Buch der 49. KW: Die Hohe Zeit des WSV
Das zu Ende gehende Jahr steckte voller Jubiläen: 90 Jahre Stadion am Zoo und 60 Jahre Wuppertaler Sportverein, dessen Spiele in der 1. Fußballbundesliga nunmehr vier Jahrzehnte zurückliegen. Da es bislang keinen speziellen Rückblick auf die Spielzeiten 1972/73, 1973/74 und 1974/75 gab, unternahm es der in diesem Jahr viel zu früh verstorbene ehemalige Leiter des Sportamtes der Stadt Wuppertal und bekennende WSV-Fan Peter Keller, Abhilfe zu schaffen. Herausgekommen ist ein schöner Bildband, randvoll mit Daten und Fakten sowie kurzen Kommentaren und Einschätzungen.
Und so begann der Siegeszug des größten bergischen Ballspielvereins: „Im Sommer 1972 herrschte Pröpper-Mania im Bergischen Land. In der Regionalliga-Saison 1971/72 wurde der Wuppertaler SV Westmeister durch sagenhafte 52 Saisontore von Günter Pröpper. Anschließend stürmte der WSV mit acht Siegen durch die Bundesliga-Aufstiegsrunde. Ein Rekord für die Ewigkeit“ (S. 7).
Superlative am Stück: Als Debütant qualifizierte sich die Elf wie kein anderer Verein vor ihm gleich in der ersten Saison für den UEFA-Pokal (die heutige Europaliga). Die schlechteste Platzierung 1972/73 war der Platz 12 – und selbst dies nur an zwei Spieltagen. Vom 25. bis zum 29. Spieltag war der WSV dem Spitzenreiter dicht auf den Fersen. Noch ein Rekord: Mit 21 Toren belegte Pröpper Platz drei der Torjägerliste hinter Gerd Müller von Bayern München (mit 36 Toren) und Jupp Heynkes von Borussia Mönchengladbach (mit 28 Treffern).
Dann ging es abwärts: Gelangen den Spielern in der ersten Saison insgesamt 62 Tore, waren es 1973/74 noch 42 und im letzten Durchgang noch einal zehn Treffer weniger. Da half es dann auch nicht, dass es am fünften Spieltag zu einer echten Sensation reichte, nämlich einem 3:1 gegen … Bayern München. Das Foto zu diesem Highlight findet sich auf S. 65.
Erinnerungen werden wach: Sowohl in der längst eingestellten „Fußballwoche“ als auch im weiter quicklebendigen „Kicker“ schaffte es der WSV gleich mehrfach auf den Titel (S. 100 und S. 108). Lang ist’s her: „Aus heutiger Sicht zum Schmunzeln: Eine Marketingaktion der Wicküler-Brauerei am 14. April 1973 mit einem Ponywagen-Gespann auf der alten Aschenbahn. Diese Fahrten wurden unter den Zuschauern ausgelost, und in der Halbzeit drehte man eine Runde durchs Stadion“ (Text und Bild auf S. 93).
Infos satt: Neben den Hauptkapiteln über die drei Spielzeiten in der 1. Liga enthält Kellers nachgelassenes Werk viele Zahlen und Fakten sowie auf zehn Seiten Bildporträts von Spielern und Trainern, nicht zu vergessen alle Ergebnisse der Bundesligaspiele. Apropos Profiliga: Zumindest beim WSV gingen auch die Starspieler wie Pröpper oder „Eia“ Cremer einer normalen Tätigkeit nach (S. 91), und zwar im Rathaus Barmen beziehungsweise im Musikgeschäft („Karl vom Kothen hat jede Schallplatte“).
Wicküler kommt nicht wieder, Karl vom Kothen genau so wenig, davon kann man ausgehen. Doch der Wuppertaler Sportverein (wer ihn im Internet länger nicht aufgesucht hat, kann den neuen Auftritt bewundern: www.wuppertalersv.com) spielt momentan in seiner gegenwärtigen Liga ganz oben mit. Für den Verein, dessen Lied Peter Keller singt, gibt es noch … Luft nach oben.
MATTHIAS DOHMEN
Peter Keller, Wuppertaler SV. Die Bundesligajahre 1972 bis 1975, Erfurt: Sutton 2014, ISBN 978-3-95400-475-1, 119 S., Euro 19,99, www.suttonverlag.de.
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