Von Urban Gardening bis zur Tanztheater Akademie – Ideen für das Schauspielhaus

Am 1.3. begann die öffentliche Diskussion um das Schauspielhaus. Am 4.5. präsentierten Studenten der Bergischen Universität ihre Entwürfe zum Thema Umnutzung. Vergangenen Freitag fand im Opernhaus die Präsentation der Ideen von Wuppertaler Bürgern statt.

Vier von den 17 eingereichten Entwürfen konnten durch ihre Urheber in einer fünf-minütigen Präsentation selbst vorgestellt werden. Obwohl erst zwei Tage vor der Veranstaltung öffentlich dazu eingeladen wurde, trotz Wochenende und Ferienbeginn, kamen rund 80 Besucher. Kulturdezernent Matthias Nocke, Dr. Hans Uwe Flunkert (Gebäudemanagement) und Enno Schaarwächter (Wuppertaler Bühnen) begleiteten die Veranstaltung.

Der Markt der Möglichkeiten – Urban Gardening
Als Vertreter des Vereins „Neue Arbeit – Neue Kultur“ stellte Dieter Hoffmann das Konzept „Transition – den Übergang gestalten“ vor. Danach befindet sich Wuppertal in einem grundlegenden Wandlungsprozess mit ungewissem Ausgang. Der Verein will den gedanklichen Ansatz des Philosophen Frithjof Bergmann – dass Wachstumszwänge abgebaut werden können, wenn gemeinsames Arbeiten selbstbestimmter organisiert und stärker auf die Selbstversorgung und regionale Kreisläufe ausgerichtet wird – mit seinem Projekt rund um das Schauspielhaus erproben. Das Nutzungsvakuum soll mit Themen rund um das urbane Gärtnern, Gartenkunst und Selbstversorgung gefüllt werden. Ein „Markt der Möglichkeiten“, ein „Zentrum für einen offenen Innovationsprozess innerhalb der Stadt“ soll entstehen. Nicht nur die technische Lösung der Klimaprobleme soll im Mittelpunkt stehen, sondern auch die soziokulturelle.

Armin Brost während seines Vortrages

Kulturhauptstadt des bergischen Landes
„Das was da ist retten“, in seinem detaillreich ausgearbeiteten Ideenpapier rechnete Armin Brost vor, wie alles „beim Alten“ bleiben könnte. Die Rettung des Schauspielhauses und des Wuppertaler Schauspiels ist nach seinem Konzept ein Rechenexempel und in einer konzertierten Aktion möglich. Alle Wuppertaler sollen dafür zahlen: der Einzelhandel, die ortsansässige Industrie, die Banken und die erwerbstätige Bevölkerung. Sein 3 Phasen Modell mündet 2020 in einer Bürgerstiftung „Wuppertaler Kulturbesitz“ die den Betrieb langfristig sichern soll.

Bildungs- und Kulturkubus Kluse
Der Vorschlag von Niels Gerrit Groß wurde in einer Powerpointpräsentation vorgeführt. Weil der Ideengeber selbst nicht anwesend sein konnte, lief sie stumm ab. Groß siedelt in seiner Ideensammlung die gesamte Kultur und Bildung die Wuppertal zu bieten hat im Schauspielhaus an: Von der Uni über das Tanztheater bis zur VHS sind alle vertreten. Auch Verkaufsfilialen der Sparkasse, Buchhandlungen und des Musikalienhandels sind für ihn im Schauspielhaus vorstellbar. Vormittags Vorlesungen, nachmittags Volkshochschulkurse, abends Theater – auf diese Weise wäre das Haus nahezu rund um die Uhr ausgelastet.

Schauspiel für Senioren
Es folgte Dorothea Doss, die noch einmal die „guten alten Zeiten“ hoch leben ließ. Sie habe sich mit Freunden und Bekannten schon eine Stunde vor Beginn der Vorstellung im Schauspielhaus getroffen. „Das Schauspielhaus war ein gemütlicher Ort“ erzählte sie, die Gastronomie sei hervorragend, die Abende dort immer ereignisreich und besonders für Senioren schön gewesen: „wie doch das ganze Thema Schauspiel eher etwas für die Älteren sei. Darauf möge man doch bitte bei der Programmgestaltung achten,“ appellierte sie an die Anwesenden und fügte abschliessend hinzu: „Das Schauspiel und das Schauspielhaus gehört in städtische Hände.“

Das Tanztheater Pina Bausch kommerziell vermarkten
Eine etwas andere Sicht der Dinge vertrat ein brasilianischer Zuhörer. Er brachte seine Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass in Wuppertal so tief gestapelt würde. „Wahrscheinlich kann man in einer Stadt die einen Schatz beherbergt nicht sehen, was für einen Wert er hat.“ Er habe erlebt wie die Menschen bei Auftritten des Tanztheaters in Brasilien ins Theater geströmt seien, und welche Preise sie dafür gezahlt hätten. Man müsse größer und kommerzieller denken. Aus seiner Sicht dürfte es für einen Investor kein Problem sein, Schauspielhaus und das Tanztheater Pina Bausch in einer Tanztheater-Akademie auch finanziell erfolgreich zu vermarkten.

