Dohmens unregelmäßig erscheinende Lesefrüchte VIII
Ein Déjà-vu-Erlebnis? Die Ankündigung des Interviews auf S. 2 ist gewollt spektakulär: Ein Rettungswagen vor signalrotem Hintergrund und die Überschrift „Rücksichtslose Klimaaktivisten – Sie wollen keine Menschenleben gefährden, sagen sie. In Berlin haben sie es nachweislich getan“ (FAS, Nr. 17, Titelseite, sechsspaltig noch über den Aufmacher). Doch der „Berliner Feuerwehrmann“, als welcher der Interviewpartner Manuel Barth vorgestellt wird, liefert keinen Nachweis und schwurbelt sich über die Runden: „‚Ich glaube, dass das glatt gelogen ist‘ – Klimaaktivisten behaupten, keine Rettungswagen zu blockieren. Der Berliner Feuerwehrmann Manuel Barth sagt: Das stimmt nicht“ (S. 2). Recht infam, das Ganze. Findet wohl auch, im Feuilleton auf S. 33, Peter Körte: „Da bleibt was kleben – Wofür stehen die Aggressionen gegen die Klimaaktivisten?“. Das ganze Gebrüll hat zwei klare Zwecke: Die „Wutbürger“, von denen der Autor spricht, scheinen sich „als ‚Terror‘-Opfer zu inszenieren, um selbst zu Tätern zu werden“. Und: Mit der Ausgrenzung der Aktivisten, die man früher gern aufforderte, „nach drüben“ zu gehen, will man „den Drang zur Veränderung ersticken“. Weiland, das ist jetzt Jahrzehnte her, polemisierte man äußerst polemisch in der FAZ auf Seite 1 gegen Heinrich Böll, und im Kulturteil wurde er verteidigt. Wäre interessant, mal herauszusuchen.
Scharfe Töne schlägt man im Aufmacher an: Jochen Buchsteiner, „Auf dem Sonderweg zur Migration – Überall in Europa wird versucht, die irreguläre Zuwanderung zu begrenzen. Warum nicht in Deutschland?“ „Anderswo in Europa haben Regierungen den Hebel umgelegt. Das europäische Asylsystem sei ‚kaputt‘, heißt es in Kopenhagen.“ Und in Paris und in Rom und in London. Deutscher Kronzeuge ist ausgerechnet – ich will jetzt keine Injurien folgen lassen – der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor. Er wird von klugen Redakteuren für kluge Leser gepuscht: „Im Talk – und Podcastformat der Frankfurter Allgemeinen diskutieren die FAZ-Redakteure Helene Bubrowski und Simon Strauß einmal im Monat mit prominenten Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Gesellschaft über die großen Fragen unserer Zeit.“ Als da wären: „Die Jugend kämpft gegen den Klimawandel und für das Gendern. Oder? Philipp Amthor kämpft dagegen, dass die CDU ‚Tellerwäscher des Zeitgeistes‘ wird, und Studenten stehen Schlange für ein Selfie mit ihm“ (S. 39, Anzeige). MATTHIAS DOHMEN
Namen:
Philipp Amthor
Manuel Barth
Heinrich Böll
Helene Bubrowski
Jochen Buchsteiner
Peter Körte
Simon Strauß
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