05.06.2012

Revolutionär, Pazifist, prekäre Existenz – Bürgerliche Freiheiten, made in Wuppertal

Der Schauspieler Rolf Becker liest im Rahmen der Wuppertaler Literatur-Biennale Texte von Friedrich Engels, Armin T. Wegner und Else Lasker-Schüler.

Rolf Becker. Der Vater von Ben und Meret Becker versteht sich ausdrücklich als politisch engagierter Künstler. Foto: Joscha Jenneßen

„Freiheit!“: Das ist das übergreifende (und hochaktuelle) Thema von Wuppertals erster Literatur-Biennale. Freiheit, so wie wir sie heute verstehen und leben, ist eine durch und durch bürgerliche Angelegenheit. Ihre Kraftquellen sind die Ideen der Aufklärung und die französische Revolution von 1789. Daraus formte sich im 19. Jahrhundert ein Freiheitsverständnis, das aber nicht nur die Emanzipation von staatlichen Zwängen und religiöser Bevormundung meinte, sondern auch die Freiheit zu kapitalistischer Ausbeutung bedeutete. Niemand hat dieses Doppelgesicht der Freiheit besser erkannt und schärfer analysiert als Friedrich Engels (1820-1895).

Engels, der Fabrikantensohn aus Barmen, Armin T. Wegner (1886-1978) und Else Lasker-Schüler (1869-1945) – alle drei aus dem Wuppertal verbindet ihre Herkunft aus wohl situierten bürgerlichen Verhältnissen. Ohne dieses bürgerliche Milieu sind ihre Energie, Willenskraft und Kreativität nicht zu begreifen. Dennoch haben die drei die besonders in Deutschland gewachsene Tradition der bürgerlichen Freiheit – Ruhe vor dem Staat und Kultivierung der Privatsphäre – ordentlich gegen den Strich gebürstet: in Texten gegen religiöse Verdummung und gegen die Bourgeoisie, durch aktives Eintreten für Menschenrechte und gegen den Krieg und als gelebte Vision einer radikalen künstlerischen Individualität – um den Preis der Existenzgefährdung.

Der Schauspieler Rolf Becker, bekannt durch Gastauftritte in fast allen deutschen TV-Krimiserien, durch Rollen in zeitkritischen Fernsehfilmen und als vielbeschäftigter Synchronsprecher, wird diesen Texten seine markante Stimme leihen. Er rezitiert aus den „Briefen aus dem Wuppertal“ von Engels und aus dem „Kommunistischen Manifest“, aus kaum bekannten Zeitungsberichten über den einzigen Leseauftritt von Else Lasker-Schüler in ihrer Heimatstadt und aus dem unveröffentlichten Roman „Die Austreibung“ von Armin T. Wegner. Aus diesem Roman, in dem es um den Völkermord an den Armeniern und ein politisches Attentat geht, ist noch niemals öffentlich gelesen worden. Die Rezitation Rolf Beckers ist also eine Art „Uraufführung“.

Die Lesung findet statt im gediegenen Ambiente des Gesellschaftshauses „Concordia“. An diesem außergewöhnlichen Ort, der lange Zeit der wichtigste Schauplatz bürgerlicher Kultur in Barmen war, kommen die Texte der Drei aus dem Wuppertal auf besonders reizvolle Weise zur Geltung. Dazu spielt Josef Anton Scherrer Klavierstücke des „konservativen Revolutionärs“ Arnold Schönberg. Moderation: Dr. Andreas Meier, Bergische Universität Wuppertal

Termin/Ort: Sonntag, 10. Juni 2012, 17.00 Uhr, Gesellschaftsthaus „Concordia“, Werth 46-50, Wuppertal-Barmen

Eintritt: 6 € / 3 €

Weitere Informationen: www.wuppertaler-literatur-biennale.de

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