20.08.2018Claudia Otte
Inselraum: Die künstlerische Oase Wichlinghausens
Im April ist das Projekt als geschützter Raum – eben als „Inselraum“ – an den Start gegangen. Finanziert wird er mit rund 25.000 Euro über den Verfügungsfonds der „Sozialen Stadt Oberbarmen/Wichlinghausen“. Schon mehr als 120 Personen haben das kostenlose Angebot wahrgenommen.Eigentlich ist der offene Kunsttreff ein Projekt des Vereins Sozialtherapeutische Kinder- und Jugendarbeit (SKJ). Doch im „Inselraum“ gibt es keine Sozialpädagogen oder Therapeuten. Denn der „Inselraum“ ist kein Therapieangebot, sondern ein zwangloser Treff für alle künstlerisch Interessierten, ein geschützter Raum für alle im Quartier, die an anderen Menschen interessiert sind. Montags von 10.00 bis 13.00 Uhr und mittwochs von 18.00 bis 21.00 Uhr findet er statt. „Hier ist jeder richtig, so wie er ist“, betont Gisela Kettner. Inklusion und Diversität sind wichtige Aspekte des Projektes. Das heißt, alle können teilnehmen, egal, ob sie eine Behinderung haben, aus einem anderen Land stammen und noch nicht gut Deutsch sprechen oder über wenig Geld verfügen. „Die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen in Verbindung zu setzen und über die Kunst auszudrücken, kann tief befriedigend sein“, erklärt Gisela Kettner die Bedeutung des „Inselraums“.
„Über künstlerisches Schaffen kann man immer kommunizieren“, betont die Künstlerin, die seit vielen Jahren mit unterschiedlichen Menschengruppen arbeitet und auf die individuellen Vorlieben und Fähigkeiten eingeht. Vorkenntnisse in künstlerischen Bereichen sind daher nicht erforderlich, um im Projekt “ Inselraum“ kreativ werden zu können. Gisela Kettner steht als Ansprechpartnerin für alle Teilnehmenden zur Verfügung. Sie gibt Tipps, erklärt Techniken, ermutigt, lobt und regt an zu spielen, zu forschen und einfach „ganz da zu sein“.Quasi nebenbei bringt sie die Menschen in Kontakt miteinander. „Hier gibt es einen spannenden Austausch“, sagt Gisela Kettner, „und die Freiheit, Erfahrungen zu machen und sein Selbstbewusstsein zu stärken.“ So gehören Menschen von drei bis 87 Jahren zu den Künstlern in ihrem Atelier.
Carolina (8) und Daniel (6) sind zum ersten Mal beim „Inselraum“. Sie haben schulfrei und begleiten ihre Mutter, die sich selbst einmal mit Pinsel und Farben ausprobieren will. Drei andere Frauen sind an diesem Vormittag da. Sie haben schon etwas vorbereitet und arbeiten an ihren Collagen oder Gemälden. Die Neuangekommenen staunen. „Das sieht toll aus“, lobt Carolina die Erwachsenen. Dann macht sie sich gemeinsam mit ihrem Bruder und drei weiteren Kindern direkt ans Werk, während ihre Mutter etwas ratlos vor einem weißen Blatt Papier sitzt. „Wir malen uns erst einmal frei“, ermuntert Gisela Kettner die Große und die fünf Kleinen. Mit Wachsmalstiften wird das Papier bunt bemalt. Dabei weist die Künstlerin darauf hin, wie sich der Untergrund als Muster auf dem Blatt abzeichnet. Mit Geldstücken, die unter das Blatt gelegt werden, wird der Effekt noch verstärkt. Anschließend überpinseln alle ihre so entstandenen Kunstwerke mit Acrylfarbe. Mit einer Art Spachtel wird der Untergrund stellenweise wieder sichtbar gemacht. Nicht nur die Kinder staunen. Danach darf sich jeder eine Leinwand nehmen und auf Holzpaletten selbst gemischte Farben auftragen.
Nach drei Stunden sind ganz verschiedene Kunstwerke entstanden, die zum Trocknen auf dem Boden liegen. Carolina und Daniel sind stolz und fast so bunt angemalt wie ihre Bilder. Die dürfen sie dann mit nach Hause nehmen. Ihrer Mutter hat es auch gefallen: Eine Collage hat sie erstellt und ist darüber mit einer Nachbarin, die sie bisher nur vom Sehen her kannte, bei Kaffee und Tee ins Gespräch gekommen. Der „Inselraum“ als Kommunikationsplattform hat sich wieder bewährt.
Wer selbst gern beim „Inselraum“ mitmachen möchte, kann sich unter Telefon 0171/6423168 informieren oder anmelden. Neben dem „Offenen Atelier“ findet an jedem ersten Sonntag im Monat im Rahmen des „Inselraums“ ein Künstlerfrühstück statt. Der Grafikdesigner Thomas Hilbig und auch andere Künstler geben darüber hinaus regelmäßig Workshops zu Themen wie „me, myself and I“. Dort entstehen kleine persönliche Kunstbüchlein. Es gibt auch sogenannte Open Space Veranstaltungen zur Klärung von kreativen Techniken und Prozessen. Hier findet so mancher die Hilfe und Unterstützung, auch bei der Lösung ganz persönlicher Probleme.
Quelle: http://vierzwozwo.de/2017/10/10/inselraum-die-kuenstlerische-oase-wichlinghausens/
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