Die Einsamkeit und ihre Folgen

Das Thema Einsamkeit stand im Mittelpunkt des Empfangs zum Beginn des neuen Kirchenjahres mit dem Duisburger Telefonseelsorger Olaf Meier.

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Das Thema Einsamkeit stand im Mittelpunkt des Empfangs zum Beginn des neuen Kirchenjahres. Für den Impulsvortrag hatte Superintendentin Ilka Federschmidt den Duisburger Telefonseelsorger Olaf Meier eingeladen.

Gemeinsam statt einsam: So hätte das Motto beim Empfang des Kirchenkreises Wuppertal zum Beginn des neuen Kirchenjahres lauten können. Rund 100 Gäste aus Politik, Stadtgesellschaft und Gemeinden waren der Einladung von Superintendentin Ilka Federschmidt gefolgt, um sich auszutauschen, zu feiern und Gemeinschaft zu erleben. Im Mittelpunkt des Abends stand aber ein Thema, das vielen Mitarbeitenden der Kirche Sorgen bereitet: Laut Studien leiden viele Menschen in Deutschland unter Einsamkeit, insbesondere junge Menschen unter 30 Jahren.

Einsamkeit ist das Gefühl sozialer Isolation.

In der Telefonseelsorge ist Einsamkeit schon lange ein Hauptthema. Nur hätte das bis vor einigen Jahren wenig in der Öffentlichkeit interessiert, sagte der langjährige Leiter der Telefonseelsorge Duisburg Mülheim Oberhausen, Olaf Meier, in seinem Impulsvortrag (zum Download weiter unten). Doch das habe sich zum Glück geändert. „Auch Sie haben das Thema für heute Abend gewählt und damit aus der Ecke des Tabus geholt.“

Der Schmerz der Einsamkeit

Einsamkeit dürfe nicht mit Alleinsein oder Depression verwechselt werden, so Meier weiter. Es sei ein Gefühl sozialer Isolation, das auch in einer Partnerschaft und Gemeindegruppen empfunden werden könne. „Wie der Hunger Schmerz meldet und damit Alarm schlägt, dass zum Überleben bald Nahrung gefunden werden muss, so meldet Einsamkeit Schmerz und schlägt damit Alarm, dass zum Überleben bald wieder Anschluss an die Gruppe gefunden werden muss.“

Gespannt und konzentriert verfolgten die Gäste Olaf Meiers Vortrag.

Doch es reiche nicht aus, Menschen einfach den Rat zu geben, mal wieder in eine Bibelstunde oder einen Gottesdienst zu gehen. Einsamkeit sei oft mit Rückzug von Kontakten und der Angst vor Zurückweisung verbunden. Kleine Schritte seien notwendig, um aus der Einsamkeit wieder herauszufinden. „Für Menschen, die Einsame begleiten ist es wichtig, sich nicht durch Abwehr irritieren zu lassen, sondern in ihr den oft noch nötigen Schutz vor weiterer Zurückweisung zu sehen“, erklärte Meier.

Gehen Sie dem nach, wenn Menschen sich zurückziehen!

An das Publikum appellierte der Psychologe und katholische Theologe, Menschen nachzugehen, wenn sie sich zurückzögen. Denn Einsamkeit sei im Gegensatz zum selbst gewählten Alleinsein, um Kraft zu tanken und ab und an Beziehungsstress aus dem Weg zu gehen, krankmachend. „Wir Menschen sind auf Beziehung angelegt und brauchen lebenslang sozialen Konvoi.“

Die Faktoren der Einsamkeit

Doch es gebe verschiedene Faktoren, die Einsamkeit begünstigen, so Meier. Dazu gehörten neben einer individuellen Veranlagung, Trauer, Krankheit, Arbeitslosigkeit und Armut auch neue gesellschaftliche Entwicklungen.

Johannes Seidemann (Saxophon) und Jens-Peter Enk (Klavier) begleiteten den Abend musikalisch.

Die Globalisierung mit ihrem Anspruch an Flexibilität und Mobilität sei Gift für das Wachsen und Pflegen von Beziehungen. Die Individualisierung, Urbanisierung und Digitalisierung führten ebenfalls dazu, dass Menschen nicht mehr echte Nähe und „Empathie mit Haut und Haaren“ erlebten.

Nur in der Liebe und Religion wird das Angewiesensein auf Andere nicht negativ erlebt.

„Dabei sind wir Menschen eigenständig und zugehörig, unabhängig und angewiesen“, betonte Meier. In nur zwei Erfahrungsfeldern des Lebens werde dieses Angewiesensein auf andere nicht negativ erlebt, sondern positiv, bisweilen sogar als Geschenk – in der Liebe und in der Religion. „Weil der menschgewordene Gott bei mir ist, bin ich nicht allein.“

Trinität: Gott ist ein Wir

Das für eine Religion ziemlich Ungewöhnliche des Christentums sei sein Glaube an Gott als Dreifaltigen, führte der Psychologe und Theologe weiter aus. „Das heißt doch nichts anderes als: Gott ist kein Single, Gott ist kein Solo-Ich, sondern Gott ist von Anfang an und bis zum Ende ein Wir. Im Anfang ist Beziehung. Und am Ende ist Beziehung.“

Pfarrer Dr. Jochen Denker hielt die Andacht.

Ein Gedanke, den auch Pfarrer Dr. Jochen Denker, Synodalassessor des Kirchenkreises, in seiner Andacht aufgriff. „Die Trinität hat darin ihren Sinn, dass alles Leben Begegnung mit dem Anderen und mit Gott ist“, sagte er. „Der Mensch ist zum gemeinsamen Leben bestimmt und nicht als Ich-Individualist, sondern als Person geschaffen.“

Für seinen spannenden und dichten Vortrag erntete Olaf Meier in der CityKirche viel kopfnickende Zustimmung und am Ende langanhaltenden Applaus. Durch den Abend führten Superintendentin Ilka Federschmidt und Thorsten Levin vom Öffentlichkeitsreferat.

Musikalisch begleitet wurde der Empfang von Kirchenmusikdirektor Jens-Peter Enk (Flügel) und Johannes Seidemann (Saxophon). Für das Wohlergehen der Gäste sorgte in bewährter Weise das Team des Weltcafés.

Text: Sabine Damaschke
Fotos: Thorsten Levin

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