Ein bisschen Marx, ein bisschen Murks

Und ein Kriminalroman, der durchaus spannend ist. Über Trier, den Sozialismus-Übervater, Lenchen Demuth und die DDR.

Völlig überzogen: Im Roman („Alle Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig“) wird die These abgearbeitet, „dass Karl Marx  bei der Abfassung des ‚Kapitals’ nicht nur nicht allein gewesen war, sondern dass er grundsätzliche Hilfe beansprucht“ habe (S. 152), und zwar seitens der Haushälterin Lenchen Demuth (S. 209). Die zeitweilige Geliebte des sozialistischen Urvaters war in der Tat eine kluge Frau, die nach Marx’ Tod dessen Freund Friedrich Engels den Haushalt führte und ihm bei der Herausgabe der Bände 2 und 3 des „Kapitals“ hilfreich zur Hand ging, doch für die zitierte steile These, die sich in der Trierer Kripo breitmacht, gibt es keine Anhaltspunkte.

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Im realen Leben keine, wohl aber im Roman. Dabei hat der Autor gut recherchiert und bettet die – erfundene – Story in durchaus reale Abläufe der Vergangenheit ein wie die systematischen Kunstraubunternehmen des NS-Staats inklusive des geplanten „Führer-Museums“ in Linz.

Aber bleiben wir bei der Romanhandlung: Es tauchen Manuskriptseiten des dritten Bands des „Kapitals“ auf, und sie werden nach komplizierten Untersuchungen Demuth zugeschrieben, die auch schon mal als „Hauself ‚Dobby’ der Familie Marx“ bezeichnet wird (S. 154). Auf abenteuerlichen Wegen werden sie der Stadt Trier beziehungsweise einem Museum angeboten. Drei Tote sind zu beklagen, aber Strippenzieher ist – 25 Jahre nach dem Ende der DDR – deren „Staatssicherheit“. Darüber hinaus gehören zwei DKP-Mitglieder, von denen einer nach 1990 zur MLPD wechselt, zum personellen Inventar.

Mitunter überzeichnet der Autor seine Charaktere und zieht sie ins Karikaturhafte wie die Nachwuchskriminalistin Bersworth oder den Fahrer eines Lastkraftwagens, der Fische überfährt (S. 144).

Spannung bleibt jedoch bis zum Schluss erhalten, und einige exponierte Stellen der von den Römern gegründeten Stadt lernt man ebenfalls kennen. Der Kunsthistoriker Brakensiek (Jahrgang 1968) ist bisher mit Titeln wie „Die schönste Tote im alten Schlachthof“ und einer Monographie über Max Liebermann, Ernst Barlach und Käthe Kollwitz („Kriegszeit“) hervorgetreten.

MATTHIAS DOHMEN

 

Stephan Brakensiek, Die Akte Marx. Kriminalroman, Köln: Emons 2018, ISBN 978-3-7408-0268-4, 255 S., Euro 10,90, www.emons-verlag.de

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