Graseggers durften nicht sterben

Ein Auftragskiller macht Jagd auf Kommissar Jennerwein: Der neue Roman von Jörg Maurer fällt nach 14 glorreichen Abenteuern doch stark ab

„Kaum zu glauben, Kommissar Jennerwein macht Urlaub! In einem Sporthotel! Beim Wassertreten, Bouldern und Kräuterwandern soll er sich erholen – und ahnt nicht, dass er sich in höchster Gefahr befindet.“ Ein Auftragskiller, gemeinschaftlich engagiert von einer Art Arbeitsgemeinschaft von Verbrechern, die der Kommissar im Lauf der Zeit hinter Gitter gebracht hat, ist auf ihn angesetzt.

„Während er eher zufällig dem ersten Mordanschlag entgeht, entlarvt er nebenbei Betrüger und kratzt verdächtige Schwefelrückstände von einer Kirchenwand. Schließlich bekommt er auch noch ein unwiderstehliches Angebot von einem undurchsichtigen Mitarbeiter eines auf künstliche Intelligenz spezialisierten Großkonzerns: Jennerwein soll helfen, einen spurlos verschwundenen Manager zu finden – eine Suche, auf der er in den vollautomatisierten Werkhallen des Konzerns in einen Hexenkessel aus Bosheit, Verrat und Eifersucht gerät.“

So weit der Klappentext. Leider kann der „15. Fall“ nicht mit den 14 bisherigen mithalten. Das ganze Flair der bisherigen Romane ist verflogen, liebevoll gestaltete Vignetten gehören der Vergangenheit an, und der bayerische Touch ist verschwunden mitsamt den Leberkäs-Essern, Kräuterwanderungen und abwegigen Abenteuern an steilen Berghängen. Selbst das mitunter am Rande der Legalität operierende Bestatterehepaar Grasegger musste sterben, auch wenn Jennerwein seinerseits eine nicht näher bezeichnete Fachfrau für Beisetzungen geheiratet hat. Vom bewährten Maurerschen Fachpersonal hat nur Padrone Spalanzani überlebt – der kurz davor ist, beim allgegenwärtigen Multi Mikado die Hinrichtung des bayerischen Urgesteins zu bestellen.

Fast 400 Seiten lang geht es, oft ermüdend, um das Megathema Künstliche Intelligenz. In den letzten Kapiteln blitzt der Maurersche Erfindungsgeist auf, und es gelingen ihm sympathisch überzeichnete Figuren wie „der Isländer“ oder eine phantasievolle Stalkerin, die Jennerwein nicht zum Verhängnis wird, „der Dürre“ oder die Büffetschmarotzerin.

Da hilft es auch nicht, dass lauter Teufel und andere merkwürdige Lebewesen à la Hogwarts Kapitel 21 bevölkern und es anderswo Anklänge an den Roman „1984“ von George Orwell gibt oder die Wundersoftware ChatGPT auftaucht. Positiv zu vermerken: Maurer thematisiert auch in diesem Buch Alltagserfahrungen wie diejenige, dass man oftmals die Hoteldusche oder den Föhn ohne Einweisung des Personals nicht in die Gänge bekommt.                   MATTHIAS DOHMEN

Jörg Maurer, Kommissar Jennerwein darf nicht sterben. Roman, Frankfurt am Main: S. Fischer 2023, 366 Seiten, ISBN 978-3-949465-08-6, www.fischerverlage.de, 22,00 Euro.

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