Offener Brief der Talfahrt zum Stand Bürgerbahnhof in Vohwinkel
Das Geld könnte eventuell vorübergehend durch den Kulturetat der Stadt und die Bezirksvertretung aufgebracht werden, eine dauerhafte Lösung ist nicht in Sicht. Damit steht eine ehrenamtliche Kulturinitiative, die es seit Jahren schafft auch national und international namhafte Künstlerinnen und Künstler in den kleinen Club nach Vohwinkel zu holen, vor dem Aus. Was dort stattfand, ist im wahrsten Kern des Wortes Stadtteilkulturarbeit, von Bürgern für Bürgerinnen und Bürger. Also genau das, was in Sonntagsreden und Hochglanzbroschüren unseres ach so kulturaffinen Landes immer so gewürdigt wird.
Wenn die Stadt Wuppertal es nicht schafft, diese Initiative zu retten, wäre das nicht nur eine kulturpolitische Bankrotterklärung einer Stadt, die sich soeben noch selbstbesoffen über einen Berlinvergleich in der Wochenzeitschrift DIE ZEIT abfeiert, sondern auch ein Affront gegen bürgerschaftliches Engagement. Ohne es beweisen zu können, vermuten wir, dass dies so übrigens weder in Cronenberg, noch in Elberfeld passieren würde, dort würde man vielleicht über gut geölte gutbürgerliche Kreise Druck ausüben.
In Vohwinkel ruft man in Anlehnung an die römischen Gladiatorenkämpfe nur: Die Abgehängten grüßen Euch! Besonders ironisch wird es, wenn man sich vor Augen führt, dass Vohwinkel als Tor der Buga angedacht ist, da interessieren kulturelle Petitessen vielleicht nicht, Hauptsache es sind genug Parkplätze vor Ort.
Jedoch möchten wir auch einen Blick von der anderen Seite wagen. Denn die Deutsche Bahn hat wohl in den letzten Jahren und Jahrzehnten zwar auf Mieteinnahmen und Betriebskosten im ortsüblichen Sinne verzichtet, aber das ja nicht ohne Eigennutz. Der Angstraum Bahnhof Vohwinkel wurde belebt und somit zu einem betretbaren und belebten Ort gemacht, der nicht nur den Stadtteil, sondern auch die historische Immobilie aufgewertet hat. Es wurde ein Mehrwert geschaffen, der mit den Strukturen der Deutschen Bahn so nie hätte entstehen können und auch niemals mit den vergleichsweise geringen finanziellen Aufwendungen.
Es steht jedem Besitzer einer Immobilie völlig frei über deren Nutzung und Mietkonditionen zu entscheiden, keine Frage. Aber wer ausgerechnet kurz nach einer beispiellosen Pandemie, einem davon schwer getroffenen Kulturverein und einer davon nicht weniger in Mitleidenschaft gezogenen finanzschwachen Kommune einen Mietaufschlag in dieser drastischen Höhe aufbürdet, der hat die Lebensrealität der Menschen bereits komplett verlassen.
Nochmals, es ist das natürliche Recht der Bahn, die Mietkonditionen festzulegen. Die aktuelle Mietforderung wird aber wohl zur Folge haben, dass sämtliche Nutzer das Gebäude verlassen, Mehreinnahmen somit nicht zu verbuchen sind und der Bahnhof Vohwinkel wieder das wird, was er vor der kulturellen Nutzung war: eine temporäre Pissrinne des überregionalen Nahverkehrs. Dazu: Herzlichen Glückwunsch.
Wir bedanken wir uns bei dem ganzen Team des Bürgerbahnhofs in Vohwinkel für ihre leidenschaftliche Arbeit für den Stadtteil und die Kultur und auch wenn wir keine große Hoffnung hegen, wünschen wir eine positive Lösung für den Fortbestand des Bürgerbahnhofs.
Für die Talfahrt
Jens Neutag, Jürgen Scheugenpflug und Ulrich Rasch
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