14.01.2011juliapolten
Konzerte in der Viertelbar
Sonntag Abend, 19:20 Uhr. Ich gehe die wohlbekannten Stufen hinauf, die Tür öffnet sich heute etwas schwerfällig. Ein seltener Anblick eröffnet sich, denn ich kann die gesamte Bar überblicken. Normalerweise ist die Viertelbar in der Luisenstraße abends dicht gepackt mit Menschen, die sich angeregt unterhalten, dazu ein Bier oder einen Wein trinken und ein Durchkommen ist nur über freundliches Drängeln möglich. Heute sind alle Tische unbesetzt, an der Theke zur Linken stehen ein paar junge Männer, die sich auf den Weg nach draußen begeben, als ich eintrete.
Ich gehe einmal bis in den hinteren Bereich durch, schaue, ob das Konzert, zu dem ich hier bin, vielleicht schon gelaufen ist und ich alles verpasst habe. Der Raucherbereich ist umgeräumt, dunkle tiefe Sofas stehen in Kinosaalmanier in drei Reihen, dem kleinen Podest zugewandt, auf dem ein Barhocker hinter einem Mikrofon steht. Links an der Wand liegt eine Gitarrentasche, auf einem Ständer steht eine Halbakustik. Gut, ich bin nicht zu spät. Dann beginnt das Konzert wohl um 20 Uhr, denke ich mir, Zeit, noch ein wenig zu lesen. Ich gehe wieder nach vorn und erneut tausche ich mit den Jungs einen Blick, als ich mich vorn im Fenster an den hohen Tisch setze. Kim, der Kellner, kommt zu mir, lächelt und fragt, was er mir bringen darf – ein Tee scheint mir in der Kälte angebracht. Gut, dass sie nur draußen herrscht und es hier angenehm warm ist.
Während ich lese, kommen immer wieder kleine Menschentrauben hinein, begrüßen herzlich die Jungs an der Bar und gehen dann nach hinten durch. Ich stelle mir vor, wie sie sich in den Couches zurücklehnen, sich eine Zigarette anzünden und sich die Zeit bis zum Beginn mit einem guten Gespräch vertreiben. Gegen kurz nach neun sagt Kim dem Musiker, der mit Freunden an der Bar steht, dass er anfangen kann, wann ihm danach ist. Ich begebe mich in den hinteren Raum, wähle die letzte Reihe und fläze mich ins Dunkel. Ich versinke in der Couch, sie ist furchtbar gemütlich, sodass ich es kaum abwarten kann, dass das Konzert beginnt.
Die Bühne ist wirklich recht klein, drei bis vier Quadratmeter Holzdielen. Sie ist nicht erleuchtet und schmiegt sich in den Raum. Eine ausgeglichene Geschlechterverteilung im Publikum und doch habe ich den Eindruck, es seien mehr weibliche Zuschauerinnen anwesend. Vielleicht liegt es daran, dass die meisten Männer seine Kumpels zu sein scheinen.
Er beginnt mit dem ersten Stück, satter Gitarrenklang zu einer Stimme, die an die guten Rockröhren erinnern lässt, sich heute jedoch den gefühlvollen Balladen verschrieben hat.
In der Dunkelheit leuchten ab und an qualmende Glühwürmchen auf, die Silhouetten der Köpfe nicken im Rhythmus seiner Handbewegungen, betrachten ihn, wie er sich emotional entlädt. This is the way I am…I’m always me…
Er zieht die Schultern hoch, das Ursprungsgefühl hinter den Zeilen noch immer präsent. Seine Augen sind geschlossen, er kneift sie zusammen. Sometimes, there’s just one way…
Wie sich die Gitarrenklänge in den Rauchschwaden verdichten und den gesamten Raum erfüllen, so breitet sich ein warmes Gefühl des Treiben-Lassens in mir aus. Seine Lieder nehmen Besitz der Zuschauerfüße ein, sie lassen sie wippen und im Takt schlagen. Er covert ein paar Stücke von anderen Musikern und gibt ihnen seinen eigenen Klang.
Der Kellner hält zwischen den Nummern Ausschau nach Getränkewünschen, leise bringt er frische Biere und nimmt die leeren Gläse wieder mit. Der Applaus ist warmherzig und das gute Gefühl eines schönen Abends begleitet mich nach Haus.
Zur Viertelbar
Zum Künstler: Thorsten Willer
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