Ein schönes Buch über eine schöne Stadt

„La Parisienne“ von Lindsey Tramuta lädt dazu ein, der französischen Hauptstadt einmal mehr einen Besuch abzustatten

Unterschiedlichste Frauen mit unterschiedlichsten Berufen, verschiedener „colours“, darunter Geschichtenerzählerinnen und „Genussbereiterinnen“, worunter hier etwa eine Kaffeerösterin, eine Konditorin oder die Mitbegründerin einer angesagten Cocktailbar gefasst sind, werden von Lindsey Tramuta auf einigen Seiten porträtiert und zeigen bekannte oder weniger bekannte Ecken der französischen Metropole. Schließlich beantworten die Frauen jeweils drei Fragen, von denen die erste standardmäßig lautet: „Dein von einer Frau geführtes Lieblingsgeschäft?“

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Der opulente Band hat viele sehr positive Rezensionen bekommen, darunter eine Besprechung der Zeitschrift „Bücher“, die das Kapitel über Dr. Ghada Hatem-Gantzer und ihr „Maison des Femmes“ herausragend fand. Das Frauenhaus ist ein Zufluchtsort für Pariserinnen in Not, das zeige, wie tief Verwurzelung und Innovation in Paris Hand in Hand gehen könnten.

Bemerkenswert ist das Porträt der Ersten Bürgermeisterin, Anne Hidalgo, die, wenn das Jahr 2025 beendet ist, alle Dieselmotoren und bis 2030 alle Verbrenner aus der Hauptstadt vertrieben haben will. Die im spanischen Cádiz geborene Sozialistin, deren Familie vor Franco floh, setzt sich engagiert für die Rechte von Minderheiten ein. Sie ist eine eifrige Leserin und erkundet die Stadt gern per Fahrrad – seit sie wegen einer Verletzung nicht mehr joggen darf.

Die rund 50 Frauen stellen Lieblingsorte vor, Museen, Cafés, Parks oder Geschäfte. Sie strahlen Selbstbewusstsein aus wie die Dokumentarfilmerin und Autorin Rokhaya Diallo, die behauptet, das Bild der Pariserin brauche ein Update, denn die Zeiten von Brigitte Bardot und Edith Piaf gehörten der Vergangenheit an. Paris sei „heute eine der wichtigsten multikulturellen Städte Europas“.

Tramuta setzt sich selbstbewusst mit den „Marken“ auseinander, die das landläufige Bild der Pariserin prägen: „Verführung, Stil, Schönheit und Haltung waren über Generationen hinweg die Eigenschaften und Maßeinheiten für das Geheimnis der Pariser Frauen“, heißt es in der Einleitung. Wenig sei dabei „über ihren Verstand, ihre Ziele, ihre Karriere oder ihre Lebenserfahrung jenseits ihres Körpers erzählt“ worden. Diesen „Mythen“ tritt das Buch entgegen.

Die Olympiade liegt hinter uns, die Behindertenspiele schließen sich an. Wer der Stadt einen Besuch abstatten will und sich gut vorbereiten möchte, ist mit Tramutas „Pariserin“ gut bedient. Es räumt, um eine weitere Stimme zu zitieren, und zwar diejenige Aida Alamis, einer Mitarbeiterin der „New York Times“, mit dem abgedroschenen Klischee der „weißen und dürren“ Pariserin auf. Vielleicht nicht immer konsequent genug, aber auf jeden Fall lesenswert. Viel fürs Auge, einiges für die Stadtgeographie und nicht wenig beim Kennenlernen bekannter Frauen. Dass die Fotografin ausgerechnet auf dem Cover einen anders geschriebenen Vornamen erhält als im übrigen Buch, gibt allerdings einen fetten Minuspunkt. MATTHIAS DOHMEN

Lindsey Tramuta, La Parisienne. Das neue Paris – die Stadt der Frauen, mit Fotos von Joanne Pai, Zürich: Midas 2021, ISBN 978-3-03876-170-9, 320 S., 28,00 Euro. www.midas.ch.

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