Ein verstörendes Buch
Und so bewirbt der Suhrkamp-Verlag das Buch: Er ist dreizehn und wächst ohne Vater auf. Er stottert und heißt wie kein anderes Kind im Dorf, in der Schule: Dion. Dion Katthusen, Außenseiter unter den Gleichaltrigen, Einzelkind, Libellensammler in einer Moorlandschaft voller Mythen und Legenden. Am Ende seiner Kindheit erzählt er seine Geschichte: von der Sehnsucht nach einer intakten Sprache, vom Verhältnis zu seiner Mutter, einer erfolglosen Malerin, die ihr Scheitern in der Kunst und im Leben mit ihrer grenzüberschreitenden Liebe zum Sohn kompensiert.
Die Geschichte, so befand der bereits zitierte NZZ-Rezensent, drehe „immer wieder in Trash-Gefilde ab“, die Sprache werde mehr und mehr überfrachtet. So schreibt der Autor über den Dreizehnjährigen, der sich nach einer Auseinandersetzung mit seiner Mutter in seinem Zimmer einschließt, er höre „von unten herauf die heißgelaufene Muttermaschine walzen und stanzen“ (Seite 353).
„Sozialdrama“ ist Geltingers Roman genannt worden, aber das trifft nicht den Kern. Die Geschichte, die von Anfang an mit Bildern erzählt wird, die sich wieder in anderen Bildern verrätseln, hätte sie nicht auch auf drei oder 13 Seiten erzählt werden können?
Gunther Geltinger wurde 1974 in Erlenbach am Main geboren und lebt heute in Köln. Er studierte Drehbuch und Dramaturgie an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien und an der Kunsthochschule für Medien in Köln. Sein Debüt Mensch Engel erschien 2008, Moor ist sein zweiter Roman. Heute Abend kann man ihn im Rahmen der Reihe „Literatur auf der Insel“ im Ada kennen lernen.
MATTHIAS DOHMEN
Gunther Geltinger, Moor. Roman, Berlin: Suhrkamp 2013 (= suhrkamp taschenbuch, 4562), ISBN 978-3-518-46562-2, 441 S., Euro 9,99, www.suhrkamp.de.
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