„Ich würde mich wieder für die NSDAP entscheiden“
Durchhalteparolen bis zum bitteren Ende: Der Kreisleiter der Wuppertaler NSDAP, Alfred Straßweg (1902-1997), rief im Februar 1945 die Männer des Volkssturms auf, den „Wall gegen das Chaos zu errichten“, und verstieg sich wenige Wochen vor der totalen Kapitulation zu der These: „Den Krieg gewinnen wir, weil auf unserer Seite das Recht steht“ (zitiert auf Seite 52). Warum solle er gegen Hitler gewesen sein, „fragte“ er Ende der 1970er-Jahre den Historiker Klaus Goebel: „Unter den gleichen Umständen wie damals würde ich mich noch einmal für die NSDAP entscheiden“ (zit. auf S. 24).
Der Text beruht auf der Wiedergabe von Straßwegs Memoiren „Mein Leben“, die ein ungenannt bleibender Unternehmer dem – das Wort ist nicht abwertend gemeint – Hobbyhistoriker Kiel zur Verfügung stellte. Der gebürtige Wuppertaler war bereits 2015 mit seinem Buch „‚Im Dienst der heimischen Wirtschaft’. Biografie des Nationalsozialisten und ehemaligen Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Remscheid Dr. Friedrich Ludwig Wachs“, das im Wuppertaler Verlag Momberger erschienen ist, hervorgetreten. Der staatlich geprüfte Betriebswirt scheint ein Händchen dafür zu haben, auf Flohmärkten brisante Unterlagen aufzufinden, zu publizieren und so der historischen Forschung zugänglich zu machen.
Dem Verfasser standen über seinen Fund hinaus die Niederschriften umfangreicher Interviews mit dem Wermelskirchener Straßweg zur Verfügung, die zwischen 1979 und 1984 entstanden sind und bis zur Stunde in Goebels Archiv ruhen.
Kiel schreibt in seinem vom Landschaftsverband Rheinland geförderten Buch in einleitenden Kapiteln über „zwei Flohmarktfunde und die daraus folgenden Kontakte“ („Zur Entstehung dieses Buches“) und zur Person Straßwegs sowie zur „Machtfülle“ eines NSDAP-Kreisleiters. Auf rund 130 Seiten folgen dann die „Erinnerungen“ des im Bergischen Land wichtigsten Nationalsozialisten zwischen 1937 und 1945.
Die Veröffentlichung enthält eine beachtliche Anzahl an Fotos und Faksimiles von Dokumenten, die teilweise aus dem Archiv Klaus Goebels stammen.
So weit, so verdienstvoll. Als sehr lesehemmend erweisen sich eine Reihe von Faktoren wie der eineinhalbzeilige Satz, mitunter sehr ungewöhnliche Formen der Zitierung, eine große Menge an Rechtschreibfehlern, wobei das sinnlose Aneinanderschreiben von drei oder vier Wörtern noch am ärgerlichsten und auch unverständlichsten ist. Würden sich Verlag und Autor darauf verstehen, das Buch einer Generalrevision zu unterziehen, würde es einfacher werden, substantiell auf den Band einzugehen und ihn vorbehaltloser zu empfehlen. MATTHIAS DOHMEN
Markus Kiel, „Ich würde mich wieder für die NSDAP entscheiden!“ – Die kritisch begleiteten autobiographischen Aufzeichnungen des Wuppertaler NSDAP-Kreisleiters Alfred Straßweg, Münster: Agenda 2017, ISBN 978-3-89688-566-1, 271 S., Euro 24,80, www.agenda.de
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen