Clemens J. Setz’ Roman über einen Stalker und seine Beziehungen

Thriller, Horrortripp und Psychodrama hat die Rezensentin der „Frankfurter Allgemeinen“, Bettina Hartz, den Roman genannt, der unser Buch der Woche ist.

„Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“ heißt der Roman eines Mannes, der von einigen Medien – wir zitieren noch einmal aus der FAZ – als „Wunderkind“ und „Genie“ gefeiert wird. Über Dreiecksverhältnisse und die Situation in Altenheimen haben schon andere Autoren geschrieben, doch bleiben bei Setz Haupt- und Nebenpersonen merkwürdig unscharf. Natalies, der Hauptakteurin, Mutter etwa sitzt allein in ihrem Haus und berechnet „die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Gehirnschlags anhand minimaler Veränderungen alltäglicher Vorgänge“ (Seite 471). Es folgt der rätselhafte – oder banale? – Satz: „Die Wahrscheinlichkeit ruhte nie. Sie arbeitete an der Auslöschung des Menschen“ (S. 472).

Oder Frank. Bei ihm liegt nur eine Gitarre „einsam auf dem Bett. Keine Bettwäsche, kein Polster“ (S. 1002). Überhaupt bilden, daher auch der Titel, „Frau und Gitarre“ den „Geheimcode, den das Universum verwendete, wenn es Stalker sagen wollte“ (S.1003).

setz

Setz’ Roman setze, befand die taz, beim Leser Rachegelüste, Gewaltphantasien und Lust frei. Dort ist auch von den „Erfahrungswelten postmoderner Kommunikation“ die Rede. Hört man da ein Handy klingeln, sieht man einen Blog sich öffnen? Wenn Natalie chattet, muss sie einen bestimmten Satz „noch einmal lesen, um seine ganze Dummheit in sich aufzunehmen. Er war wirklich außerordentlich dämlich. Wer ihn las, verlor zehn IQ-Punkte“ (S. 639).

Oder die Geduld?

Der bereits in zweiter Auflage erschienene Roman sei, schreibt der Verlag im Klappentext, „eine Bergwerksfahrt in die Welt“ des 1982 geborenen Clemens Johann Setz. Von dem in Graz aufgewachsenen und dort lebenden Künstler gibt es zahlreiche Romane („Indigo“, „Söhne und Planeten“, „Die Frequenzen“). Daneben ist er mit Erzählungen, Nacherzählungen und Gedichten sowie als Übersetzer hervorgetreten. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2011 für den Roman „Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes“ den Preis der Leipziger Buchmesse und 2013 den Literaturpreis des Kulturkreises der Deutschen Wirtschaft. Seit Beginn dieses Jahrzehnts wird er von einem Teil der Buchkritik als „jüngste Hoffnung der deutschen Gegenwartsliteratur“, „Wunderknabe“ und „das größte Genie der jüngeren Literatur“, „Jungstar“ und „Junggenie“ gefeiert (www.nachschlage.net/search/klg/Clemens+J+Setz/755.html). Am 29. April wird man sich im Ada bei der Literatur-auf-der-Insel-Veranstaltung ein Bild von ihm machen können.

MATTHIAS DOHMEN

 

Clemens J. Setz, Die Stunde zwischen Frau und Gitarre. Roman, Berlin: Suhrkamp 22015, ISBN 978-3-518-42495-7, 1021 S., Euro 29,95, www.suhrkamp.de.

Anmelden

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert