24.05.2017Harald Thomé / Tacheles e.V.
Abschließend: Wuppertal, das Problem mit einer Musikband namens „HartzV“
Die Band wurde angefragt beim Fest zu spielen – dann wurde wieder abgesagt: Stein des Anstoßes: der Name der Band.
Es war die Rede davon, dass dies „unpassend“ und „nicht wertschätzend“ für die anwesenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtteilservices sei, wenn eine Band mit diesem Namen auftreten würde. Hartz V für Hartz-IV-Empfänger, das passte irgendwem so nicht. Es sollte sich keiner stigmatisiert fühlen, war zu hören.
Nachdem die Sache medial aufgearbeitet wurde, wollte das mit der Absage keiner gewesen sein, gespielt hat die Band bei der Veranstaltung aber trotzdem nicht. Dafür haben bei der Feier anwesende Mitglieder der Band vom Jobcenterleiter Thomas Lenz ein Visitenkärtchen bekommen, zusammen mit der Einladung beim Sommerfest des Jobcenters aufzutreten. Der Kommentar dazu von Thomas Lenz: „wir sind Hartz IV, da passt doch Hartz V gut dazu“.
Nein Thomas Lenz, Ihr seid nicht Hartz IV. Ihr seid MitarbeiterInnen eines Jobcenters und Eure Kunden, wie Ihr sie gerne nennt, leben vom sogenannten Hartz IV, da sind in der Lebensrealität Welten dazwischen. Wir können nichts dazu sagen, ob die Band gerne im Rahmen eines Sommerfestes des Jobcenters auftreten möchte. Wir würden es nicht wollen – natürlich käme auch kein Mensch auf die Idee, uns zu so einer Veranstaltung einzuladen 🙂
Wozu wir aber etwas sagen möchten ist die Sache an sich. Wenn im Zusammenhang mit dem Auftritt der Band Hartz V von „unpassend und nicht wertschätzend“ gesprochen wird, dann wird umgekehrt ein Schuh draus. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtteilservices beziehen alle SGB-II-Leistungen, umgangssprachlich werden sie liebevoll auch „Hartzis“ genannt. Das Thema Hartz IV bestimmt in weiten Teilen ihren Alltag, ihr Leben. Stigmatisierung spielt da eine große Rolle. Und auch fehlende Wertschätzung. Wer aber davon ausgeht, dass diese sich in einem Bandnamen festmacht, verkennt die Realität und trägt genau zu der Stigmatisierung bei, verfestigt diese.
Reden wir darüber, was SGB-II-Leistungsbezieher stigmatisiert, wo ihnen Wertschätzung versagt wird. Stichworte hierzu aus Wuppertal: monatelange Nichtbearbeitung von Anträgen, eingereichte Unterlagen, die beim Jobcenter ständig verloren gehen, 16 Mio. Euro an nicht gezahlten Mieten von Hartz-IV-Empfängern, ein entwürdigender Umgangston von BehördenmitarbeiterInnen zu „Kunden“, Vermieter, die, aufgrund des Umgangs des Jobcenters mit ihnen, nicht mehr bereit sind an Leistungsbeziehende zu vermieten. Das sind Wuppertaler Zustände, die diskutiert werden müssen. Dies kann nicht einfach damit abgetan werden, dass es sich regelmäßig lediglich um bedauernswerte Einzelfälle handele. Das hat System. Hier sind alle KritikerInnen und Interessierten herzlich eingeladen, einmal an unserer Beratung teilzunehmen und unser Telefon zu bedienen. So kann jede und jeder sich ein eigenes Bild machen.
Harald Thomé für Tacheles e.V.
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