Rheinlandtaler für Ulrike Schrader

Ulrike Schrader von der Begegnungsstätte Alte Synagoge ist mit dem Rheinlandtaler für ihre engagierte Vermittlung jüdischer Geschichte geehrt worden.

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Die Leiterin der Begegnungsstätte Alte Synagoge, Ulrike Schrader, ist mit dem Rheinlandtaler für ihre engagierte Vermittlung jüdischer Geschichte und Kultur geehrt worden.

In der Auszeichnung des Landschaftsverbands Rheinland heißt es, dass Sie der Begegnungsstätte in den vergangenen dreißig Jahren ein Profil gegeben und es mit Leben gefüllt haben. Was ist für Sie das Besondere an dem Haus?

Ulrike Schrader: Wir haben heute rund 300 Gedenkstätten und Dokumentationszentren in Deutschland, davon über 30 in NRW. Unter all diesen Häusern ist die Alte Synagoge etwas Besonderes, weil sie den Begriff der Erinnerungskultur weit fasst. Wir konzentrieren uns hier nicht nur auf zwölf Jahre jüdisches Leben während des Nationalsozialismus, sondern präsentieren jüdische Geschichte in Wuppertal von den Anfängen bis heute. Das hat vor allem damit zu tun, dass unser Haus auf dem Gelände der alten Elberfelder Synagoge steht.

Unsere Gedenkstätte wurde Anfang der neunziger Jahre neu gebaut, und alle Fraktionen im Rat standen dahinter. Auch das war eine Besonderheit, denn damals mussten die Gedenkstätten in vielen Orten erst hart erkämpft werden. Heute gehören sie zum Prestige vieler Städte.

Die jüdische Geschichte und Kultur ist widersprüchlich, dynamisch und divers.

Was fasziniert Sie an der jüdischen Geschichte?

Ulrike Schrader: Ich bin Literaturwissenschaftlerin, habe aber auch Theologie studiert. Daher fasziniert mich die starke Verbindung, die es im Judentum zwischen Religion und Geschichte gibt. Beides ist untrennbar kulturell miteinander verbunden. In den Gedenkstätten liegt der Fokus meist auf dem Holocaust, an den wir in der Begegnungsstätte natürlich intensiv erinnern. Gerade erst haben wir ein digitales Gedenkbuch freigeschaltet. Aber es gibt so viel mehr über die jüdische Geschichte und Kultur zu sagen. Sie ist widersprüchlich, dynamisch und divers – und vor allem nicht nur als „Opfergeschichte“ zu sehen. Das zeigen wir seit 2011 auch sehr anschaulich in unserer Dauerausstellung.

In Wuppertal haben wir auch eine Neue Synagoge, die in direkter Nachbarschaft zur Gemarker Kirche steht. Wie intensiv wird der christlich-jüdische Dialog in der Stadt gelebt?

Ulrike Schrader: Ich beobachte, dass es in den evangelischen Gemeinden oft Interesse gibt, aber Wissen fehlt. Das erlebe ich vor allem bei jüngeren Menschen, die im Rahmen des Konfirmanden- oder Schulunterrichts zu uns kommen. Komplexe Sachverhalte werden ungern wahrgenommen; im Kurs stehen vielmehr Zugänge über die eigenen Gefühle und das, was man als „Alltagsexpertise“ bezeichnen könnte.

Ulrike Schrader bei der Preisverleihung mit Bürgermeister Heiner Fragemann und Karin Schmitt-Promny von der Landschaftsversammlung Rheinland

Es ist aber entscheidend, sich mit Unbekanntem und mit Widersprüchlichem auseinanderzusetzen. Hier versuchen wir, mit unseren pädagogischen Programmen gegenzusteuern und gutes Material zu entwickeln, das sich Schulen, aber auch Gemeinden für ihre Gesprächskreise ausleihen können. Zum Thema Antisemitismus gibt es einen besonderen Koffer mit Informationen, mit konkreten Fragestellungen und Anregungen zum Studieren und Diskutieren. Das könnte vor allem von den Kirchengemeinden noch mehr genutzt werden.

Wir haben einen deutlichen Anstieg von Anfragen zu Terminen wie Führungen oder Fortbildungen bis zu 100 Prozent.

Antisemitismus hat wieder zugenommen. Wie nehmen Sie diese Entwicklung in der Begegnungsstätte wahr?

Ulrike Schrader: Seit dem Anschlag der Hamas auf Israel im Oktober 2023 registrieren wir einen deutlichen Anstieg von Anfragen zu Terminen wie Führungen oder Fortbildungen bis zu 100 Prozent. Das zeigt, wie verunsichert die Menschen sind, sich offen und auch kritisch zu äußern aus Angst, als Antisemit wahrgenommen zu werden. Aber ich sehe auch, dass viele ehrlich mit ihren Wissensdefiziten umgehen und sehr neugierig sind, mehr zu dem ja wirklich schwierigen Thema „Geschichte Israels und Palästinas“ zu erfahren. Die sind hier genau richtig.

Dreißig Jahre haben Sie die Arbeit der Begegnungsstätte geprägt. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Ulrike Schrader: In zwei Jahren werde ich wohl mit Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand gehen. Ich wünsche mir, dass die Existenz dieses Hauses trotz aller eher pessimistischen Prognosen gesichert bleibt und hoffe auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger, die oder der viele gute Ideen für die Weiterentwicklung der Gedenkstätte mitbringt, gern auch für Neues und Anderes als bisher.

Das Gespräch führte Sabine Damaschke.
Fotos: LVR/Clemens Cording

Rheinlandtaler

Mit dem Rheinlandtaler zeichnet der Landschaftsverband Rheinland seit 2019 Personen, Organisationen oder Unternehmen aus, die sich in besonderer Weise im Rheinland engagieren. Die undotierte Auszeichnung wird in den Kategorien „Gesellschaft“ und „Kultur“ jährlich an rund 30 Personen verliehen. Der Preis wurde Ulrike Schrader am 12. Dezember vom Wuppertaler Bürgermeister Heiner Fragemann und Karin Schmitt-Promny, stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, in Wuppertal übergeben.

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