02.11.2011Michael Okroy
„Unbekannt verzogen“ – Gedenkveranstaltung zum 70. Jahrestag der Deportationen von Juden aus Wuppertal
Vor genau 70 Jahren, im Oktober und November 1941, wurden die ersten
Juden aus dem damaligen Gestapoleitstellenbereich Düsseldorf in Ghettos im besetzten Osteuropa deportiert. Unter ihnen befanden sich auch 450 Männer, Frauen und Kinder aus Wuppertal und seinen Nachbarstädten. Im Landtag von NRW ist aus diesem Anlass am 2. November eine umfangreiche Ausstellung eröffnet worden, die u.a. von den Schicksalen dieser Menschen erzählt. Die Begegnungsstätte Alte Synagoge hat an der Vorbereitung dieser Ausstellung mitgewirkt. In Wuppertal erinnert sie mit Vorträgen und Lesungen an dieses monströse Verbrechen, das in der Praxis arbeitsteilig und als bürokratischer Prozess organisiert und abgewickelt worden ist.
Nur zwei Wochen nach dem ersten Transport in das Ghetto „Litzmannstadt“ (Lodz) verließ am 9. November 1941 ein zweiter Deportationszug den Bahnhof Wuppertal-Steinbeck. Sein Ziel: Minsk in Weißrussland. Zu den 266 jüdischen Männern, Frauen und Kindern gehörten auch die 17jährigen Zwillinge Hans und Werner Jacob aus Elberfeld. Mit ihren Eltern waren sie zuvor aus ihrer Wohnung in der Schlieperstraße herausgedrängt („entmietet“) und in das so genannte „Judenhaus“ in der Von-der-Tann-Straße 1 zwangseingewiesen worden. Vor ihrer Deportation musste die Familie wie die anderen Deportierten ihre Habe Stück für Stück auf einer „Vermögenserklärung“ aufführen und diese mit dem Wohnungsschlüssel den Wuppertaler Gestapobeamten aushändigen. Im städtischen Melderegister trug man die Deportierten mit dem Vermerk „Unbekannt verzogen“ ein. Da ihnen beim Verlassen des Reichsgebiets „per Gesetz“ die Staatsbürgerschaft aberkannt wurde, verfiel ihr zurückgelassener Besitz dem NS-Staat.
Unmittelbar vor dem Eintreffen der Deportationszüge in dem nur zwei Quadratkilometer großen Ghetto in Minsk ermordete die SS bei einer „Aktion“ etwa 12.000 Juden, um Platz für die neu ins Ghetto kommenden Menschen zu schaffen. Von den insgesamt ca. 7000 im Herbst 1941 nach Minsk verschleppten Juden haben nur fünf überlebt. Aus Wuppertal war keiner darunter.
Die Begegnungsstätte Alte Synagoge erinnert am Mittwoch, den 9. November, 19.30 Uhr, mit einer Gedenkveranstaltung an die Opfer dieser zweiten Deportation aus Wuppertal. Auf dem Programm stehen ein Einführungsvortrag von Dr. Ulrike Schrader, der Leiterin der Begegnungsstätte, und eine Lesung der Namen aller Deportierten.
Veranstaltungsort:
Begegnungsstätte Alte Synagoge, Genügsamkeitstraße, W-Elberfeld
T. 563-2843
www.ns-gedenkstaetten.de/nrw/wuppertal
Weiter mit:
Kommentare
Neuen Kommentar verfassen