Im Anschluss an die Beiträge referierte Matthias Nocke die restlichen Vorschläge. Die reichten vom Einzug des Fuhlrottmuseums in das Schauspielhaus bis zur Schaffung eines Wuppertaler Filmstudios. In den nachfolgenden Diskussionen reagierte das Publikum unterschiedlich. Einer wähnte das Haus rhetorisch schon abgewickelt und führte als Begründung an, dass in verschiedenen Publikationen der Stadt das Schauspielhaus nicht mehr auftauche. Ein anderer will die Konzerte der Waldbühne ins Schauspielhaus verlagern und dafür die Waldbühne als Sportareal umnutzen.

Die Mehrzahl der Wortmeldungen liefen darauf hinaus, dass die Stadt nicht aus der Verantwortung für das Schauspielhaus entlassen werden dürfe. Man befürchtete eine Kommerzialisierung des Angebotes. Während Nocke und Flunkert immer wieder die finanziellen Hürden durch Sanierungsstau, Baurecht oder Brandschutz bei einer Umnutzung beschrieben und das Haus hauptsächlich als Problem darstellten, forderte das Publikum mehr Mut und selbstbewusstes politisches Handeln. „Wuppertal dürfe sich in den Köpfen nicht immer als Zwischenstadt verorten. Das sei politischer Quark.“ Mit Pina Bausch habe Wuppertal einen Schatz zu hüten und beheimate etwas Einzigartiges was keine Stadt der Welt vorzuweisen habe, weder Düsseldorf noch Essen. Der Redner bezog sich dabei auf einen Satz von Matthias Nocke der die Folkwangschule in Essen und das Tanzhaus NRW in Düsseldorf angeführt hatte und darauf verweisen wollte, dass es in der Region schon zu viel Tanz gäbe, als das man damit noch erfolgreich sein könnte. Nocke wies den Vorwurf des mangelnden Mutes entschieden zurück und berichtete, dass mit Salomon Bausch wegen des Pina Bausch Archivs verhandelt werde, dass auch die Idee des Tanzhauses weiter verfolgt würde, es aber keinesfalls ausreiche, wenn nur das Tanztheater das Schauspielhaus mit 30 Auftritten im Jahr bespielen würde. Es würden im Hintergrund die unterschiedlichsten Konzepte verfolgt und Gespräche geführt, aber Wuppertal habe sicher nicht zu wenig Orte, um Schauspiel statt finden zu lassen. Eher das Gegenteil sei der Fall: Von der Stadthalle über die Hako Arena, bis zum Barmer Bahnhof, von der Börse bis zum Haus der Jugend, seiner Meinung nach überfordere die Stadt sich eher mit ihrem Kulturangebot.

Erst auf Nachfrage aus dem Publikum wie es denn nun weiter gehe und ob die Wuppertaler Bevölkerung weiterhin an der Ideenfindung beteiligt werden soll, gab Nocke die ausweichende Auskunft, dass der Rat in der zweiten Jahreshälfte über das Thema entscheiden werde, dass die Ergebnisse aus der Bürgerbefragung in die Entschlussfindung einbezogen würden und dass es selbstverständlich weiterhin möglich sei, sich an der Diskussion zu beteiligen. Wie das geschehen soll, ließ er offen. Auch der Schlusssatz von Enno Schaarwächter verunsicherte und eröffnete neue Fragen. Er wünschte allen wunderbare Ferien, kündigte die Saisoneröffnung mit dem Theaterfest am 16 .9. an und verabschiedet sich mit den Sätzen: „Theater wird es immer geben. Solange wir das als „Wuppertaler Bühnen“ tun, wollen und werden wir das engagiert betreiben.“ Gibt es demnächst also Schauspiel ohne die „Wuppertaler Bühnen“ ?

Kaum eines der Konzepte war – bis auf das Statement von Dorothea Doss – in 5 Minuten Redezeit darstellbar. Bei Interesse können sie auf wuppertal.de weiterhin nachgelesen werden.

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