Buch des Monats: Oelemanns „Freundschaftspiel“
Respekt! Munter, vielleicht manchmal zu munter, wird die Geschichte zweier Beziehungen abgespult: die des Schriftstellers Dieter Lange (66) und einer 54jährigen Journalistin sowie die Händel des Enkels Hendrix Witzl und seiner Angebeteten, Sarah. Die Story spielt zu großen Teilen im Umfeld einer Buchhandlung, also auf einem Territorium, in dem sich Oelemann bestens auskennt.
Wie man es bei ihm gewohnt ist, jongliert er mit Wörtern und Begriffen oder erfindet sie neu, etwa das Adjektiv „schulhofig“. Auch der Titel des Romans ist außergewöhnlich, handelt es sich doch nicht um eine Geschichte aus der Welt des Sports, in der es Freundschaftsspiele gibt (mit zwei S in der Mitte), sondern um die Beziehungen eines jungen und eines älteren Paares.
Der Literaturkritiker Dieter Wunderlich, der das Hermann Schulz gewidmete Werk sehr positiv besprochen hat, klassifiziert es als Jugendroman. Gleichwohl sei das Buch auch für Erwachsene lesenswert, denn Oelemann spiele mit verschiedenen Erzählebenen. Mehrfach „spricht“ er mit dem Leser so wie ein Schauspieler, der auf der Bühne hinter vorgehaltener Hand die Zuschauer über seine aktuelle Gemütslage in Kenntnis setzt, von der die Mitakteure nichts wissen sollen. Auf jeden Fall kennt sich der Romancier mit den Gefühlen junger Menschen gut aus (oder erinnert sich seiner eigenen Jugend), erweist sich aber auch, seinem eigenen biologischen Alter vorgreifend, als Seniorenversteher.
Hübsch sind wie immer die Bilder und Vergleiche, so wenn es von einem Mann heißt, er sehe „beinahe wie Michael Ballack“ aus, von einem anderen, er habe „eine verblüffende Ähnlichkeit mit Gregor Gysi“, einem dritten, der einen „Jogi-Löw-Blick“ hat, oder wenn es von jemandem heißt, sein „unfrohes“ Gesicht erinnere „an das der Bundeskanzlerin“.
So nebenbei geht Oelemann mit der aktuellen literarischen Szene ins Gericht: „Sie brauchen nur Rattenplage auf ein Blatt Klopapier zu schreiben, schon sind Sie Autor!“, gibt aber auch gern Tipps für angehende Schriftstellerinnen und Schriftsteller: „Um eine wirklich gute Geschichte zu schreiben, musst du sie zunächst einmal ganz kennen. Du musst sie vom Ende her aufrollen.“
Das Ende des „Freundschaftspiels“ wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Wohl aber, dass sich, über die Handlung verstreut, ein halbes Dutzend Witze finden, in denen beispielsweise „Emanzen“ aufs Korn genommen werden. Oder ein Buchhändler, dem der Arzt verkündet, nur noch eine Lebenserwartung von drei Monaten zu haben: „Darauf der Buchhändler: ‚Gut und schön, nur wovon?’“
Hier und da hätte der Verlag genauer auf das Manuskript schauen können, so wenn Anführungen in der Anführung mit doppelten Gänsefüßchen geschrieben werden oder bei zu koppelnden Wörtern Bindestriche fehlen. Kleinkram.
Alles in allem ein Werk, das zum Fest zu verschenken, dem Gebenden und dem Nehmenden Freude macht. Oelemanns Stil ist flüssig, man hört ihn geradezu die Story erzählen, so wie man es von Sven Regener kennt. Wenn sich neue Technik mit alter Kultur verbindet, kommt das Folgende heraus: „Aus der Handtasche der Gräfin tönte Mozart.“ Oelemann zeichnet ja seine Musikbesessenheit ebenso aus wie seine Fabulierkunst.
Das letzte Wort hat diesmal der bereits zitierte Dieter Wunderlich. Für bemerkenswert hält er die Vielseitigkeit des Schriftstellers: „Offenbar herrscht in seinem Kopf kein Mangel an Geschichten, und wenn er daraus Bücher macht, probiert er immer wieder neue Gestaltungsansätze aus.“
MATTHIAS DOHMEN
Hinweis: Das Buch der Woche zur KW 49 erscheint ausnahmsweise am Dienstag.
Christian Oelemann, Freundschaftspiel. Ein Roman, Bedburg: Verlag 3.0 2014, ISBN 978-3-95667-054-1, 255 S., Euro 16,90, christian-oelemann.de, www.buch-ist-mehr.de.
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Sehr zu Dank verpflichtet bin ich auch Malte Roß, der mir für mein Buch ein Cover gestaltet, hat, das meine kühnsten Erwartungen weit übertrift.