13.09.2017Helge Lindh
„Aufbruch 2017“ – Helge Lindh unterstützt die Forderungen von Campact!
Über 75.000 haben über die Ergebnisse dieser Diskussionen abgestimmt, herausgekommen ist ein Kompass mit zehn Forderungen.
Helge Lindh, SPD-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Wuppertal I, erklärt dazu: „Die Campact-Forderungen stehen für eine Politik des demokratischen, sozialen und ökologischen Fortschritts. Diese kann ich aus vollem Herzen unterstützen. Im Bundestag werde ich mich für die Campact-Forderungen stark machen! Für die weitere Diskussion habe ich zu allen zehn Punkten Stellung bezogen.“
Stellungnahme von Helge Lindh zu den 10 Campact-Forderungen:
1. Das Gesundheitssystem nachhaltig und gerecht gestalten. Eine umfassende Bürgerversicherung muss unsere Gesundheitsversorgung auf eine tragfähige Grundlage stellen und die Zwei-Klassen-Medizin beenden.
Als SPD fordern wir die Einführung einer Bürgerversicherung, in der alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise nach den Grundsätzen der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Das übergeordnete Ziel muss dabei die Beendigung der Zwei- bzw. Drei-Klassen-Medizin sein. Gesundheit darf keine Ware sein, sondern betrifft unmittelbar die Würde jedes einzelnen Menschen, ungeachtet seiner Herkunft, seines Alters oder seines Einkommens. Dabei muss die Parität wiederhergestellt werden: Arbeitgeber und Versicherte sollen wieder den gleichen Anteil am gesamten Versicherungsbeitrag zahlen.
2. Eine auskömmliche Rente einführen. Altern in Würde braucht eine großzügige Mindestrente. Um sie zu finanzieren, sollten alle Einkommensarten in die Rentenversicherung einbezogen werden.
Eine auskömmliche Rente ist eine Kernfrage unseres Sozialstaates. Die Einbeziehung möglichst vieler Einkommensarten befürworte ich. Momentan erleben wir, dass sehr viele, die jahrzehntelang gearbeitet haben, nur Grundsicherung erhalten. Deshalb muss es eine Mindestrentenabsicherung oberhalb dieser Grundsicherung geben, die Lebensleistung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern würdigt.
3. Den Bahnverkehr attraktiver machen. Damit niemand den Anschluss verliert, braucht es Investitionen in Busse und Bahnen. Der Staat muss ausreichend in seine Infrastruktur investieren.
Bei dieser Forderung rennen Sie bei mir offene Türen ein. Ich bin leidenschaftlicher Fußgänger und Nutzer der Bahn und des ÖPNVs. Junge Menschen legen oft heute schon weniger Wert auf eigene Fahrzeuge und setzen zunehmend auf gemeinsame Nutzung sowie öffentliche Verkehrsmittel. Das Mobilitätsverhalten verändert sich, daher sind Investitionen in Busse und Bahnen nicht nur ökologisch, sondern auch sozial innovativ. Und ja, richtig, der Staat muss ausreichend, und das heißt mehr als bisher, in seine Infrastruktur investieren. Das Zeitalter der Beschwörung des schlanken Staates geht zu Ende. An den Folgen dieser Ideologie leiden wir gerade.
4. Lobbyismus bekämpfen, z. B. durch ein zentrales Lobbyregister. Ein öffentlich einsehbares Lobbyregister schafft Transparenz: Es macht ersichtlich, wer auf welchem Weg versucht, demokratische Entscheidungen zu beeinflussen.
Ich bin für die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters. Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf Transparenz. Außerdem fordere ich einen Lobbycheck für Gesetze. Das stärkt das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und fördert unsere Demokratie.
5. Keine undemokratischen und unfairen Freihandelsabkommen abschließen. Abkommen wie TTIP, CETA und JEFTA dürfen den Spielraum für demokratische Entscheidungen nicht einschränken.
Stimme zu: Ein wesentlicher Schwachpunkt der Verhandlungen zu TTIP und CETA war eine Politik der Intransparenz und mangelnden Informationen. Stärkere Beteiligung tut unbedingt not. TTIP war von Beginn an aufgrund seiner Konstruktion nicht tragbar und als Freihandelsabkommen aufgrund einer Fülle von Defiziten nicht zustimmungsfähig. Kernfrage bei der Ratifizierung von CETA durch die nationalen Parlamente muss sein, ob und inwiefern legitimierte demokratische Instanzen geschwächt werden und dafür neue Gremien ohne mangelnde Legitimation womöglich ihnen nicht zustehenden Entscheidungsspielraum erhalten. Ebenso sind unscharfe Rechtsbegriffe immer ein kritischer Punkt bei Freihandelsabkommen.
6. Steuerflucht konsequent verfolgen und bestrafen. Damit die Demokratie handlungsfähig bleibt, müssen die Steuerverwaltung ausgebaut und das Steuerstrafrecht verschärft werden. Unternehmensgewinne sollen dort besteuert werden, wo sie erwirtschaftet werden.
Klares Ja: Steuerflucht und Steuerhinterziehung sind asozial. Es kann nicht sein, dass internationale Großunternehmen sich durch fragwürdige Schlupflöcher der gesellschaftlichen Verantwortung entziehen, während mittelständische Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer korrekt Steuern zahlen. Effiziente Ahndung von Steuerflucht bedeutet völlig legitime Mehreinnahmen für den Staat, die in das Gemeinwesen investiert werden können und müssen.
7. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien massiv beschleunigen. Die Energiewende wird international bestaunt. Wir müssen sie schnell und entschlossen zu Ende bringen – indem wir Wasser, Wind und Sonne wieder stärker fördern.
Es führt kein Weg zurück aus der sinnvollen Energiewende, die konsequent und beschleunigt gegangen werden muss. Dabei ist es wichtig, keine Fehlanreize zu setzen. Ziel muss es sein, dass wir möglichst viel Energie durch erneuerbare produzieren, zugleich aber mit größerer Intensität an den Netzen arbeiten, denn momentan ist keine bedarfsgerechte Versorgung mit erneuerbaren Strom sichergestellt. Wichtig ist mir bei dem Punkt auch, dass die Energiewende nicht zu einem Elitenprojekt wird. Wir müssen sicherstellen, dass sie ökologisch und sozial erfolgt, dass alle Einkommensgruppen sich umweltfreundlichen Strom leisten können und dass entsprechend energetische Sanierungen nicht auf Kosten von Geringverdienern gehen. Das gilt auch für private Hauseigentümer, deren finanzielle Möglichkeiten oft ebenfalls sehr limitiert sind.
8. Einen schnellen Ausstieg aus der Kohle verankern. Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen wir fossile Energien im Boden lassen. Für Deutschland heißt das: bis 2030 raus aus der Kohlekraft.
Ein erster Schritt war das Strommarktgesetz, um planvoll den Weg zu immer weniger Kohle einzuschlagen. Ich bin Befürworter eines möglich schnellen Ausstieges und verfechte in Fragen der fossilen Energien auch innerhalb meiner Partei einen progressiven Kurs. Ökologie und Soziales sind kein Widerspruch, aber gehen nur dann Hand in Hand, wenn entsprechend politischer Wille tatkräftig umgesetzt wird. Das heißt, wir dürfen auch nicht die alten Kohlereviere nicht im Stich lassen, sondern müssen sie intelligent im Strukturwandel stärken. Die Energiewende ist dabei unser Komplize, Stichwort: Batterien, Speicherlösungen, Entwicklung von Prozesstechnik. