Buch der Woche: „Paternoster. Vom Auf und Ab des Lebens“

Eine Idee, die eine gewisse Spannbreite an Geschichten erlaubt, und Autoren, die man zumindest im regionalen Rahmen, bei einigen deutlich darüber hinaus kennt, ein Grafiker, der das Buch gestalterisch zusammenhält – eine Anthologie, eine lesenswerte, ist entstanden.

Ungewöhnlich: Alle Beiträger haben ihre Storys abgeliefert, ohne auf ein Honorar zu rechnen. Profitieren soll einzig und allein das Kinder- und Jugendhospiz Burgholz (Wuppertal), von dessen Geschäftsführerin Kerstin Wülfing das Geleitwort stammt. Der letzte Absatz sei hier zitiert: „Das Kinderhospiz, ein Ort des Hoffens und des Lebens: Hier wird gelacht, gespielt, getobt, geweint und getrauert. Denn nach Cisely Saunder“ (der Begründerin der modernen Hospizbewegung) „geht es nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“ (Seite 10).

In dem Band sind Geschichten versammelt, die direkt oder indirekt vom Paternosterfahren handeln, also, so beschreibt der Mann, der die Idee hatte und seine Autorinnen und Autoren betreut hat, Geschichten vom Auf und Ab des Lebens.

Paternoster_Frontcover

Von Paternostern, einer Einrichtung zum Transport von Menschen, die auf der Roten Liste steht, schreiben direkt Monika Holstein, die an Heinrich Böll erinnert, und Jürgen Kasten. Aus dem Rahmen fällt „Liebe 53“ von Kurt Oelemann, die bearbeitete Niederschrift eines mehrstündigen Interviews, das seine Kinder Ulrike Jansen und Christian Oelemann vor ein paar Jahren mit ihm führten – ein Rückblick auf die 1950er-Jahre, denen das so genannte Wirtschaftswunder folgte. Es findet sich zwischen den Buchdeckeln auch manche nachdenklich-vergnügliche Erzählung wie „Dreischöttels Freiheit“ von Christian Oelemann: Der Exhäftling Dreischöttel dichtet die Parole eines an ihn verteilten Flugblatts, in dem die Freilassung eines Ücyün Ötztürk gefordert wird, praktischerweise in „Freiheit für Rudi Dreischöttel“ um. Im Auf und Ab des Lebens ist sich erst einmal jeder selbst der Nächste.

In der vorletzten Story – die Geschichten sind alphabetisch nach den Autoren sortiert – schreibt Günter Wülfrath darüber, wie er „einer blinden Frau ein Bild schenken“ (also es möglichst haargenau beschreiben) durfte, übrigens ein Fensterbild von Oskar Schlemmer, der seine letzten Jahre des ungehinderten Schaffens dem Industriellen Kurt Herberts zu verdanken hatte.

Die weiteren Autoren sind Gerd Haehnel, Barbara Hofer-Kröner, Dieter Jandt, Marina Jenkner, Peter Klohs, Zsolt Majsai, Karl Otto Mühl, Dorothea Müller, Bettina Rosky, Matthias Rürup, Hermann Schulz, Wolf Christian von Wedel Parlow, Elisabeth Wintermantel, Ellinor Wohlfeil und Michael Zeller. Am Ende des Bandes werden sie jeweils halbseitig vorgestellt. Die meisten verfügen übrigens, wie man dort sehen kann, über eine eigene Homepage. Bleibt zum Schluss noch, mit dem Herausgeber dem Verlag 3.0 zu danken, der das Projekt von Beginn an uneigennützig unterstützt hat. Das allerletzte Wort aber gilt dem Grafiker Malte Roß, der zu jeder Geschichte ein Bild sowie das Cover beigesteuert hat – Honorar wie bei allen anderen an das Kinderhospiz.

MATTHIAS DOHMEN

 

Christian Oelemann (Hrsg.), Paternoster. Vom Auf und Ab des Lebens, Bedburg: Verlag 3.0 2015, ISBN 978-3-95667-206-4, 323 S., Euro 18,00, www.buch-ist-mehr.de.

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