13.12.2016Ute Latzke
Architektur: Wi(e)der die Unken
In Wuppertal tut sich endlich was, die B7 wird bald fertig und das neue Areal um den Döppersberg nimmt Gestalt an – wenn auch der Investorenkubus inkl. Primark weiterhin die Gemüter erhitzt. Und auch an anderen Stellen Wuppertals geht es voran. So auch im Briller Viertel, das laut Wikipedia zu den größten gründerzeitlichen Villengebieten Deutschlands zählt. Hier neu zu bauen, ist ein sensibles Thema – wegen hoher Auflagen vom Denkmalamt und grundsätzlich: Die Viertelbewohner schreien hier generell Zetermordio, wenn Neubaupläne laut werden, Tenor: „Passen nicht hierher!“ Aus.
Besonders erhitzten sich die Gemüter beim Neubau eines Mehrfamilienhauses der Niederländisch-reformierten Gemeinde, das im Herbst 2016 fertiggestellt worden ist. Vielmehr war es ein „Gemüt“, das kochte, und zwar das des Anwohners aus dem Haus Nr. 98 auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Westdeutsche Zeitung (WZ) zitierte O. von Blomberg in dem Beitrag „Gemeinde baut – nicht allen gefällt’s“ mit: „Das Briller Viertel wird verschandelt“, außerdem könne er nicht verstehen, dass „dafür eine Baumreihe gefällt werden muss“. Diese Empörung wirkt scheinbar berechtigt. Gerade auch dann, wenn die WZ einige Monate später im Bericht „Bauprojekte im Briller Viertel wachsen“ ein anschauliches Foto des mausgrauen Rohbaus veröffentlicht. Es liegt aber in der Natur der Sache, dass solche Vorstufen von Gebäuden einfach mies aussehen!
Tatsächlich präsentiert sich jetzt nach der Fertigstellung ein gelungener Neubau. Bei dem Entwurf sind Gestaltungselemente der umgebenden und gegenüberliegenden Gründerzeithäuser aufgenommen und angemessen in moderne Architektur übersetzt worden. Es wirkt geradezu so, als hätte das Haus schon immer dort gestanden. Das sehe übrigens nicht nur ich so: Bei einem Spaziergang durch die Katernberger Straße mit mehren älteren Herrschaften äußerten diese unaufgefordert: „Das ist aber schön geworden, passt richtig gut, zu den anderen alten Häusern“. Chapeau!
Und was die ungebührliche Baumrodung betrifft: Längst sind um das Gelände vor dem Haus wieder kleinere Bäume bzw. Hecken angepflanzt worden. Jetzt heißt es Geduld haben, die müssen erst wachsen! Und: Der erzürnte Bewohner aus Nr. 98 schaut nun anstatt auf eine zuvor komplett geschlossene, viel zu eng bewachsene Baumreihe weit bis auf die Kaiserhöhe. Den Anwohnern der Häuser weiter oben wie Nr. 100 und folgende bietet sich gar ein fantastischer Panoramablick bis hin zu den Südstadthöhen inklusive Wuppertaler Uni.
Auch das Facelift an der Katernberger Straße 100 durch die Betreiber der Galerie Droste ist gelungen. Jetzt hat das ehemals leerstehende Bürohaus aus den 60ern neue bodentiefe Fensterfronten, die einen Blick auf laufende Ausstellung gewähren und eine optisch ansprechende Holzverkleidung. Passt hierher, ganz bestimmt!
Es kommt eben darauf an, wie etwas realisiert wird. Vielleicht sollten die lokalen Unken einfach einmal die Fertigstellung eines Bauvorhaben abwarten (sic! Döppersberg). Und dann später auch einmal offen zugeben oder einlenken, dass etwas gut geworden ist! Doch das passiert leider in Wuppertal eher selten…
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