15.10.2018Andreas Posting
„Sachor – Erinnere dich“ – Ein Gedenkkonzert
Vor 80 Jahren brannten im damaligen Deutschen Reich über tausend Synagogen. Fanatische Nationalsozialisten brachen in Geschäfte jüdischer Inhaber ein, überfielen jüdische Familien in ihren Wohnungen, demütigten und misshandelten sie. Mobiliar wurde demoliert und gestohlen. Die Polizei verhaftete jüdische Männer zu Hunderten und verschleppte sie in Konzentrationslager. Mit dieser als „Vergeltungsaktion“ inszenier- ten Gewalt spitzte sich die Lage der Juden in Deutschland zu. Jüdische Eltern gerieten in Panik, weil offensichtlich wurde, dass es für ihre Kinder keine Zukunft in Deutschland geben würde. Völlig eingeschüchtert suchten die Menschen nach Möglichkeiten, in das rettende Ausland auszuwandern.
Musikalisch orientieren sich die Werke am Geschmack ihrer Zeit. Sie sind geprägt von den Einflüssen evangelischer Kirchenmusik vor allem Mendelssohns und entsprechen den Vorlieben eines bürgerlichen Publikums: Die Musik und ihre Darbietung hatten prächtig und großartig zu sein, wohlklingend und selbstbewusst. Dass sich diese Ansprüche auch jüdische Komponisten zu eigen machten, ist mehr als nur eine Randerscheinung, denn die neue Ausgestaltung des jüdischen Gottesdienstes entsprang einem Reformbedürfnis nach Ästhetisierung, nach Andacht, Erbauung und Ergriffenheit.
Zur Erinnerung an die so genannte „Reichs-Kristallnacht“ und ihre Opfer gibt es in Wuppertal ein ungewöhnliches Konzert. Auf dem Programm stehen u.a. Kompositionen synagogaler Musik von Hermann Zivi (1867- 1943), der von 1898 bis 1928 Kantor und Oberkantor der jüdischen Gemeinde Elberfeld war, Musik der berühmteren Komponis- ten Louis Lewandowski, Salomon Sulzer und Max Bruch sowie Lesungen von Texten.
Dazu gehörte auch – und das mag heute befremdlich erscheinen – eine nahezu grenzenlose Vaterlandsliebe und tiefe Dankbarkeit gegenüber Deutschland und seinen Herrschern. Huldigungspredigten zu „Kaisers Geburtstag“ wurden nicht nur in den Kirchen erwartet, sondern waren auch in den Synagogen üblich. Den 1. Weltkrieg begrüßten die deutschen Juden als Chance, ihre endlich gewonnene vollständige Gleich- berechtigung als Soldaten zu beweisen. Vor diesem Hintergrund ist nachzuvollziehen, dass Hermann Zivi es als Ehre empfinden musste, 1910 mit der Komposition der „Fest-Hymne“ für die Dreihundert-Jahr-Feier der Stadt Elberfeld beauftragt zu werden. Heute könnte dieses Werk Anlass zum Schmunzeln sein. Aber vor dem Hintergrund der Katastrophe wenig später ist es das Dokument eines tragischen Irrtums, der unendlich traurig machen muss. (Dr. Ulrike Schrader)
Mitwirkende dieses Gedenkkonzertes, das am Sonntag, 11. November 2018 um 17 Uhr in der Friedhofskirche Wuppertal-Elberfeld, Hochstraße, stattfindet, sind:
Der Konzertchor der Volksbühne Wuppertal
Stefan Starnberger, Orgel-Begleitung
Andreas Elias Post, Bariton
Jakob Schatz, Violine
Philipp Schepmann, Lesungen
Leitung und Orgel: Thorsten Andreas Pech
Der Eintritt ist frei, ein Spende am Ausgang ist für die Arbeit der Begegnungsstätte „Alte Synagoge“ bestimmt. Die Friedhofskirche wird ab 16 Uhr geöffnet. Aufgrund der Größe der Veranstaltung wird um rechtzeitige Platzeinnahme gebeten. Nutzen Sie vornehmlich die öffentlichen Verkehrsmittel (Buslinien 603,613,628,647), da der Parkraum sehr begrenzt ist.
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