Das Wuppertaler Polizeipräsidium – Haus der 1000 Geschichten

Das Polizeipräsidium trägt den Beinamen „Das Haus der 1000 Zimmer“. Viele Bürger wissen nicht, welche historische Rolle es im Städtedreieck und seiner Umgebung gespielt hat.

Fenster im Treppenhaus des Polizeipräsidiums. Das Hakenkreuz unter dem Adler wurde nach dem Krieg entfernt.

Vor allem während der NS-Zeit sowie unter der Britischen Besatzung und zur Zeit der Redemokratisierung Deutschlands spielte es eine zentrale Rolle, wie Michael Okroy, freier Mitarbeiter der Begegnungsstätte Alte Synagoge Wuppertal, im Rahmen einer gutbesuchten Führung berichtet.

Der Rundgang beginnt im Festsaal Raum 300. Ein historischer Ort. Hier wurde unter anderem im Jahr 1946 Robert Daum zum Wuppertaler Oberbürgermeister gewählt. Das Polizeipräsidium ist somit auch ein Ort, wo Demokratie gelebt wurde und wird. Das Prinzip des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung fand dort erneut seine Anfänge, nachdem es jahrelang als zentrale Funktionsstätte der Nationalsozialisten gedient hatte.

Das „Haus der 1000 Zimmer“.

Seit die Nationalsozialisten 1939 in den Neubau eingezogen waren, fungierte es als Polizeibehörde für Wuppertal, Remscheid und Solingen sowie mehreren Nachbargemeinden. Außerdem befanden sich in dem im klassizistischen Funktionsstil erbauten Gebäude der lokale Sicherheitsdienst der SS und die Außenstelle Wuppertal der Staatspolizei Düsseldorf für das bergische Städtedreieck.

Nachdem die Briten das Gebäude umgehend nach dem Krieg okkupiert hatten, diente es den Alliierten als zentraler Handlungsort und war mit seinen rund 100 Haftzellen Internierungslager für NS-Funktionäre.

Flur im dritten Stock. Wo heute die Polizei eines demokratischen Staates arbeitet, wurden einst Verfolgte des NS-Regimes drangsaliert.

Weiterhin war das Polizeipräsidium seit Ende 1945 Ausweichquartier für das zerbombte Wuppertaler Rathaus. Fast sämtliche Ämter der Stadtverwaltung waren in ihm untergebracht. Dazu gehörten auch die lokale Entnazifizierungsbehörde und die Stadtkreispolizei.

Ab Oktober 1967 fand im besagten Festsaal Raum 300 ein Massenmordprozess gegen ehemalige Angehörige eines NS-Ordnungspolizeibataillons statt. Das Wuppertaler Polizeipräsidium ist ein Ort, an dem die Entwicklung Deutschlands von einer Diktatur zur Demokratie zu erkennen ist. Die einstigen Regenten des Gebäudes wurden Jahre später im selbigen verurteilt.

Die Wandgemälde spiegeln noch immer den Geist des sog. „tausendjährigen Reiches“ wider.

Wer Interesse an der Geschichte Wuppertals und der Rolle unser Stadt während der NS-Zeit und danach hat, sollte sich diese aufschlussreiche Führung nicht entgehen lassen. Noch heute sind die in Glas verewigten Wappen zu sehen, wo sich noch Spuren ehemaliger Hakenkreuze erahnen lassen.

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Fotos: Georg Sander

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Kommentare

  1. engola sagt:

    Erwähnen sollt man auch noch, daß die Rückverlagerung des Nazi-Gestapo-Gebäudes damals ein erster Prototyp für die Verbreiterung der ganzen Friedrich-Engels-Allee war. Die sollte nämlich gemäß Ideologie auf ganzer Länge zur ‚Paradestraße‘ verbreitert werden.

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