28.04.2010CtEvD
Chinesische Touristen ins Bergische locken: Schnell und alles im Original
Seit der Öffnung Chinas drängen jährlich Millionen Menschen zum Privatvergnügen ins Ausland. Eine neue Mittelschicht von rund 70 Millionen Menschen ist extrem neugierig auf den Westen, Fernreisen gelten als Statussymbol. 2005 waren es schon 31 Millionen, für das Jahr 2020 erwartet die United Nations World Travel Organisation (UNWTO) 100 Millionen. Auch die Zahl der Ankünfte in Deutschland steigt Jahr für Jahr. Tourismusexperten sehen hier ein gigantisches Potenzial, dem verschließt man sich auch im Bergischen Städtedreieck nicht.
Umso erfreuter ist man bei der Bergischen Entwicklungsagentur, dass Hong Cai dort nun innerhalb von viereinhalb Monaten bei der Erarbeitung der touristischen Strategie für den chinesischen Markt unterstützt und schon ein erstes Pauschalangebot entwickeln wird. Cai stammt aus der Stadt Xuzhou der Provinz Jiangsu, eine von drei chinesischen Partnerprovinzen NRWs. Dort ist die bei der Bezirksregierung für die Tourismusentwicklung zuständig. Im Rahmen einer Fortbildung wird sie noch bis Ende August bei der Bergischen Entwicklungsagentur tätig sein.
Heute (28. April) stattete sie gemeinsam mit der BEA-Geschäftsführung dem Engels-Haus und dem angeschlossenem Museum für Frühindustrialisierung einen Besuch ab.
Spezielle Bedürfnisse
Dr. Eberhard Illner, Leiter des Museums, hat schon einige Erfahrungen mit chinesischen Delegationen, deren Besuch vor allem dem Engels-Haus gilt: „Für Chinesen sind Marx und Engels das, was für uns Goethe und Schiller sind, das Interesse ist weniger politisch als traditionell zu sehen.“ Hochrangige Wirtschaftsdelegationen konnte er hier schon genauso begrüßen wie „normale“ Besuchsgruppen. Allerdings träfen diese noch relativ unkoordiniert ein, so sei es auch schon passiert, dass Freitagabends ein Bus mit 60 Gästen vor der Tür stand. Seine Erfahrungen, dass Chinesen gerne fotografieren, um zu dokumentieren, dass sie da waren und dass sie möglichst auch noch mit einem Engels-Manuskript zeige, bestätigte Cai: „Wir fotografieren sehr gern und besonders wichtig für uns ist, dass man etwas original deutsches sieht.“ Außerdem kaufe man sehr gerne Souvenirs, die das Original abbilden, schließlich möchte man Familie, Freunde und Kollegen daheim teilhaben lassen. 60 Millionen Dollar haben Chinesen zwischen September 2004 und September 2005 im Ausland gelassen, 5.000 Dollar dürfen pro Kopf ausgeführt werden, 71 Prozent des Urlaubsbudgets werden für den Einkauf ausgegeben. Im Marx-Haus in Trier, das einen professionellen Museumsshop implementiert hat, werden von den chinesischen Besuchern (rund 20.000 pro Jahr) durchschnittlich 39 Euro ausgegeben.
Bergisches Pauschalangebot
Bei der Bergischen Entwicklungsagentur hört man das gern: „In dem Locationguide, den wir gerade erarbeiten, werden wir auch die Angebote von Werksverkäufen bündeln. Von Frau Cai wissen wir, dass zum Beispiel Zwilling in China sehr bekannt und beliebt ist“, berichtet Annette Nothnagel. Eine weitere chinesische Besonderheit: „Wir besuchen alles sehr schnell und möchten nicht lange an einem Ort bleiben“, so Cai. Zumeist befände man sich schließlich zum ersten Mal in Europa und wolle möglichst viel sehen. „Auch dieses Bedürfnis wollen wir bedienen und dabei möglichst viel von unserer Region zeigen, denn bei der nächsten Reise möchten sich die Touristen vielleicht ja auf etwas ganz besonders konzentrieren“, meint Nothnagel.
Illner führte den Besuch ganz exklusiv durch das Museum – und das auch relativ schnell. Einen ausführlichen Besuch will Cai aber auch noch machen, besonders fasziniert war sie von den historischen Bandwebereimaschinen, von denen heute in China noch viele in Betrieb sind. Auch BEA-Geschäftsführer Bodo Middeldorf war zufrieden von dem Besuch: „Das erste Kennenlernen heute war schon sehr aufschlussreich, auch für uns gab es viel Neues über die speziellen Bedürfnisse chinesischer Touristen zu erfahren. Jetzt werden wir gemeinsam mit Hong Cai eine Pauschale erarbeiten.“
Quelle: PM BEA vom 28.04.10
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Vor vier Jahren hat die FDP eine Arbeitsgruppe gegründet und nachfolgend eine Veranstaltung durchgeführt mit dem Thema: Chinesen in Wuppertal. Gefragt wurde nach Potenzialen im Tourismus, der Wirtschaftsansiedelung, der Uni-Kooperation. Bis auf den Rektor der Uni (damals Prof. Ronge) waren die geladenen Gäste aus IHK, DeHoGa usw. eher verhalten in ihren Perspektiven für einen Incoming-Tourismus-Markt für Chinesen. Und dies, obwohl seitens der veranstaltenden FDP-Arbeitsgruppe kompetente Faktenaussagen und Potenzialanalysen vorgetragen wurden.
Man muss manchmal die Akteure der Stadt dort abholen, wo sie sind. Um so besser, wenn neue Besen mal gründlich kehren und was lostreten. Bemerkenswert mal wieder, dass wir es im Tal nicht selbst schaffen, sondern unsere Chinesischen Gäste die Arbeit machen lassen.