Idee solch eines Großprojekts zu verwirklichen, braucht man nicht nur die Glasgestalter und Glaswerkstatt, nicht nur behördliche Genehmigungen und Geldgeber, man braucht eine Gemeinde, für die solch ein Projekt ein Anliegen ist, das sie ideell und finanziell trägt. An der Friedhofskirche waren die Voraussetzungen gut: eine rege Gottesdienstgemeinde, eine übergemeindliche Bedeutung der Kirche und damit verbunden Besuchergruppen, die sich für den bedeutenden Kirchbau interessieren. Neben dem Staunen über die Schönheit des Kirchenraumes – die Kirche als Bauwerk ist für sich schon ein Meisterwerk, entworfen und gestaltet durch den Berliner Architekturprofessor Johannes Otzen – gab es immer wieder Verwunderung über die Fenster, die erkennbar ein Provisorium der Nachkriegszeit waren – Ersatz für die im Krieg stark beschädigten und erst 1946 total entfernten Originalfenster.

Das Presbyterium unterstützte die Idee der Erneuerung, doch es wurden keine Haushaltsmittel dafür freigegeben, so dass die gesamte Finanzierung über Spenden und Fördermittel geleistet wurde. Ein Grund zu großem Dank!

In der ursprünglich reformierten Kirche gab es keine bildnerisch-figürlichen Darstellungen. Daran hielt sich auch der Glaskünstler Günter Grohs, trotzdem hat jedes Rosettenfensterpaar durch entsprechende Texte in besonderer Gestaltung eine inhaltliche Ausrichtung. Grohs machte die Schrift im Zentrum der Rosettenfenster zum Kern seiner Komposition.

Die Fenster der Westseite  (fertiggestellt 2008) nehmen einen historischen Bezug auf die Zeit der Verfolgung während des dritten Reiches, einmal durch die Erinnerung an den jungen Theologen Helmut Hesse, Kind der Kirchengemeinde, der sich öffentlich gegen die Judenverfolgung einsetzte und als Märtyrer in Dachau im Jahr 1943 starb. Die biografischen Daten sind unterschrieben mit einer Seligpreisung aus der Bergpredigt „Selig sind die um Gerechtigkeit willen verfolgt werden“.

Daneben die Erinnerung an die Barmer Theologische Erklärung der Bekennenden Kirche von 1934, an der sein Vater Dr. Hermann Albert Hesse neben anderen entscheidend mitgewirkt hat, in der Inschrift wird die 1. These zitiert „Jesus Christus ist das eine Wort Gottes, das wir hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben“. Diese These ist die Generalabsage an den totalen Herrschaftsanspruch des NS-Staates, den die Bekenntnissynode verwarf und die Hesse durch seinen Tod bezeugte.

Auf den Fenstern der gegenüberliegenden Seite (im Jahr 2009 fertiggestellt) erscheinen Christusworte, gleichsam als eschatologisches Echo, die gleichzeitig das Thema des dahinterliegenden Friedhofs aufnehmen: Tod und Auferstehung: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“ und „Wer an mich glaubt, der wird leben auch wenn er stirbt“.

Die Südseite gegenüber von Kanzel und Altar (fertiggestellt 2017) nimmt das Thema Gottesdienst auf, mit dem Hinweis auf Wort und Gesang: „Gottes Wort bleibt in Ewigkeit“ ein Zitat aus Jesaja 40,8 steht auch am Schluss der Barmer Theologischen Erklärung. Daneben aus Psalm 98,1: „Singet dem Herrn ein neues Lied“ als Zeichen der Wertschätzung für den geistlichen Gesang in Gottesdiensten und auch in Konzerten, bezugnehmend auf den Titel der gleichnamigen Kantate von Johann Sebastian Bach, ebenso wie auf die Notwendigkeit des neuen Liedes, dh des immer neuen aktuellen Bezugs und Umsetzung der christlichen Botschaft.

