Die Stunde Null im Tal der Wupper

Die böse Kontinuität rechtslastiger Literatur beschreibt Uwe Eckardt am Beispiel des „völkischen“ Schriftstellers Emil Uellenberg: Unser Buch der Kalenderwoche 16.

Produktiver Ärger: Der Umstand, dass ein ungenannt bleibender Verfasser im Jahr 1992 den aktiven Nationalsozialisten und Verfasser des antisemitisch durchtränkten Romans „Die Stimme in der Wüste“ kritiklos als „bergischen Heimatdichter“ und „streitbaren Sohn des Bergischen Landes“ pries, und zwar in einer Festschrift zum 65-jährigen Bestehen des Bürgervereins Vohwinkel, brachte den langjährigen Leiter des Wuppertaler Stadtarchivs so in Rage, dass er dem Wirken Uellenbergs in einem kleinen, beachtlichen und sehr sorgfältig edierten sowie zudem liebevoll illlustrierten Bändchen (Umschlag und Buchgestaltung: Horst Mügge) zu Leibe rückte.

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Es war eben eine unheilvolles „Weiter so“ von Historiographie und der mit ihr eng verwandten „schönen“ Literatur, dass wichtiges Personal, das mit der Weimarer Republik nicht klar gekommen war und sich mit wehenden Fahnen der nationalsozialistischen Diktatur anbiederte und unterordnete … 8. Mai 1945 da weitermachte, wo es tags zuvor aufgehört hatte. Am 28. Mai 1933 legten führende Repräsentanten der Bergischen Landesgruppe des Deutschen Schriftstellerverbandes auf einer Schlageter-Feier in Düsseldorf ihr Treuebekenntnis auf den „Führer“ ab (Seite 16). Das muntere Treiben aber ging in der neuen Bundesrepublik weiter, indem alte Nazis quasi rückwirkend zu Antifaschisten erklärt wurden (Paradebeispiel: Martin Schaefer), während die künstlerische Vereinigung „Der Turm“ bei allfälligen Ehrungen junger Autoren unberücksichtigt blieb (S. 37). Und zu ihm gehörten mit Tankred Dorst, Karl Otto Mühl und Paul Pörtner sowie dem Architekten Heinz Rasch Persönlichkeiten, auf die Wuppertal heute stolz sein kann und deren Werke und deren Wirken den Aufbruch widerspiegeln, der für die ersten Jahre Nachkriegsdeutschlands mindestens so typisch war wie die Versuche des Verdrängens und des Vergessens.

Deren Protagonisten konnten sich deshalb so wohl fühlen, weil ihre Förderer an Schaltstellen saßen wie jener Dr. Heinz Wolff, dessen Bestellung zum kommissarischen Gaupropagandaleiter in Salzburg 1942 ihn offenbar dazu prädestinierte, rund 20 Jahre später zum Leiter der Lokalredaktion Wuppertal und stellvertretenden Chefredakteur des „Generalanzeigers der Stadt Wuppertal“ ernannt zu werden (Ausführliches zu Wolff unter www.bgv-wuppertal.de/GiW/Jg13/9Wolff.pdf).

Im Anhang stehen biobibliographische Angaben zu wichtigen Schriftstellern des Bergischen Landes, die im Zusammenhang mit der 1947 aufgelösten Emil-Uellenberg-Stiftung stehen: Philipp Faust, Emil Ginkel (ein Arbeiterdichter, der etwas verloren in diesem Zusammenhang steht), Else Küllenberg, Walter Liebmann, Karl Hermann Limberg, Grete Nieboj-Preuss, Martin Schäfer, Ellen Marga Schmidt, Otto unten Schrievers und Victor Friedrich Storck. Jammerschade ist das Fehlen eines Personenregisters.

Dr. Uwe Eckardt ist 1943 in Ludwigshafen geboren, war Archivar in Köln und fast 30 Jahre Leiter des Stadtarchivs Wuppertal. Er betrachtet die Ergebnisse seiner Forschungen über Uellenberg „als Beitrag zu einer noch längst nicht abgeschlossenen Diskussion“ (S. 44).                                            MATTHIAS DOHMEN

 

Uwe Eckardt, Emil Uellenberg (1874-1944). Der „völkische“ Schriftsteller und die nach ihm benannte Stiftung, Wuppertal: Momberger 2016, ISBN 978-3-940439-72-7, 67 S., Euro 8,50.

 

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