14.12.2011WuppApfel
Lokale und regionale Obstsorten des Bergischen Städtedreiecks
Früher war mehr Aroma. Das kommt daher, dass seit dem Zweiten Weltkrieg im Obstbau starke, vereinheitlichende Kräfte gewirkt haben. Zunächst einmal verschwand nach und nach die regionale Selbstversorgung mit Äpfeln und damit auch der Erhalt lokaler und regionaler Obstsorten. Statt dessen wurde der Obstbau zentralisiert und standardisiert. Im Laufe der Zeit kam es nach und nach auch zu einer Reduzierung des Obstartenspektrums , so dass heute namhafte Pomologen wie Hans-Joachim Bannier von genetischer Verarmung sprechen.
Und diese genetische Verarmung hat Nachteile für den Verbraucher:
- Die für den heutigen Obstbau herausgezüchteten Einheitssorten schmecken eben auch ziemlich einheitlich. Dass der Apfel ein Lebensmittel sein kann, dass tatsächlich Genuss bereitet und abwechslungsreiche Geschmackserlebnisse bieten kann, ist für die meisten jungen Menschen heutzutage unvorstellbar. Ein Apfel, das ist doch nur so ein langweiliges Ding, das man gelegentlich essen soll, weil es gesund ist.
- So gesund ist der vom globalisierten Obstmarkt stammende Apfel aber gar nicht. Denn diese genetisch verarmten Sorten sind hoch krankheitsanfällig und müssen daher mit massivem Pestizid- und Herbizideinsatz „unterstützt“ werden. Gesund ist das vor allem für die chemische Industrie.
- Verloren gegangen sind dem Verbraucher auch die Wahlmöglichkeiten. Der Markt schreibt vor, was gegessen wird. Wenn ich heute Apfelsorten meiner Kindheit essen, oder jemandem zeigen will: ich habe derzeit praktisch keinen Zugang mehr dazu, jedenfalls nicht beim täglichen Einkauf.
Nun ist mir beim diesjährigen Obstwiesenfest in Solingen ein hochinteressantes Büchlein in die Hände gefallen:
„Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland – vom Aussterben bedroht“ Herausgeber: LVR-Netzwerk Umwelt mit den Biologischen Stationen im Rheinland
In diesem Handbuch werden regionaltypische Obstsorten von Rhein, Ruhr, Eifel, Siegerland und der Bergischen Obstkammer detailliert beschrieben. Es finden sich darin redaktionelle Beiträge zum Obstbau allgemein und in den genannten Regionen, nach Landkreisen und Städten geordnete Sortenübersichten, detaillierte Sortenportäts von Äpfeln, Birnen, Kirschen und Pfirsichen sowie Hinweise fürs weitere Informieren (Literatur und Links).
Damit ich – und vielleicht bald auch Sie – diese wertvollen Informationen – nun in Händen halten können, haben die Biologischen Stationen des Rheinlands wahre Detektivarbeit geleistet. Im Bergischen Städtedreieck hat Daniela Mittendorf (für die Biologische Station Mittlere Wupper) gemeinsam mit engagierten Helfern vom Bergischen Naturschutzverein und dem Arbeitskreis Obstwiesen Bergisches Städtedreieck alte, regionale Apfel- und Birnensorten wiederentdeckt: Bäumchesapfel, Neuhäuser / Doppelter Neuhäuser, Fey’s Rekord, Tulpenapfel, Grä(h)ling, Martinsbirne und Neukircher Butterbirne.
Von jeder der gefundenen Sorten wurden 10 Bäumchen mittels Reisern neu veredelt und je zwei davon auf der Musterobstwiese des Arbeitskreis Obstwiesen Bergisches Städtedreieck gepflanzt. Die restlichen Baumbabys wurden an andere Biologische Stationen bzw. Privatleute abgegeben. Im Winter 2012/2013 dürften die Jungbäume so weit sein, dass man erneut Reiser nehmen und von einer Obstbaumschule veredeln lassen könnte.
Wäre es nicht schön, wenn alte Obstsorten in unserer Region bald nicht mehr vom Aussterben bedroht sondern sogar wieder auf dem Vormarsch wären? Vielleicht können auch Sie dazu beitragen:
- Kennen Sie eine vernachlässigte Obstwiese, an deren Wiederbelebung Sie sich beteiligen könnten?
- Wissen Sie vielleicht von einer Fläche, die sich für eine neue Streuobstwiese eignen könnte?
- Haben Sie noch Platz im Hausgarten für einen Obstbaum?
- Wissen Sie von einem alten Obstbaum, der möglicherweise den Forschern der Biologischen Station ‚durch die Lappen‘ gegangen ist?
Oder fangen Sie einfach an, indem Sie sich dieses Büchlein besorgen und sich inspirieren lassen: „Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland – vom Aussterben bedroht“ Kostet 5,- € Schutzgebühr und ist zu beziehen bei der Biologischen Station Mittlere Wupper in Solingen.
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