In den Jahren 2011-2013 wurden die 12 sog. kleinen Fenster auf der Erdgeschoss-Ebene erneuert.

Mit dem Glaskünstler Günter Grohs hat die Gemeinde einen Künstler gefunden, der sich sensibel auf den Kirchbau im Stil des Historismus einließ, der aufgrund der Farbgebung und Gestaltung einen eigenen Akzent setzt und doch Gebäude und Fenster sich ergänzen und bereichern lässt. Der Kunsthistoriker Holger Brülls schreibt dazu: „Bestechend an der von Grohs für dieses anspruchsvolle theologische Programm entwickelten Lösung ist ihre diskrete Monumentalität. In dem hohen, steilen und lichtdurchströmten Raum erscheinen die Inschriften nicht übermäßig groß. Sie sind deutlich lesbar, erzwingen aber einen konzentrierten Blick. Die Schriftzüge sind als moderne serifenlose Futuraschrift betont sachlich gehalten und ganz unspektakulär in das Form- und Farbgeschehen der Fenster eingesponnen. Aus diesem treten sie erst beim zweiten oder dritten Hinsehen hervor“.

Frank Schneemelcher, der Inhaber der beauftragten Glaswerksatt ist ein Nachfahre der Firma Müller/Schneemelcher aus Quedlinburg, die die ursprünglichen Fenster beim Neubau der Kirche 1898 gestaltet hatte. Die Firma Schneemelcher hat mit viel Sachverstand und Engagement die Umsetzung der künstlerischen Gestaltung und den Einbau der wertvollen Gläser vorgenommen.

Der langjährige Elberfelder Pfarrer und Superintendent Andreas Knorr hatte die Neugestaltung der Fenster initiiert, den Künstlerwettbewerb vorgenommen und bis zu seinem Ruhestand im Frühjahr 2010 schon die Erneuerung von zwei Doppelrosetten vornehmen können. Ab April 2010 hat Pfarrerin Dermann dieses Engagement fortgeführt. Im September war die Erneuerung aller Fenster (mit Ausnahme der im Krieg nicht zerstörten Fenster hinter der Orgel) abgeschlossen. Nicht nur die beiden Pfarrer haben für die Erneuerung der Fenster ein großes Engagement aufgebracht, auch ein Ausschuss der Gemeinde, der immer wieder neu mit überlegt hat. Insgesamt sind die Verantwortlichen bei der Umsetzung von einer breiten Unterstützung und Sympathie getragen worden, von Gemeindegliedern und auch von der Stadtöffentlichkeit.

Die regelmäßigen Führungen (mit Turmbesteigung) sind eine gute Gelegenheit, die Fenster genauer zu betrachten. Die nächsten Führungen in 2019  sind: 21.4. (Ostersonntag), 19.5.; 9.6. (Pfingstsonntag); 14.7.; 18.8. und 27.10. jeweils um 14.00 Uhr. Am „Tag des offenen Denkmals“ sind Führungen um 13.30 Uhr und um 14.30 Uhr vorgesehen. Zusätzlich lädt die Gemeinde an Ostersonntag, an Pfingstsonntag, am 8.9. und am 27.10. jeweils um 16.00 Uhr zu einem Orgelkonzert an der hist. Wilhelm-Sauer-Orgel von 1898, eines der ältesten und original erhaltenen bzw. rekonstruierten Instrumente dieser Stadt mit Thorsten Pech (www.thorsten-pech.com) ein, auch das ein Bestandteil im „Gesamtkunstwerk Friedhofskirche“.

Nähere Infos (ebenso wie Zitate) kann man einsehen in der Broschüre „Ein Licht auf meinem Wege. Die neue Gesamtverglasung der Friedhofskirche Wuppertal-Elberfeld“, die in der Friedhofskirche erhältlich ist.

Sabine Dermann, Pfarrerin der Friedhofskirche Wuppertal-Elberfeld

Weitergehende Informationen ebenso unter:

www.elberfeld-nord.de

www.sauer-orgel.com

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