Stadtmission bricht auf

Die Wuppertaler Stadtmission plant ein neues Projekt. Ein Bericht über Herkunft und Zukunft der Arbeit.

Die Wuppertaler Stadtmission plant ein neues Projekt. Ein Bericht über Herkunft und Zukunft der Arbeit.

»In Barmen wohnen die Armen und in Elberfeld ham se auch keen Geld«

– diesen Satz bekam ich zu hören, als ich vor 37 Jahren nach Wuppertal kam.

Die WSM hat sich seit 1920 dem Dienst an den Armen in der Stadt verschrieben und seit 1930 ihr Zuhause in der Nachbarschaft der früheren Notunterkunftssiedlung Klingholzberg, der Evangeliumshalle, gefunden. Auf dem (Klingholz-) »Berg« standen nach Ende des 1. Weltkrieges 1918 die sog. Pferdeställe der Wehrmacht leer. Deswegen ließen sich hier in den Baracken Großfamilien nieder. Clans, Familien mit 10, 12, 18 Kindern. Fräulein Frowein, Missionar Schmidt, Frau Kottsieper und alle weiteren Stadtmissionare waren für die Armen unermüdlich im Einsatz.

»Wer in das Evangelium von Jesus eintaucht, taucht bei den Armen wieder auf«

(nach Zulehner)

Die gelebte Diakonie hat eine zutiefst geistliche Dimension.

Wer mit den Benachteiligten der Gesellschaft lebt, erlebt Gott anders, spürt, wie er in Jesus anwesend ist. Glaubt manchmal anders, hofft, betet und liebt den Nächsten manchmal anders als gewohnt, kämpft manchmal anders als sonst die Bürger*innen einer Stadt.

1973 wurde der sog. Klingholzberg abgerissen, obwohl er in den 60er Jahren zum größten Brennpunktstandort der gesamten Bundesrepublik gezählt wurde. Dafür wurden vorher überlappend die Notunterkünfte der Hilgershöhe mit den Nummern 2 bis 18a gebaut (ca. 400 m entfernt vom Klingholzberg). Mit Kalt- und Warmwasser Anschluss, einem Bad, einem kleinen Balkon, fest gemauert, mit trockenen Dächern und Böden. Aber auch diese 216 Wohnungen sind seit 2004 schon Geschichte, die Stadt hat sie abgerissen und Neubaugebiete dort erschlossen.

»Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn«

ist unser Leitmotiv, das wir aus der Bibel ableiten. Im Sinne Jesu glauben wir: das Beste der Stadt sind die Menschen. Unsere ganze Aufmerksamkeit widmen wir ihrem Wohlergehen. Besonders den Schwachen und Benachteiligten stehen wir zur Seite. Wir sind der Überzeugung, dass das Beste, was einem Menschen passieren kann, die Liebe Gottes ist. Gott liebt jeden Menschen in seiner unverwechselbaren Einmaligkeit. (Zurzeit aktueller denn je bei der Debatte über Rassismus weltweit wie auch bei uns in Deutschland.) Dies prägt unser Handeln, davon erzählen unsere Worte, diesen Glauben leben und feiern wir miteinander in unseren geistlichen und diakonischen Angeboten.

Jetzt haben wir beschlossen, aufzubrechen – in die Barmer Innenstadt. Auch, weil unsere Besucher*innen und Mitarbeitenden mittlerweile aus der ganzen Stadt kommen. Immer weniger kennen die Geschichte und das Quartier von früher. Der Stadtbezirk hat sich verändert durch den Bau von Reihen-, Ein-Familien-, Zwei-Familienhäusern, durch die Gesamtschule Langerfeld.

Eine Ladenkirche wollen wir aufbauen

Wir wollen dorthin, wo die Armen angeblich wohnen, zumindest verweilen. Die Armut ist in die Talachse gewandert – wie die statistischen Erhebungen der Stadt Wuppertal zeigen. Also brechen wir auf und ziehen um – die Barmer Innenstadt soll unser neues Standbein werden.

Die Diakoniekirche kann weiter in Zusammenarbeit mit dem Diakonischen Werk und der Initiative Kreuzkirche e.V. (IKK) unser »Spielbein« bleiben. Wenn es den Armen gut ginge, ginge es uns doch auch gut, oder? Zurzeit leiden sie, die wir als arm einschätzen, am meisten unter den Folgen des ‹Lockdown›. Oft verschwindet die Armut hinter den Gardinen. Das sehen nur die, die Besuche machen, die Kontakt haben, und ihnen – wenn auch auf Abstand – Angebote machen und praktisch weiterhelfen. Fräulein Frowein ist immer noch Vorbild für alle, die sich engagieren, nicht nur für »unsere« aktuellen Mitarbeitenden Renate Görler und Paul-Gerhard Sinn, sondern auch für alle Neben- wie auch Ehrenamtlichen. Sie sind Zeugen der Liebe Gottes. An dieser Stelle einmal, die sich einbringen und eingebracht haben: Danke, danke, danke! Und damit Gott sei Dank! Denn Seine Güte währet ewiglich, wie Jesus es zeigt.

Darum wollen wir unsern Glauben und das Leben feiern, Geschichten erzählen, Mut machen, helfen statt hamstern. Wir wollen erinnern und neu mit Leben füllen, was die WSM seit 100 Jahren bewegt. „In Barmen wohnen die Armen und in Elberfeld ham se auch keen Geld.“ Ja und? Suchet der Stadt Bestes und betet für sie – heißt es. Wenn es den Armen gut geht, geht es auch der Stadt und der Kirche gut. Kirche findet statt und findet die Stadt… Und dadurch findet auch der eine oder andere aus der Stadt auf einmal die Kirche …

Neuer Ort, bekannte Arbeit

Wir wollen am neuen Ort mit dem beginnen, was wir nach wie vor tun: Flüchtlingsberatung, Organisation von Treffen blinder Menschen, Bibelstunden für Neugierige, geistliche Angebote für Menschen, die sich mit ihren Problemen und Nöten alleine und allein gelassen fühlen. Gottesdienste und Andachten im Alltag. Wir sind aber auch offen für Neues, für neue Ideen, um Menschen in der Fußgängerzone anzusprechen.

Im Moment beschäftigt uns die Suche nach einem Ladenlokal, nach einem Geschäft, das wir mieten können. Beim Kirchenkreis haben wir die Veränderung der WSM als fünfjähriges Projekt deklariert und beantragen in diesen Tagen einen Sonderzuschuss für eben diesen Zeitraum, um auch eine neue Mitarbeiterin oder Mitarbeiter bezahlen zu können. Und nach diesen fünf Jahren? Das werden wir rechtzeitig überlegen und nachhaltig planen. Doch für jetzt gilt: wir brechen auf und machen uns auf den Weg.

Haben Sie Lust daran mitzuwirken? Das wäre großartig! Sprechen Sie uns an.

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