29.05.2016Literaturbiennale
Das Karussell gewinnt an Schwung
Es knarzte. Eine Feststellung, die sich ohne Weiteres an diesem Sommerabend im Café Ada machen ließ, als wenn sich etwas träge in seinem Gewinde dreht und die Kugellager dabei knacken wie steife Kniegelenke. So ist das mit allem Alten, wenn man ihm einen Schubs gibt, dann kommt etwas in Gang.
Seit das Karussell vor vier Jahren zur ersten Wuppertaler Literatur Biennale wieder ins Leben gerufen wurde, war klar, dass man ordentlich würde schubsen müssen, denn viel war von der Engelsmusik am schwärzesten Fluss der Welt, die Else-Lasker Schüler einst beschrieben hatte, nicht mehr übrig geblieben.
Das tat man und von Jahr zu Jahr nimmt das Karussell seitdem mehr an Fahrt auf. Noch räuspert sich der Engelschor, aber es klingt wie die Vorbereitung auf eine wichtige Rede.
Unter der Leitung von Dieter Jandt, Torsten Krug und Andreas Steffens gewinnt die Bergische Zeitschrift für Literatur wieder an Bedeutung. Unter anderem Michael Buselmeier, Wolfgang Butt, Jörg Degenkolb-Değerli, Eugen Egner, Lütfiye Güzel, Karl Otto Mühl und Karla Schneider liehen dem Karussell in der diesjährigen Ausgabe ihre Stimme und im lebendigen Café Ada war man gewillt, ihnen seinerseits die Ohren zur Verfügung zu stellen. Dem getragenen Bass von Wolfgang Butt, der über seine Kindheit im Wuppertal der Nachkriegszeit las, dem leicht schnoddrigen Jargon von Lütfiye Güzel, dem bühnenerprobten Slamstakkato von Jörg Degenkolb-Değerli, dem angsterfüllten Träumen von Dorothea Renckhoff oder dem fast zärtlichen Erzählen von Friederike Zelesko.
Im Auf und Ab drehte sich alles um Heimat, wie auf einem hölzernen Zirkusschimmel winkend, hat Literatur im Tal (mit dieser Karussell-Ausgabe) wieder eine vorzeigbare Heimat – jetzt, da die Wupper wieder klar ist.
Jan Budde
Student der Buchwissenschaft und Germanistik an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz
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