Im Hotel der 1000 Sterne

Eine unbekannte Welt: Sibyl Quinke hat das Land des Dschingis Khan bereist und ein lesenswertes Buch darüber geschrieben. Unser Tipp des Monats.

Sie taucht ein in eine „fremde, doch gastfreundliche Welt“ (Seite 13), übernachtet in Hotels (seltener), Zelten und Jurten („Die Nacht ist klar und ich kann durch die offene Dachluke den Sternenhimmel betrachten – ich übernachte in einem 1000-Sterne-Hotel“, S. 135) und kommt in ein Land, dessen Sprache ihr komplett fremd ist: „Die Ankunft hier macht mich zum Analphabeten, ich weiß nicht, wie unser Hotel heißt, geschweige denn die Adresse“ (S. 24).

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Die Wüste ist übrigens bunt und nicht einfarbig sandgrau, und – wichtig für Wuppertaler – Pladderregen gibt es dort auch, sogar Badezimmer, über die aber an dieser Stelle nicht mehr verraten wird. Verfahren darf man sich freilich nicht in einer „Landschaft, wo nichts die Sicht versperrt, nichts das Auge ablenkt, allerdings auch nichts vorhanden ist, an dem sich der Blick orientieren kann“ (S. 47).

 

 

Ovoos lernen wir kennen, Opferstätten, die den Göttern geweiht sind und an denen man einhält, es sei denn, man ist mit einem Fahrzeug unterwegs, das jedoch mehrfach zu hupen hat, wenn die „location“ passiert wird. Doch selbst im Tempel haben die modernen Kommunikationsmittel Einzug gehalten, wo sich junge Mädchen finden „mit der unvermeidlichen Wischbewegung ihrer Daumen über das leuchtende Display“ eines Handys (S. 134).

Die Mongolei im Wandel der Zeiten: Hier und da erlebt Quinke, was sie „eine Atmosphäre altsozialistischen Charmes, Reste des russisch-sowjetischen Sozialismus“ nennt, der im Übrigen etliche Klöster geschliffen hat, wobei, pars pro toto, im Kloster Amarbayasgalant nur noch 30 Mönche leben, wo einmal 3.000 ihrem Gottesdienst nachgingen.

Quinke beschreibt diese ferne Zivilisation liebevoll und freundlich. Sich einzugewöhnen, dauert seine Zeit: „Der Körper ist verreist, hat eine große Strecke überwunden, aber die Seele, der Geist, der kommt zu Fuß hinterher“ (S. 35). Als die Autorin zur zweiten von insgesamt drei Reisen in die Mongolei aufbricht, sieht sie manches, was sich in ein paar Monaten verändert, und manches, was Bestand hat. Übrigens auch ein paar unangenehme US-amerikanische Touristen.

Fotos von Romana Sandner bereichern das Buch, und auf S. 66 findet sich das Rezept für mongolische Teigtaschen. Den Rezensenten hat manches an die großartigen Romane und Erzählungen des Kirgisen Tschingis Aitmatow erinnert. Es sind Gegenden, bei denen es vorkommen kann, dass für 82 Autokilometer fünf Stunden eingeplant und auch benötigt werden.

 

MATTHIAS DOHMEN

 

Sibyl Quinke, Mongolei. Schlafen im 1000-Sterne-Hotel, Düsseldorf: edition oberkassel 2017, ISBN 978-3-95813-0944, 211 S., Euro 14,00, www.editionoberkassel.de.

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