Goldene Menorah für Werner Jacken

Pfarrer i.R. Werner Jacken ist für sein Engagement um eine gute christlich-jüdische Nachbarschaft in Wuppertal ausgezeichnet worden.


Für sein Engagement um eine gute christlich-jüdische Nachbarschaft ist dem früheren Öffentlichkeitsreferenten des evangelischen Kirchenkreises, Pfarrer i. R. Werner Jacken, die goldenen Menorah der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal verliehen worden.

Was bedeutet diese Auszeichnung für dich?

Werner Jacken: Ich habe mich sehr gefreut und bin auch stolz. Beim Empfang zum jüdischen Neujahrsfest hat mir der Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde, Leonid Goldberg, die Urkunde in der Bergischen Synagoge überreicht und eine Anstecknadel ans Jackett geheftet. Darauf ist die Menorah, der siebenarmige Leuchter zu sehen, eines der wichtigsten religiösen Symbole des Judentums. Diese Auszeichnung verleiht die Kultusgemeinde seit 2003 an nicht-jüdische Menschen für ihr Engagement zum Wohl der Jüdischen Gemeinde Wuppertal.

Was ist dein „Verdienst“?

Jacken: Ich sehe es nicht als ‚Verdienst‘, sondern als Selbstverständlichkeit, mich für jüdisches Leben in Deutschland nach der Shoah zu engagieren. Dass überhaupt nach dem Krieg Jüdinnen und Juden wieder im ‚Land der Täter‘ leben wollen, Gemeinden gründen und Synagogen bauen ist, ist ein Geschenk und verdient jede Unterstützung.

Ich habe mich immer sehr für jüdisches Leben in Deutschland interessiert und seit meinem Vikariat in Wuppertal den Kontakt zur jüdischen Gemeinde gesucht. Wie übrigens auch zu Moscheegemeinden hier im Tal. Als der Vorsitzende Leonid Goldberg Mitte der neunziger Jahre äußerte, seine Gemeinde sei so gewachsen, dass sie eine Synagoge brauche, waren wir von dieser Idee sofort begeistert. Dem früheren Superintendenten Manfred Rekowski, dem verstorbenen Präses Peter Beier und anderen ist zu verdanken, dass dies 1996 in Barmen möglich wurde.

Ich durfte hautnah erleben, wie Christen und Juden zu Nachbarn wurden.

Die Bergische Synagoge entstand dann auf dem Grundstück der Gemarker Kirche. Damit wurde christlich-jüdische Nachbarschaft sehr konkret.

Jacken: Allerdings! Das wurde mit Hilfe der Rheinischen Kirche möglich, die der Gemeinde das Grundstück abkaufte und es der Jüdischen Kultusgemeinde schenkte. Der Platz neben der Gemarker Kirche, als Entstehungsort der Barmer Theologischen Erklärung, war in mehrfacher Hinsicht ideal. Damals war ich CityKirchen-Pfarrer in Gemarke und habe mich von der Idee bis zum Bau und der Einweihung der Synagoge im Jahr 2002 eingebracht. Ich durfte hautnah erleben, wie Christen und Juden zu Nachbarn wurden.

Leonid Goldberg steckt Werner Jacken die goldene Menorah an.

Was übrigens angesichts der strengen Sicherheitsmaßnahmen nicht so einfach war und ist. Für die Gemeinde Gemarke war unvorstellbar, dass ein Zaun die beiden Gebäude trennt. Deshalb schließt der Zaun Kirche und Synagoge ein und bildet eine besondere ‚Haftungsgemeinschaft‘, wie Johannes Rau es nannte.

Gute Nachbarschaft muss immer belebt und erarbeitet werden.

Zudem wird die Synagoge von einem Sicherheitsdienst bewacht und kann auch nur durch eine Sicherheitsschleuse betreten werden. Begegnung fand aber schon an der Baugrube statt und schließt heute, wie bei jeder Hausgemeinschaft, auch die Mülltonnen ein, die gemeinsam genutzt werden. Gute Nachbarschaft ist nicht selbstverständlich, sondern muss immer belebt und erarbeitet werden.

Woher kam dein starkes Interesse an jüdischem Leben in Deutschland?

Jacken: Mein Vater hat den Zweiten Weltkrieg noch miterlebt und kam sehr spät traumatisiert aus russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Mit 30 Jahren hatte er, für uns heute unfassbar, die Hälfte seines Lebens im Chaos verbracht. Über das, was zwischen 1933 und 1945 passierte, schwieg er. Ich habe mit meinen Eltern um Antworten gerungen, zumal mein Gymnasium in Rheydt auch Josef Goebbels besucht hatte. Im Unterricht haben wir uns mit dem Demagogen auseinandergesetzt und kamen der verstreuten jüdischen Gemeinde näher. Das war nicht selbstverständlich in dieser Zeit, aber für mich prägend.

Während des Theologiestudiums rückten in meinem Denken Christen und Juden untrennbar zusammen, das Volk Israel wurde zu den älteren Geschwistern. Als Christen gehören wir zur Familie Gottes. Diese Einsicht hat mein Studium und meine Arbeit hier in Wuppertal geprägt. Dass meine Eltern 2003, kurz vor dem Tod meiner Mutter, die neue Synagoge besucht haben und dabei auch Leonid und Lia Goldberg kennenlernten, war für mich und uns als Familie ein sehr bewegender Tag.

Es tut mir weh, dass sich Jüdinnen und Juden hier nicht mehr sicher fühlen.

Du hast die goldene Menorah in einer schwierigen Zeit erhalten. Es gibt wieder Krieg in Israel und einen zunehmenden Antisemitismus. Wie geht es dir damit?

Jacken: Ich wünsche mir von ganzem Herzen Frieden in Israel, Gaza, dem Westjordanland, im Libanon und weit darüber hinaus und kann nur dafür beten. Aber hier in unserer Stadt können wir mehr tun! Es tut mir weh, dass sich Jüdinnen und Juden hier nicht mehr sicher fühlen und wieder anfangen, die Koffer zu packen, wie Leonid Goldberg es formuliert. Denn als die Synagoge vor 22 Jahren eröffnet wurde, betonten viele, die Koffer seien ausgepackt und die jüdische Gemeinde hier angekommen.

Folgerichtig wurde vor über 20 Jahren auch ein ‚Freundeskreis Neue Synagoge‘ gegründet Vor fünf Jahren war ich skeptisch, ob wir den noch brauchen, weil die Synagoge wieder selbstverständlich zu unserer Stadt gehört. Heute sage ich, nicht nur als Vorsitzender: Wir brauchen ihn mehr denn je!

Das Gespräch führte Sabine Damaschke.
Fotos: Sabine Damaschke, Katharina Pött

Freundeskreis Neue Synagoge e.V.

Der Freundeskreis bemüht sich, das Wiederaufblühen jüdischen Lebens im Bergischen Land zu unterstützen und die Erinnerung an jüdische Persönlichkeiten, die im Bergischen Land gelebt und gewirkt haben, wachzuhalten Er steht der Kultusgemeinde mit Rat und Tat zur Verfügung und unterstützt zudem die Arbeit der Begegnungsstätte Alte Synagoge in Wuppertal.

Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Mehr zum Verein und einer Mitgliedschaft auf www.bergische-synagoge.de.

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