60 Jahre aktiv für andere

Ob in der CityKirche oder in der Gemeinde Heckinghausen: Das FSJ ist auch nach 60 Jahren noch beliebt. Aber seine Zukunft ist ungewiss.


Ob in der Elberfelder CityKirche oder der Gemeinde Heckinghausen: Das FSJ ist auch nach 60 Jahren noch beliebt. Doch seine Zukunft ist ungewiss.

Stühle stellen, sich um die Veranstaltungstechnik kümmern, Ansprechpartner für Gäste sein, die CityKirche digital begleiten: Bennet Lackamp hat gut zu tun in seinem FSJ. Seit Januar unterstützt er CityKirchen-Pfarrerin Simone Pries bei ihren täglichen Aufgaben.

„Nach dem Abitur wollte ich nicht direkt mit einem dualen Studium der Informatik beginnen, sondern zuerst noch Erfahrungen im kirchlich-sozialen Bereich machen“, erzählt der 19-jährige FSJler. „Die Arbeit in der CityKirche ist total abwechslungsreich. Von Podiumsdiskussionen über Konzerte bis zu Friedensgebeten und Gottesdiensten reichen die Veranstaltungen, die von unterschiedlichen Leuten besucht werden. Es macht Spaß, so viele verschiedene Themen und Menschen zu treffen.“

18.000 Freiwillige in NRW

Auch 60 Jahre nach seiner Einführung in Deutschland ist das Freiwillige Soziale Jahr noch sehr beliebt bei jungen Menschen. Etwa 18.000 machen es in NRW, rund 2.000 werden dabei von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe (Diakonie RWL) begleitet. Dazu gehört nicht nur Bennet Lackamp, sondern auch Ferdinand Rinklebe. Er arbeitet seit Oktober im Sozialcafé der Gemeinde Heckinghausen.

Ferdinand Rinklebe und Katja Spitzer im Sozialcafé der Gemeinde

Für ihn ist das FSJ eine gute Vorbereitung auf den Einstieg ins Berufsleben. „Ich wollte was Soziales machen und besser in den Umgang mit Menschen kommen. Einfach rumzuhängen oder zu jobben, kam für mich nicht in Frage. Außerdem habe ich so Zeit zu überlegen, was ich als nächstes mache“, erzählt er. Hier geht’s zum Artikel aus Heckinghausen

Verlässlichkeit – dank der Hilfe der Freiwilligen

„Wir hatten in den vergangenen Jahren immer Freiwillige“, sagt Katja Spitzer, die das Haus für Heckinghausen mit dem Sozialcafé leitet. „Ohne sie würde die Verlässlichkeit fehlen, weil wir nicht durchgehend geöffnet haben könnten, sondern einen Tag schließen müssten.“

Diese Verlässlichkeit ist vor allem für die vielen älteren Besucher des Cafés wichtig: „Für einige von ihnen ist das Café ein zweites Zuhause. Einige Demenzkranke schaffen es gerade noch, zu uns zu kommen. Das gibt ihrem Alltag eine wichtige Struktur.“ Im Sozialcafé gibt es an jedem Tag ein günstiges Mittagessen und ein Angebot am Nachmittag.

Auf der anderen Seite würden natürlich auch die jungen Leute in ihrem Freiwilligen Sozialen Jahr „ganz viel mitnehmen“, so Spitzer: „Für sie ist es wichtig zur Persönlichkeitsentwicklung. Außerdem versuchen wir als Gemeinde Werte zu vermitteln.“

Neue Erfahrungen mit dem FSJ

In der CityKirche ist Bennet Lackamp dagegen der erste Freiwillige. „Ich bin sehr zufrieden mit der Idee, hier auch ein FSJ anzubieten“, sagt Pfarrerin Simone Pries. „Es ist eine echte Erleichterung für uns alle, dass Bennet bei Veranstaltungen mitanpackt und immer ansprechbar für die Gäste ist. Zudem interessiert er sich sehr für Technik, was ein echter Glückfall ist.“

Bennet Lackamp an seinem Lieblingsplatz in der CityKirche

In seiner Gruppe bei den Freiwilligendiensten der Diakonie RWL engagiert sich der FSJler als Kurssprecher. „Uns ist es wichtig, dass dieses tolle Angebot, ein Jahr lang Erfahrungen im sozial-diakonischen und kirchlichen Bereich machen zu können, erhalten bleibt“, betont er. Mit gutem Grund: Selten war das FSJ von so starken finanziellen Einsparungen betroffen wie im Jahr seines 60-jährigen Bestehens.

Jede dritte Stelle ist gefährdet

Durch die vom Bund für 2025 geplanten Kürzungen droht beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) jede dritte Stelle wegzufallen. Der Bundeshaushalt sieht beim FSJ Mittelkürzungen von rund 30 Prozent und von mindestens 25 Prozent beim Bundesfreiwilligendienst (BFD) vor. Hinzu kommt, dass die Landesregierung in NRW keine Mittel für Sozialversicherung und Taschengeld bereitstellt.

„Die Freiwilligendienste sind ein Erfolgsmodell, das die soziale Arbeit stärkt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt festigt“, sagt Mathias Schmitten, Leiter des Zentrums Freiwilligendienste der Diakonie RWL. Einrichtungen, die mit Freiwilligen arbeiteten, machten bessere Arbeit, ist er überzeugt. „Nötig ist aber mehr Engagement von Bund und Land.“

Bennet Lackamp möchte im 60-jährigen Jubiläumsjahr vor allem für einen Freiwilligendienst in Kirchen und Gemeinden werben. „Viele Jugendliche wissen gar nicht, dass sie hier sehr willkommen sind“, sagt er. „Über meine Rektorin habe ich erst erfahren, dass ich in der CityKirche ein FSJ machen kann. Darauf sollten mehr Schulen hinweisen.“

FSJ

Am 29. April wird das Freiwillige Soziale Jahr 60 Jahre alt.
Mit rund 2.000 Freiwilligen und über 4.000 Einsatzplätzen in allen sozialen Arbeitsfeldern ist die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe der größte evangelische Träger von Freiwilligendiensten in Deutschland. Die Teilnahme ist unabhängig von Schulbildung, Konfession oder Weltanschauung. Neben der Arbeit in der Praxis unterstützen wir die persönliche Weiterentwicklung und die Zukunftschancen bei der beruflichen Orientierung mit einem anspruchsvollen Bildungsprogramm. 90 Prozent unserer Freiwilligen empfehlen ihre Einsatzstelle weiter, 50 Prozent wählen später eine Ausbildung oder Arbeit im sozialen Bereich.

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