28.08.2015

Vorletzte Worte

14 Monate lang haben wir Zeitung gemacht – und gezeigt, dass es möglich ist, guten Journalismus anzubieten. Nun steht eine Zäsur an, Zeit für jeden von uns, sich seine ganz eigenen Gedanken zu machen. Der Gerechtigkeit halber in alphabetischer Reihenfolge.

1Sophie Blasberg
Das ae im Gepäck. Ich weiß noch, wie ich das erste Mal von talwaerts hörte, von diesem jungen, megamotivierten Typen, der genug Energie zu haben schien, um die Welt zu verändern. Damals war „talwaerts“ erst ein Arbeitstitel, aber irgendwie ist er dann geblieben. Wir haben dieses Wort geformt und gefüllt, talwaerts ist eine Marke geworden, vor allem aber eine Identifi kationsgrundlage. „Ich bin Chefreporterin von talwaerts.“ Was bin ich jetzt? Was bleibt von diesem einen Jahr? Talwaerts hat mir meine Stadt geschenkt. Mir einen Blick gegeben für die wunderschönen Dinge, die hier passieren und mich zu den Menschen gebracht, die sie bewegen. Ich habe ihre Geschichten aufgeschrieben und langsam wurde aus den vielen Einzelstücken ein Netz. Talwaerts hat mir die Querverbindungen gezeigt, die in dieser Stadt vielfältiger sind als an anderen Orten. Und wenn ich mir jetzt etwas wünschen darf, dann wäre es, ein Teil davon zu sein. Die Stadt ein Stück weit mit gestalten zu können. Was bin ich jetzt? Ein Mensch voller Ideen, aber ohne Plan mit einem offenen Blick nach vorne und voller Spannung auf das, was da wartet. Eine Wuppertalerin mit dem ae im Gepäck, das mir vielleicht genug Energie gibt, um die Welt zu verändern.

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Mirja Dahlmann
Lokaljournalismus kann schon ganz schön doof sein. Die obligatorischen Gemeindefeste und Events, bei denen sich der Journalist auf der Suche nach O-Tönen fragt, warum er denn ausgerechnet Germanistik studiert habe, können zermürbend sein. talwaerts gab mir eine Möglichkeit, einer zuweilen anspruchslosen Tätigkeit zu entfliehen und neue Kontakte zu knüpfen. Natürlich bin ich weiterhin mit dabei und gespannt, wie es weitergeht. Wir ziehen uns ja nicht zurück, sondern nehmen nur Anlauf 😉

Kerstin Eiwen
Ein komisches Gefühl: die letzte talwaerts. Statt Tränchen zu verdrücken, freue ich mich auf das, was kommt: Ich freue mich darauf, weiter in diesem tollen Team zu arbeiten, das mir gezeigt hat, wie spannend Journalismus sein kann, und gemeinsam mit diesem Team talwaerts 2.0 zu entwickeln. Ich freue mich auch darauf, weiter Wuppertals faszinierende Seiten kennenzulernen. Bis dahin habe ich jetzt etwas Zeit, mich wieder um meinen Buchblog zu kümmern: www.woerterrausch. de. Aber ich kann es kaum erwarten, bald wieder unterwegs zu sein, für und von talwaerts.

Jan Filipzik
Neulich hat jemand gefragt, woran genau wir jetzt gescheitert wären – ich habe ihn verständnislos angeschaut. Wenn man es schafft, 14 Monate lang eine Zeitung herauszugeben, wenn man merkt, dass die Artikel ankommen und man Leser damit begeistert, wenn man zeigt, dass man eine Idee Realität werden lässt, dann ist man nicht gescheitert. Und ja, wir hätten noch weitermachen können, aber dieser Break jetzt wird uns gut tun. Wir brauchen ihn, um Dinge zu verändern, von denen wir wissen, dass sie verändert werden müssen. Um talwaerts auch wirtschaftlich so aufzustellen, dass es uns noch lange gibt. Länger, als dem ein oder anderen Medium hier in Wuppertal lieb ist.

David Fleschen
Zu meinem ersten talwaerts-Artikel kam ich durch Zufall. Der Text handelte unter anderem von einem aus der Zeit gefallenen Verbotsschild. Kurz nachdem der Artikel erschien, war das Schild verschwunden. Seitdem weiß ich: Schreiben kann nicht nur dazu anregen, Dinge mit einem anderen Blickwinkel zu sehen – es kann auch wirklich etwas verändern. In diesem Sinne hoffe ich sehr, dass die talwaerts-Idee der Stadt noch lange erhalten bleibt und zu einem offenen, positiven, bunten aber auch kritischen und neugierigen Wuppertal anregt.

Hannah Florian
Über ein Jahr lang hat talwaerts nicht nur Wuppertals Medienlandschaft bereichert, sondern auch mich: mit spannenden Menschen, tollen Geschichten, interessanten Interviews und einzigartigen Momenten mit einem klasse Team. Ich denke, nicht nur ich, sondern wir alle haben durch talwaerts ganz neue Seiten an dieser einzigartigen Stadt kennengelernt. Und das geben wir nicht so einfach auf. An diesem Wendepunkt ist ein großes Dankeschön angebracht. Auf dass der nächste Abschnitt genauso klasse wird.

Manfred Görgens
Die leiseste Hoffnung ist selten diejenige, die sich erfüllt. Insofern überrascht mich der Status quo von talwaerts nicht die Spur. Was mich aber verblüfft: Die Arbeit hat mehr als ein Jahr lang große Freude bereitet, sie hat viele Freunde gefunden und zu neuen Freundschaften geführt. Das wird die Basis sein für weitere Unternehmungen. Die vielen engagierten jungen Leute, die ich durch talwaerts kennenlernen durfte, geben mir die Gewissheit, dass aus diesem Team heraus noch gute Ideen entwickelt werden. Letztlich ist das weitaus spannender als ein Erfolg, der sich in Zahlen messen lässt. Für mich war talwaerts im ersten Jahr seines Bestehens ein rundum gelungenes Abenteuer.

Stephanie Licciardi
Tschööö talwaerts! Ich hoffe, das ist kein Abschied für immer und wir lesen uns wieder! Es hat mir viel Spaß gemacht und ich hatte eine tolle Zeit. Ich habe viel gelernt und bin vielen interessanten Menschen begegnet. Dazu kamen spannende Themen und Geschichten, liebe, hilfsbereite Kollegen und Kolleginnen und – last but not least – super Chefredakteure!

Fabian Mauruschat
Lokaljournalismus ist ein Notstandsgebiet. Unterfinanzierte Redaktionen und Anzeigenkunden mit Einfluss sind nur die Spitze des Eisbergs. Deshalb braucht Wuppertal unabhängige Medien. Ein solches Medium haben wir ein Jahr lang realisiert. Dass Unabhängigkeit allein keinen Erfolg garantiert, ist die erste Lehre, die wir aus talwaerts gezogen haben. Aber wir kommen wieder. Vertrauen Sie uns. Bis zum Neustart lesen Sie Texte von mir unter anderem in meinem Kulturblog fischpott.com.

Sabine Nagl
Meine erste Berührung mit der Welt der Schreiberei verdanke ich Superman und natürlich Lois Lane. Die beiden leben in Metropolis als Reporter beim Daily Planet, Superman natürlich verkleidet als Clark Kent, und retten fortlaufend die Welt. Da stellt sich doch generell die Frage, ob die Zeitungswelt auch in Wirklichkeit so ist. Ich habe zum Beispiel aus Filmen gelernt, dass der Chefredakteur oder die Chefredakteurin nach Gutdünken Artikel verteilen und sich aufführen wie Graf Cox. Die mutigen Reporter begeben sich bei der Recherche um den „Knaller“ oder „die Story“ ständig in Gefahr. Dann gibt es noch die ehrgeizigen und skrupellosen Kollegen, die dem rechtschaffenen guten Reporter versuchen die besten Storys vor der Nase wegzuschnappen. Ist das wirklich so, wollt ihr jetzt von mir wissen? Darauf gibt es nur eine ehrliche Antwort: Ja, genau so ist es. Und ich muss es ja wissen, denn ich schreibe für eins der härtesten Blätter Wuppertals. Ich bin Autorin bei der talwaerts. Das, was den meisten Menschen den Schauer den Rücken herunterlaufen lässt, sind für mich anregende Erinnerungen, die ich bei einem guten Glas Whisky im abgesessenen Ohrensessel meines Großvaters vor dem offenen Kamin genieße. Ich denke an spannende Reisen nach Südafrika und Bayern, um überlebende Exil-Wuppertaler zu finden, die die Fähigkeit entwickelt haben, auch ohne Wupperluft zu atmen. Ich bin mit und ohne Kopftuch in Wuppertals Hinterhäusern, Dachkammern, Theatern, Gotteshäusern, Büros, Plätzen und Straßen gewandelt, auf der Jagd nach der Wahrheit um Freundschaft, Engagement, Schwesternschaften, Zoogeschichten, Musik und Gewalt. Ich habe gelacht, gestaunt, geächzt, geschaudert, gebangt, gegruselt, ich bin gewachsen, schlauer und durchtriebener geworden und meine Sinne sind jetzt scharf wie ein Solinger Knippchen. Machen wir es kurz: talwaerts, war ne gute Zeit mit dir. Ich weiß, du musst deinen Weg gehen, aber altes Haus, eins solltest du noch wissen: Du wirst mir verdammt fehlen.

Nele Niemann
Für mich ist talwaerts zu einem Teil von mir geworden – für mich ist das kein wirtschaftlicher Nutzen, sondern eine emotionale Bindung, weswegen es mich sehr getroffen hat, dass wir vorerst aufhören. Der erste Kontakt mit talwaerts war herzlich – herzlicher hätte es nicht sein können. Ich war sofort ein Teil dieser tollen Gemeinschaft, durfte mit entscheiden und meine eigenen Gedanken in Fotos umsetzen. 11 Monate. 11 Monate, in denen ich manchmal geflucht habe, dass ich keinen guten Gedanken zu der aktuellen Kolumne hatte. 11 Monate, in denen ich viel mit meinen Kollegen und Kolleginnen gelacht und mich ausgetauscht habe. 11 Monate, in denen ich so viele neue und sehr liebe Menschen kennen lernen durfte. Ich bin einfach nur sehr dankbar dafür. Dankbar auch dafür, dass ich Wuppertal ganz anders kennengelernt habe. Seitdem ich ein Teil von talwaerts bin, schätze ich Wuppertal und liebe diese Stadt als meine Stadt. Ich engagiere mich, ich habe Lust etwas zu verändern. Aus diesem Impuls heraus habe ich meine Selbständigkeit gekrönt und mein eigenes Atelier in Unterbarmen eröffnet – talwaerts hat mein Leben verändert!

Johannes Rothenhagen
Über ein Jahr ist in meiner freischaffenden Arbeit als Fotograf bei talwaerts vergangen. Ein Jahr voller Höhen und Tiefen. Vor allem aber voller Erfahrung und vielen spannenden Persönlichkeiten, nicht nur vor der Linse. Auch wenn wir mit dem aktuellen Konzept aufhören, wird aus der Asche etwas neues entstehen. Somit freue ich mich auf zukünftige Projekte und werde weiter den unabhängigen Journalismus mit meinen Fotos unterstützen und mich in Zukunft dem Bereich Video widmen. Meine Arbeit umfasst Hochzeiten, Porträt, Reportage, Konzerte, Musikvideos und Workshops. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei mir Informieren und erreicht mich unter: jrothenhagen@gmail.com.

Saskia Stiefeling
Ich hatte vor Kurzem meine Masterarbeit abgegeben, als ich bei 1Live „Mein Tag“ hörte, dass sich in Wuppertal eine neue Zeitung gegründet hat. Damals war ich eigentlich noch davon überzeugt, in absehbarer Zeit als Doktorandin an irgendeiner Uni zu sitzen. Eine Woche darauf ging ich zur Redaktionssitzung, wurde ins Team aufgenommen und blieb. Ich merkte schnell, dass mir die journalistische Arbeit mehr Spaß macht als trockene Forschungsprojekte. Seither bemühe ich mich um ein Redaktionsvolontariat. Ich bin stolz darauf, innerhalb des talwaerts-Teams gelernt zu haben, was guter Journalismus ist. Es freut mich, dass es mit dem Projekt weitergeht, möchte dabei bleiben und bin gespannt auf das, was noch kommt.

Sergiy Tinschert
Ein neues Unternehmen hat es natürlich nicht leicht in einem etablierten Markt zu bestehen. Etwas drastischer: nur eines von zwölf Startups überlebt das erste Jahr. Je nach Branche und Statistik variieren diese Zahlen zwar, aber grundsätzlich müssen Gründer darauf vorbereitet sein zu scheitern, was besonders in Deutschland sehr negativ stigmatisiert wird. Dass talwaerts so lange durchgehalten hat, lag vor allem am engagierten Team und den aufgeschlossenen Wuppertalern, die diesem Medium eine Chance gegeben haben.

Benny Trapp
Ein paar Wochen Pause, prüfen, beurteilen, optimieren. Wohl das Beste, was einem jungen Magazin passieren kann. Wir nutzen diese Chance, um uns zu finden und zu erneuern, weil wir es einfach noch können. Ich lebe sonst hauptsächlich von Portrait- und Naturfotografie, bin erst vor einigen Wochen zur talwaerts gestoßen. Ein bisschen Kultur und Lokalpolitik sind eine schöne Ergänzung und Abwechslung zu meinem sonstigen Schaffen. So hatte ich an allen Bildaufträgen und Reportagen der letzten Zeit viel Freude, konnte viel dazulernen, meinen Horizont erweitern und habe jede Menge interessante, nette Menschen kennengelernt. Umso mehr freue ich mich auf die Zukunft mit talwaerts 2.0. www.bennytrapp.photography

Ava Weis
In Wuppertal wird gerne gemeckert, geflucht und gemoppert – über das Wetter, die Hässlichkeit(en), die Baustellen, die Schulden, die „fehlende“ Kunst, die unlogische Politik und die vermeintlich schlechten Medien. Dabei gibt es in dieser Stadt unglaublich viel Potenzial und ebenso viele Menschen, die etwas verändern wollen. So wie wir. Zu Beginn war talwaerts für mich erst mal ein Experiment, ein Ausprobieren. Ich wusste nicht, ob mir „Lokaljournalismus“ überhaupt liegt. Mittlerweile ist diese Zeitung eine Herzensangelegenheit, da ich nicht nur ein unglaublich tolles Team kennen und schätzen lernen durfte, sondern auch (ein)gesehen habe, was man mit Neugier, Mut und einem Schuss Verrücktheit erreichen kann. Und dass „Lokaljournalismus“ eben auch anders geht. Ich bin davon überzeugt, dass Wuppertal die talwaerts braucht. Deswegen werde ich in den kommenden Wochen mit daran arbeiten, dass wir mit einem neuen, besseren Konzept zurückkommen. Und dann seid ihr gefragt: Wollt ihr weiter meckern oder doch lieber machen?

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Kommentare

  1. Bea sagt:

    Hallo taiwärts-team,

    die Zeitung ins Leben zu rufen, war m.E. mutig und richtig!
    Möglicherweise geht es ja auch irgendwann wieder weiter 😉

    Auch Wuppertal braucht eine lebendige Medienlandschaft, die fair berichtet – und zwar auch über Dinge, die nicht den im Rathaus vorgedachten Großprojekten entsprechen, sondern – durchaus kritisch auch für die Stadt langfristig bessere – Alternativen aufzeigen (dürfen).
    Wenn uns das gelingt, ist es m.E. ein weiterer wichtiger Schritt in die richtige Richtung – für UNSERE Stadt gemeinsam im Gespräch zukunftsfähige Ideen zu entwicklen und dabei ebenso wie bei der Umsetzung derselen viele Wuppertaler und Wuppertalerinnen wirklich zu beteiligen! Bisher meint der Begriff „Beteiligung“ eher „Information“, da ein echter TRIALOG, einer Politik zwischen Bürger*innen, Parteien und Verwaltung (noch) fehlt. Auch dabei spielt eine faire Presse eine sehr wichtige Rolle! Ich bin zuversichtlich, dass uns auch DAS langfristig gelingen wird!

    Danke
    und für den/die weiteren Weg/e:
    Gutes Gelingen!

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