12.11.2018Utopiastadt
Konzertabend: Hannah Epperson (USA) live in Utopiastadt
Wer mit Hannah Epperson die vergangenen zwei Jahre durch Europa gereist ist, dürfte so manches Abenteuer erlebt haben. Trotz über 90 Konzerten und Festivals kann man auf unzählige einzigartige Erlebnisse zurückblicken. Auf jedem Konzert gibt es diese kleinen Geschichten und die zahlreichen besonderen Momente. Mit ihrer Geige, ihrem Looppedal und ihrer Stimme verfängt sich Epperson immer wieder in ihren ganz eigenen Welten – und lässt das Publikum dabei doch niemals zurück.
Passend zu den besonderen Atmosphären, die sie zu schaffen weiß und ihrer grandiosen, sehr breit aufgestellten Technik an der Geige, konzipiert sie ihre Alben nicht nur als die übliche Aneinanderreihung von Songs: Alle ihre Stücke existieren in zwei komplett unterschiedlichen Varianten – einmal sehr reduziert instrumentiert (Iris) und einmal in einem glasklaren Pop-Gewand (Amelia). Mit Upsweep ist im Oktober 2016 das erste Album aus diesem Zyklus erschienen. Im Februar 2018 erschien mit Slowdown nun das fulminante zweite Album. Die Namen Iris und Amelia stehen bei Epperson für zwei fiktive Charaktere. Ihre diametralen Welten vereinen sie in einer dritten fiktionalen Person, einem narzisstischen jungen Mann, der sich von der Gesellschaft entfremdet und in eine lebensgefährliche Manie verfällt. Iris und Amelia stehen in einem klaren Spannungsverhältnis. Die Lyrics transportieren das Polarisieren zwischen den beiden Charakteren, die Reales und Surreales, Endliches und Grenzenloses miteinander vermischen.
Die Kanadierin mit amerikanischem Pass kreiert in beiden Varianten ganz eigene Klangwelten. Nicht nur wegen der zwei so unterschiedlichen Charaktere des Albums fällt eine Genre-Einordnung äußerst schwer. Konzeptionell kann man Hannah Epperson aber ohne zu zögern als eine avantgardistische Pop-Figur bezeichnen. Ihr Umgang mit Bildern und politischen Themen reiht sie ohne Umschweife zwischen feministischen Pop-Größen unserer Zeit ein: Geradeheraus deckt sie gesellschaftliche und genderbezogene Missstände auf und zerstört gängige Rollenbilder und Klischees über vermeintlich naturgegebene weibliche Etikette. Amüsiert reagierte Epperson zum Beispiel auf die erneute Einladung eines Radios: »I can’t believe they’ll have me back after i confessed on air to pissing in a local public park last time…» – nur um dann wieder für mehrere Wochen von der Bildfläche zu verschwinden, um die Farm einer Freundin in Montana zu verwalten.
Nur selten dürfte man sie in einer Ruhephase erwischen, energetisch prescht sie von Projekt zu Projekt. Erstaunlich, wie viel Ehrgeiz und Liebe zum Detail dennoch in ihrem Album Slowdown steckt. Hier hat sie sich ganz dem Titel entsprechend mit Akribie und Entschleunigung ihrem vielleicht bisher wichtigsten Projekt gewidmet. Slowdown darf sogar ohne Zweifel als Eppersons persönliches Meisterwerk bezeichnet werden, Ergebnis und Krönung einer aufwühlenden Zeit mit unzähligen Konzerten und Festivals. Im Gegensatz zur hohen Frequenz der letzten Monate widmet sie sich mit dem neuen Album folgerichtig erstmal auch weit weniger Bühnen, dafür so besonderen wie der Elbphilharmonie in Hamburg oder dem Silent Green in Berlin.
Beginn:
20 Uhr
Tickets:
In der »Only Hut«-Reihe verzichten wir bewusst auf Eintritt, um niederschwelligen Zugang für jede/n zu Kultur und Musik zu ermöglichen. Während 1- 2 Hutrunden bestimmt du deinen Eintrittspreis selber – je nachdem wieviel dir der Abend wert war und wieviel du aufbringen kannst. Dabei ist es uns wichtig darauf hinzuweisen – das hier Acts auf der Bühne stehen – die von ihrer Arbeit leben wollen und sollen. Ein solch hochwertiges Programm funktioniert nur mit eurer Wertschätzung.
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