2000 gegen Rechts
„Erinnern heißt handeln“, unter diesem Leitmotiv hatte das Wuppertaler Bündnis für Demokratie und Toleranz – einem Zusammenschluss von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, Glaubensgemeinschaften, Muslimen und anderen sozialen Gruppen – zu einem Schweigemarsch am 9. November in Vohwinkel aufgerufen. Anlass war die Progromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 in der die jüdische Bevölkerung Opfer zahlreicher von Nazis organisierten Überfällen wurde.
Nach einer Kundgebung auf dem Lienhardtplatz, auf der auch Oberbürgermeister Peter Jung sprach, zogen etwa 2000 Menschen in einem langen Schweigemarsch friedlich vom Lienhardplatz über die Kaiserstrasse, durch das Dichterviertel und wieder zurück. Beteiligt waren alle Altersklassen und alle Nationalitäten. Viele Menschen trugen Kerzen. Begleitet wurde der Schweigemarsch von einem riesigen Polizeiaufgebot. Nur auf dem Rückweg kam es minutenlang zu lautstarken Protesten, als Neonazis aus dem oberen Stockwerk eines Wohnhauses Parolen brüllend, versuchten die Menge zu provozieren.
In Vohwinkel hat sich in den vergangenen Jahren die rechtsradikale Szene Wuppertals etabliert und bekommt auch aus dem Umland immer mehr Zulauf. Inzwischen wird der Sachverhalt auch von der Wuppertaler Polizei bestätigt, deren Verhalten in der Vergangenheit schon für heftige Kritik gesorgt hatte. Gegen den Wachleiter der Vohwinkler Polizei wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, weil er die Vorfälle verharmlost hatte. Vohwinkler Bürger reagieren inzwischen besorgt auf die zunehmende Präsenz und Aggressivität der Extremisten, die gezielt Prügeleien anzetteln, zuletzt während des Aufbaus zum Vohwinkler Flohmarkt. Via facebook offen geäußerte Kommentare wie „Vohwinkel bleibt braun“ bestätigen die Brisanz der Lage.
Jugendliche fühlen sich laut eigenen Aussagen bedroht und reagieren inzwischen eingeschüchtert. Das zeigten auch die Reaktionen der Menschen die das Medienprojekt Wuppertal vor laufender Kamera interviewen wollte. Viele hatten Angst, von den Neonazis wiedererkannt zu werden.
Die Demonstration gegen die rechte Szene in Vohwinkel war wichtig, um gemeinsam Flagge zu zeigen und sich der eigenen Stärke bewußt zu werden. Das ist eindrucksvoll und friedlich gelungen. Es reicht aber nicht aus, um der rechten Szene das Leben so richtig ungemütlich zu machen. Es darf und kann in einer Demokratie und besonders in Deutschland nicht sein, dass sich Menschen wegen ihrer politischen Haltung oder ihrem Anderssein von einer Gruppierung terrorisiert und eingeschüchtert fühlen. Solchen Gruppierungen muss entschieden, konsequent und ohne Zögern mit allen rechtsstaatlichen Mitteln entgegen getreten werden. Dass die von den Neonazis beantragte Gegendemonstration nicht genehmigt worden ist und ihre Klage gegen den Bescheid abgelehnt worden ist, das sind die richtigen und notwendigen Signale.
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Sehr gut formuliert – dem kann man sich ohne wenn und aber anschließen.