Haus mit Geschichte: Broschüre zur Bundesbahndirektion

„Die neue Publikation ist inhaltlich und optisch sehr gelungen und nimmt uns mit auf eine spannende Reise in die Vergangenheit“, sagt Oberbürgermeister Uwe Schneidewind. „Sie ist ein nachdenklich machender Beitrag zur Erinnerungskultur und liefert einen weiteren wichtigen Baustein zur Aufarbeitung von Wuppertals Geschichte mit all ihren Facetten.“
Gebäude bislang kaum erforscht
Die Broschüre ist Teil einer Reihe von kleinen Publikationen, die auf Initiative der Begegnungsstätte Alte Synagoge aufgelegt wurde und sich besonderen historischen Orten in Wuppertal widmet. Zehn solcher illustrierten Broschüren sind inzwischen erschienen, so zum Polizeipräsidium, Landgericht, Warenhaus Tietz (Kaufhof), Evangelischen Vereinshaus, Opernhaus, Ronsdorfer Stadtgarten, KZ Kemna, zur Hofaue und Bergischen Synagoge.
Von 1850 bis in die 1970er Jahre
Die aktuelle Broschüre unternimmt einen kleinen Streifzug durch die Vergangenheit dieses bedeutenden Architekturdenkmals. Sie reicht von der Gründung der „Königlichen Eisenbahndirektion Elberfeld“ im Jahre 1850 bis zur Auflösung der Bundesbahndirektion Wuppertal in den 1970er Jahren.
Diese wechselhafte Geschichte ist eng mit der der Stadt Wuppertal verknüpft. Sie erzählt vom industriellen Aufstieg, vom bürgerlichem Repräsentationsbedürfnis im 19. Jahrhundert und vom Fortschritt, den die Eisenbahn als Produkt und Motor der Industrialisierung verkörperte. Sie erweiterte den Horizont der Menschen, beförderte die Migration ins Wuppertal und trieb die Urbanisierung der Städte Elberfeld und Barmen entscheidend mit voran. Für diese Phase des Aufbruchs in die Moderne steht sinnbildlich auch das klassizistische Gebäude am Döppersberg. Diese Phase, die von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg reicht, ist ein erster Schwerpunkt der Broschüre.
Vom Kaiserreich bis in die Nachkriegszeit
Zugleich spiegelt das Direktionsgebäude am Döppersberg die Geschichte der Eisenbahn als staatliche Institution wider: im Kaiserreich, in der Weimarer Republik, nach 1945 und im Nationalsozialismus. Die unruhigen 1920er Jahre und die NS-Zeit bilden einen zweiten und besonderen Schwerpunkt der Broschüre. „Damit soll auch ausdrücklich an jene ‚kontaminierte‘ Geschichte des Gebäudes erinnert und diese ins historische Gedächtnis der Stadt zurückgeholt werden“, sagt Okroy.
Zwei Beispiele: 1923, in den krisenhaften Anfangsjahren der Weimarer Republik, diente die „Reichsbahndirektion“ Elberfeld zeitweise als wichtiger Ankerpunkt von radikalen Demokratiefeinden. Von dort aus erhielten Sabotagekommandos ihre ‚Aufträge‘ zur Sprengung von Brücken und Gleisanlagen im Ruhrgebiet, das von französischen Soldaten besetzt war. Mit dabei an führender Position waren rechtsradikale Aktivisten aus dem Wuppertal, die 10 Jahre später, nach dem Machtantritt Hitlers, hohe Funktionen im NS-Staat bekleideten.
Deutsche Reichsbahn als Instrument der Nationalsozialisten
An der Spitze der „Deutsche Reichsbahn“ befanden sich schon seit den 1920er Jahren zwei Wuppertaler, Julius Dorpmüller als Generaldirektor und späterer Reichsverkehrsminister und Wilhelm Kleinmann als dessen Staatssekretär. Beide haben aktiv daran mitgewirkt, die „Deutsche Reichsbahn“ und ihre regionalen Direktionen zu willfährigen Helfern der nationalsozialistischen Politik zu machen. Während des Zweiten Weltkriegs war die „Reichsbahndirektion Wuppertal“ der größte Arbeitgeber der aus der damaligen Sowjetunion zu Tausenden nach Wuppertal verschleppten Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. 1941/42 stellte die „Reichsbahndirektion Wuppertal“ in Kooperation mit der Gestapo jene Personenzüge zur Verfügung, mit denen rund 800 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus Wuppertal, Remscheid und Solingen auf eine Reise in den Tod in die Ghettos und Vernichtungslager „im Osten“ geschickt wurden.
HIER >> Die Broschüre zum download
Die Broschüre liegt im Rathaus in Barmen, im Verwaltungshaus Elberfeld und vielen anderen städtischen Einrichtungen aus und ist kostenlos.
Quelle: Stadt Wuppertal
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen