Langerfeld, eine Liebeserklärung

Nach dem Verriss Langerfelds in der Rundschau am 25.07.2020, in dem zwei Redakteurinnen semiambitioniert den Stadtteil niedermachten, gestalte ich hier mal den Gegenentwurf:

Frank Müller ©Frank Müller fmi

Im Jahre 1922 wurde Langerfeld nach einem Beschluss des Preußischen Landtages nach Barmen eingemeindet, damit dem Westfälischen entzogen und dem Rheinischen zugeordnet. Es war die Zeit der Weimarer Republik. Das war scheinbar dem Schicksal noch nicht genug. 1929 vereinigten sich Barmen und Elberfeld und Langerfeld fand sich in Wuppertal wieder.

Wie das bei großen Entwicklungen so ist, fallen die Krümel hinten rüber – und so ist es bis heute. Innerhalb des Stadtgebietes Wuppertal bekommt Langerfeld bis heute weder gemessen an der Fläche, noch an der Einwohnerzahl die Unterstützung, die angemessen wäre. Also machen die Langerfelder weitgehend ihr eigenes Ding. Wenn sie etwas erreichen wollen, müssen sie sich halt „in Wuppertal“ melden – oder nehmen es selbst in die Hand.

Geht man nun, wie unsere zuvor erwähnten und offensichtlich befangenen Redakteurinnen, vom Osten des Stadtteils in Richtung Westen erkennt man mit wenig Mühe eine Struktur. Neben einigen wenigen Häusern stoßen wir zunächst auf ein ziemlich riesiges Gewerbe- und Industriegebiet. Es ist dort perfekt positioniert, weil die Autobahn A1 hier nicht nur lärmintensiv ist, sondern auch noch vom Autobahnkreuz Nord perfekt erreicht werden kann. Toll für die Betriebe und toll für die Langerfelder, die dort ihre Arbeitsplätze haben. Begibt man sich weiter auf der Schwelmer Str. könnte man (neben den zitierten, jedoch gesamtstädtisch üblichen Kackhaufen) feststellen, dass die Wohnbebauung zunimmt und die Gewerbebetriebe weniger werden. Außerdem könnte man zur Kenntnis nehmen, dass sich die Straße zur zunehmend gepflegten Allee entwickelt. Diese setzt sich bis zur Grenze Heckinghausens und Oberbarmens fort.

Tatsächlich begegnet man auf dem Weg – neben dem historischen Langerfelder Markt – vielen hübschen Jugendstilhäusern, vereinzelten Fachwerkhäusern und natürlich auch teils schlichter Nachkriegsarchitektur, die noch heute als „städtebaulich Wunden“ an die Folgen des  2. Weltkrieges erinnern. Ein Hochbunker wird gerade, nach einem zuvor weniger rühmlichen Umbauversuch, erfolgreich und zum vermutlich sichersten Lebensraum für einige Langerfelder gestaltet. Ja, es gibt auch noch ein paar Grundstücke an der Schwelmer Straße und Langerfelder Straße, die eine attraktivere Nutzung verdient hätten. Wer jedoch diese Achse als repräsentativ für Langerfeld erachtet und seine Berichterstattung darauf reduziert, war vermutlich nur mit dem Handy auf dem Rücksitz oder in der Linie 608 unterwegs.

Richtig schön wird Langerfeld, wenn man die Achse in Südrichtung verlässt. Die historische Beyeröhde besitzt in einigen Teilen eine wunderbare Fachwerkarchitektur. In einem Abschnitt sind Bandwebereien aus der vorletzten Jahrhundertwende heute zu stylischen Wohn- und Bürolofts entwickelt und erfreuen sich großer Beliebtheit. Selbst für die von den Redakteurinnen scheinbar vermissten Hipster ist hier Platz. Hiermit möchte ich beispielhaft auf die Familie Hipp aufmerksam machen (sozusagen als Ober-Hipster), die dort neben einem Loft in einem Fachwerkhaus wohnen und im Stadtteil reichlich soziales Engangement statt Hundehaufen absorbieren. Neben dem Fachwerkhaus ist übrigens ein Brunnen, der dauernd öffentlich zugänglich Wasser spendet und die Kinder erfreut. Das ganze liegt nur ein paar Schritte vom Einstieg der „Zeche Karl“ und dem Gartenhallenbad Langerfeld entfernt. Im östlichen Anschnitt der Beyeröhde befinden sich Jugendstilhäuser und (überwiegend) attraktive Gebäude der Nachkriegsgeneration.

Bewegt man nun die Beine – und anders geht es ohne einen eigenen Antrieb leider noch nicht – noch weiter in Richtung Süden erschließt sich ein wunderschönes Wohngebiet (mit teils sehenswerten Villen), dass sehr schnell ländlicher wird. Am Ende der Ehrenberger Straße gibt es nur noch ein paar Bauernhöfe, zwei kleine Splittersiedlungen und (ich schwör!) einen der tollsten Ausblicke über die Stadt. Wer sich weiter bewegen möchte hat ein Waldgebiet vor sich, dass sich über Beyenburg, Schwelm, Remscheid, Ennepetal, Radevormwald… erschließt. Nicht umsonst kommen hier an jedem Wochenende hunderte Wuppertaler zum Spaziergang, Joggen oder Wandern hin. Übrigens gibt es dort noch ein Wildgehege mit Mufflons, die von jeder Pressekritik völlig unbehelligt hinkötteln, was die Kinder vorher voller Freude in sie reinfüttern konnten.

Weiter „in Richtung Wuppertal“, oberhalb des Langerfelder Marktes, befindet sich ein Wohngebiet (Hedtberg mit Buschenburg, Weddigenstr. u. a.) dessen Strukturen dem zuvor dargestellten Wohngebiet in Teilen ähneln. Auch dort gibt es spektakuläre Ausblicke, moderne und historische Architektur und das dem Ehrenberg vorgelagerte Waldgebiet Hedtberg.

Bevor man den Berg erklimmt empfiehlt sich noch einen Blick auf die beiden schönen und historischen Kirchen der evangelischen und katholischen Christen werfen, die liebe- und mühevoll erhalten werden.

In der Nord-Süd-Achse am Langerfelder Markt gibt es eine wirklich erstaunliche Dichte von Kriegerdenkmälern, an denen es sich lohnt einen Moment innezuhalten. Beginnend am Langerfelder Markt mit dem ersten Kriegerdenkmal findet man innerhalb weniger (Höhen-) Meter gleich drei Stück. Das Denkmal am Langerfelder Markt erinnert an gefallene Langerfelder vor 1900. Das Denkmal, ein Stück höher am Hedtberg, wurde nach dem ersten Weltkrieg eingeweiht und erinnerte zunächst nur an die Gefallenen des 1. Weltkrieges. Später wurden die Gedenktafel für die Opfer des 2. Weltkrieges inhaltlich erweitert. Betritt man nun den Wald und begibt sich weiter nach Süden erinnert ein Stein des LTV (Langerfelder Turnverein) mit Inschriften an die gefallenen Mitglieder beider Weltkriege.

Es lässt sich stundenlang weiter schreiben, über Sehenswertes, Skurriles, Architektur, Städtebau und Hundefäkalien. Natürlich sollen die Bezirke nördlich der Langerfelder bzw. Schwelmer Str. nicht zu kurz kommen. Auch hier gibt es wunderbare Quartiere, die eine nähere Beschreibung verdient haben (z. B. Werloh, Leibusch, Kohlenstraße, Dolinen, Schmitteborn, Starenschloß…) jedoch:

DABEI KOMMEN DIE MENSCHEN IN LANGERFELD ZU KURZ:

Hier folgen Kommentare von Langerfelderinnen und Langerfeldern (sogar von Wuppertalern 🙂 die eine lesenswerte Meinung zu Langerfeld haben, die sich deutlich von der Wahrnehmung der Redakteurinnen unterscheiden:

Christian Dillenberger:
Langerfeld  ist ein Stadtteil mit eher westfälischen Wurzeln. Der Übergang nach Schwelm ist fließend. Die vielen Gemengelagen im Tal sind halt typisch. Wer dort lebt und leben möchte hat doch ein schönes Stück Heimat.

Sebastian Zeitz:
Bin erst vor nem guten Jahr nach Langerfeld gezogen, und muss sagen, dass es einer der schönsten Wuppertaler-Stadtteile ist bzw. ich nirgendwo anders wohnen wollen würde.

Petra Fußwinkel:
Bin in Langerfeld geboren und habe 58 Jahre dort gerne gewohnt. Jetzt allerdings in Ronsdorf und da ist es auch seeehr schön.

Markus Reinhardt:
Bitte, lasst sie alle in dem Glauben! Dann bleibt es hier so schön wie es ist.

Berge Pieper:
Für mich der schönste Stadtteil. Jemand der noch nie am „Stadtrand“ gewohnt hat, weiß das auch nicht zu schätzen. Ganz einfache Kiste.

Birge Reinhoff:
L(i)ebenswertes Miteinander in der Dorfgemeinschaft 🤩🤗

Rebecca Bodor:
Langerfeld kann zwar absacken, aber uns nicht verschlucken ! Unsere familiäre Nachbarschaft ist einfach goldwert.

Sarah Wiesemann:
Man hat hier alles was man braucht. Mehr als nur den netto und das Industriegebiet. Hier kann man auch als Frau abends noch auf die Straße ohne Angst haben zu müssen. Dorfcharakter unterschreibe ich, aber das ist doch nichts schlechtes. Man ist zentral und doch ist es ruhig. Es ist grün und für nichts würde ich hier weg ziehen wollen.

Missipropper Vanderlupe:
Ich liebe Langerfeld,  weil man sich hier noch  kennt, und miteinander redet, und nicht alles so Anonym ist. Mich bekommt man aus dem schönen Langerfeld nicht weg.😉😃

Marina Pauksch:
Der dörfliche Charakter Langerfelds ist gerade das, was diesen Stadtteil ausmacht: lebens- und liebenswert! 😊

Markus Lang:
Man kennt (noch) fast jeden. Man ist schnell im Grünen. Langerfeld ist „das Eingangstor nach Westfalen“ Es gibt kilometerlange Spazierwege ( Ehrenberg).

Viola Bartzsch
Ich liebe, dass wir fern vom Großstadtlärm leben und kulturell geht für Insider ja auch noch das monatliche „kleine Konzert“ im CVJM auf dem  Hedtberg….wenn nicht gerade Corona ist. Man wird gegrüsst und grüsst zurück, selbst als Zugezogener, ob bekannt oder nicht.

Marianne Schmidt:
Hier wohnt man nicht nur, hier lebt man!!!

Birgit Wickel:
Hier wird Nachbarschaft noch gelebt. In den 80ern trieb mich der Handball nach Langerfeld. Schon zu der Zeit war hier alles familiär. Seit 2003 haben wir uns hier in Langerfeld den Traum unseres Eigenheims geleistet und ich kann mir keinen anderen Stadtteil denken, wo dieses Haus stehen sollte. War natürlich mehr als 1 Satz, aber Langerfeld ist mehr als nur 1 Satz wert .😍

Carsten Koch:
Hier können die Bürger noch selbst etwas bewegen. Man denke nur an den Bürgerverein, die Tannenbaumaktion, das Weihnachtsglühen und viele andere Aktionen mehr. Wie haben zwei großartige Konzertsäle und eine Menge Sportvereine. Und hier sind die Nazis noch namentlich bekannt. 🙂

Chris Herz:
Mir ist wichtig dass man sich kennt, dann kann auch mal Hilfe geleistet werden

Anne Kirchmann-Bestgen:
Liebe Langerfeld-Gruppe,
Ich möchte mich gerne vom Quartiersbüro „Tuhuus in Langerfeld“ zu dem Thema zu Wort melden. Wir Quartiersentwicklerinnen sind ebenfalls der Meinung, dass Wuppertal-Langerfeld ein guter Ort zum Leben ist und finden es wunderbar, dass viele von Euch / Ihnen den Stadtteil als „Zuhause“ empfinden. Frau Knoll und ich möchten gerne dazu einladen, Eure / Ihre Ideen auch mit uns zu entwickeln und laden Euch / Sie herzlich zur „Ideenschmiede Langerfeld“ ein, die monatlich stattfindet. Infos: https://www.tuhuus-langerfeld.de

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Kommentare

  1. Manfred Bröcker sagt:

    Hallo herr Müller, ich finde ihren Bericht sehr gut aber man verzeihe der WR, hier wurden Auszubildende eingesetzt, leider haben die es verzockt. Ich selbst habe auch zwei Bildserien online gestellt – Langerfeld daamals und heute – lnagerfeld ist wohnenswert.

    MfG Manfred Bröcker

  2. Matthias Nocke sagt:

    Sehr geehrter Herr Müller,
    herzlichen Glückwunsch zu diesem schönen Langerfeld Porträt! Das ist sehr gelungen.
    Herzliche Grüße aus Elberfeld
    Matthias Nocke

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