17.06.2012Wilma Schrader
Jonathan Meese bei der Wuppertaler Literatur Biennale
Das Enfant Terrible der deutschen Gegenwartskunst Jonathan Meese gilt als Ausnahmekünstler. Seine Werke hängen in den großen Museen der Welt, wie dem Centre Pompidou in Paris oder dem Städel Museum in Frankfurt und sind Bestandteil einer Reihe von berühmten Sammlungen. Immendorf hat ihn kurz vor seinem Tod zu seinem legitimen Nachfolger ernannt.
Meese zeichnet sich jedoch nicht nur durch seine bildnerischen Arbeiten aus, sondern findet besonders viel mediale Aufmerksamkeit durch seine provokanten Auftritte. Er will die „Diktatur der Kunst“ errichten und verfasst dafür Manifeste. Seltsam verschrobenes Vokabular ist sein Markenzeichen. In seinen Auftritten redet er von „Ich-Sau-Gesellschaften“, von „versachlichter Führung“, von „vogelfreiester Totalherrschaft“. Er bezeichnet sich als „Erzsoldat“, seine Mutter als wichtigsten Verbindungsmann“ zur „Diktatur der Kunst“ und skandiert Sätze wie: „Kunst rufe, wir folgen“.
Meese will spielen und zwar mit allem, was dem politisch-korrekten Deutschen zuwider ist und dabei ist er laut, anstrengend und widersprüchlich. Er gibt den wilden Mann, tritt aber immer gepflegt, ordentlich gekämmt und sorgfältig schwarz gekleidet auf. Das hat Methode. Meese ist wild gewordener Kunstzirkus, an dem sich die bürgerliche Welt abarbeitet, wie neulich noch, als er im Spiegel-Interview die gerade angelaufene Dokumenta als „Dünnpfiff“ diffamierte und Kunststudenten als „Hämorrhoiden im Arsch des Staates“ bezeichnete. Daraufhin steuerte ein erboster Zuhörer auf ihn zu und fegte die vor ihm stehenden Gläser vom Tisch. Seine Auftritte erinnern manchmal an Kinski oder an Helge Schneider, an Schlingensief oder Bazon Brock, seine Arbeiten an den großen Anselm Kiefer, er ist ein Eulenspiegel, Berserker, ein böser weißer Clown, Hofnarr, ein Dadaist – und fasziniert damit den etablierten Kunstbetrieb.
Die wenigen, relativ jungen Besucher von 1 Live Clubbing erlebten einen Meese, der sich zumindest den Anschein gab, als wolle er die Fragen des Moderators Mike Litt beantworten. Immer dann, wenn Litt versuchte listige Fragen zu stellen, beispielsweise ob das Urheberrecht noch ein Problem sei nachdem die Diktatur der Kunst herrsche, verweigerte Performer Meese die Antwort. „Natürlich nicht“, konterte Messe, um dann seine immer ähnlichen Litaneien von „versachlichter Autorität“, „Diktatur der Kunst“ und von „mickrigen Ich-Mönchen“ abzuspulen. Spätestens da wurde deutlich, dass der Meese Kosmos ein flacher, eindimensionaler ist und wenig mehr als eine – allerdings extrem erfolgreiche – PR-Kampagne seiner selbst. Das ist nicht verboten und passt perfekt in die Meese-Welt der Widersprüche. Die kann, für den der gerne böse große Kinder mag sicher auch unterhaltsam sein.
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen