„Politik sind nicht immer nur die anderen“

Interview mit Wuppertals 1. Bürgermeister Jan Phillip Kühme über Ehrenamt, CDU, Elberfeld und Barmen.

Jan Phillip Kühme wurde 1977 in Wuppertal geboren. Er lebt mit Frau Kathrin und der gemeinsamen sieben Monate alten Tochter in Vohwinkel. Der selbständige Finanzkaufmann, der am 12. November zum ehrenamtlichen Bürgermeister gewählt wurde, bezeichnet Politik nach wie vor als seine Leidenschaft.

Herr Kühme, Sie gehörten zu den so genannten „CDU-Rebellen“, die im vergangenen Jahr aus Protest gegen den Führungsstil von Bernhard Simon vorübergehend aus der Fraktion ausgetreten waren. Wie begegnen Ihnen die innerparteilichen Gegner von damals heute?

In der CDU-Fraktion ist viel Sachkompetenz versammelt und auf dieser sachlichen Arbeitsebene kommen wir gut miteinander klar. Der Streit vom vergangenen Jahr ist heute kein Thema mehr in der Fraktion und das soll auch so bleiben. Es gibt wichtigere Themen, mit denen wir uns befassen, als mit uns selbst.

Welche Aufgaben hat der 1. Bürgermeister?

Ich bin Stellvertreter des Oberbürgermeisters in seiner Abwesenheit in repräsentativen Fragen. Sein Stellvertreter in der Verwaltung ist Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig. Ich komme z.B. gerade von einer Scheckübergabe für die Kinderkrebshilfe, bei der ich den Oberbürgermeister vertreten habe. Gleich leite ich die Sitzung des Hauptausschusses.(*)

Hat man als 1. Bürgermeister größeren Einfluss auf politische Entscheidungen als ein Stadtverordneter?

Eine Stimme ist eine Stimme. Aber natürlich ist man als 1. Bürgermeister eher Ansprechpartner für viele Menschen.

Wieviel Zeit investieren Sie in der Woche für Ihr Bürgermeisteramt?

Das hängt von den Terminen ab. Man kann das schwer schätzen. Fünfzehn bis zwanzig Stunden pro Woche sind wohl im Durchschnitt realistisch.

Sie sind beruflich selbständig. Ist das hilfreich?

Ich habe die Stundenzahl meiner Mitarbeiter erhöht, um diesem Job machen zu können.

Was treibt Sie an?

Es ist eine ehrenvolle Aufgabe, die Stadt Wuppertal und die Bürger zu repräsentieren. Ich möchte Zustände nicht nur bemängeln, sondern auch aktiv an ihrer Veränderung mitzuwirken. Es gibt einen schönen Spruch: „Politik sind nicht immer nur die anderen.“

Das Netz macht es möglich, dass sich Diskussionen über wichtige lokale Themen außerhalb von Gremien oder Veranstaltungen vollziehen, z.B. bei Facebook und Twitter. Wie hält man als Lokalpolitiker Anschluss?

Ich bin bei Twitter und Facebook aktiv und veröffentliche dort etwas, wenn ich glaube, dass es die Netzwelt interessieren könnte. Man kann sich gar nicht dagegen sperren. Man kann sich dieser Entwicklung nicht verweigern, sondern muss daran teilnehmen.

Ist die CDU in Wuppertal in diesem Punkt auf der Höhe der Zeit?

Die CDU nutzt diese Entwicklungen aktiv. Wir freuen uns, dass sich auch die Verwaltung offen damit auseinander setzt, weil diese Prozesse für Bürger, Politik und Verwaltung Vorteile haben.

Reden wir über Wuppertal. Eines Ihrer Lieblingszitate stammt von Max Frisch: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“ Demnach müsste Wuppertal ja seit vielen Jahren ungemein produktiv sein?

Sind wir ja auch. Man muss sich nur einmal ansehen, wie schnell sich der Wandel vom Industrie- zum Wissens- und Dienstleistungsstandort vollzieht und mit wie wenig Schrammen wir im Vergleich mit anderen Städten davonkommen. Das ist nicht immer einfach, aber die Dinge haben sich in den letzten acht bis zehn Jahren mächtig verändert. Ich kenne Städte, die das weniger gut gemacht haben. Wir sind sicher noch nicht am Ende der Entwicklung. Nicht nur Politik oder die Wirtschaft sind daran beteiligt, sondern alle Bürger haben ihren Anteil. Die Junior Uni ist ein gutes Beispiel oder auch die Entwicklung von Wirtschaftsflächen.

Die Wuppertaler kritisieren ihre Stadt gerne.

Vielleicht machen wir das in Wuppertal ein klein wenig mehr als andere, aber den Trend gibt es überall. Besucher von auswärts sehen die Stadt oft ganz anders. Ich war erst kürzlich bei einer Veranstaltung in der Stadthalle mit vielen auswärtigen Besuchern, die waren begeistert von unserer Stadt.

Ein Projekt, über das derzeit heftig diskutiert wird, ist die geplante Erweiterung der City-Arkaden.

Wenn ein Investor wie ECE nach Wuppertal kommt, weil er an den Standort glaubt und aus einem B-Center ein A-Center machen will, dann muss das nicht pauschal schlecht sein.

Der Bundesverband Deutscher Architekten kritisiert, dass es keine Gesamtkonzeption für Elberfeld gibt.

Keiner ist so blind, dass er nur einzelne Projekte in der Stadt entwickelt. Man muss die Entwicklungen im Zusammenhang betrachten, das gilt auch für Elberfeld. Ich habe den Brief des BDA so verstanden, dass er sich daran gerne beteiligen möchte.

Döppersberg, Ohligsmühle, City-Arkaden – momentan tut sich viel in Elberfeld. In Barmen mühen sich die Geschäftsleute, im Rahmen einer Immobilienstandortgemeinschaft (ISG) mit eigenen Mitteln den Werth nach vorne zu bringen. Hat die Politik ein Konzept für Barmen?

Da muss ohne Frage ein Konzept her. Die ISG ist da ein wichtiger Gesprächspartner. Die Chance liegt im Spezialisieren und nicht im Kopieren. Es muss einen Grund geben, nach Barmen zu fahren. Etwas, das es woanders nicht gibt. Die ISG ist hier das Bindeglied zwischen der Verwaltung und den Inhabern der Immobilien in der Barmer Innenstadt.

*) Das Gespräch fand am 27.2. statt.

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Mit Jan Phillip Kühme sprach Georg Sander.
Foto: Georg Sander

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Kommentare

  1. wolf gi sagt:

    Sehr geehrter Herr Kühme, mit Ihrer Partei ist keine positive Entwicklung für und mit Wuppertal möglich. Allein der von der CDU-Slawig betriebenen Personal- und Finanzpolitik schadet der Wuppertaler Bevölkerung so sehr, dass es schwer fällt positive lokale oder regionale Entwicklungen zu erkennen.
    Die CDU setzte sich ein für Beförderungen von Beamten in der Stadtverwaltung, für eine Personalentwicklung der Arbeiter und Angestellten wurde nichts getan. Die Unterstützungsgelder des Landes wurden größteils direkt für Beamtenbeförderungen verplant. Für einen schnelleren Ausbau von Betreuungsplätzen hat Dr. Johannnes S. keine Gelder verfügbar. Ein wesentliches verkehrspolitisches Highlight der CDU: Abschaffung des Kasinokreisels. Ergebnis: Fußgänger müssen lange Wartezeiten an der Ampel verbringen, es wurden zwei mehr Ampeln installiert als notwendig, in der Neumarktstraße entsteht Rückstau, mindestens so viel wie ehemals ohne Lichtsignale. Nun wollen Sie und Ihre Partei noch einen der wenigen Lichtplätze Kirche am Kolk – Post – RexTheater zerstören, damit die CityArkaden ausgebaut werden. Ergebns: Weitere Zerstörung der ehemals gewachsenen Innenstadt, weitere Entmietung des ansehnlichen Warenangebots, Ausbau des 1-€-Shopwesens, der Billigbackläden, Handyhändler und Fastfood. Für Sie mag das alles das Feinste für Ihre Familie und CDU-Kameraden sein, Sie fühlen sich dort vielleicht so richtige nieveauvoll wohl. Andere nicht. Wir haben verstanden. Christlich sein heißt: Nie CDU wählen.

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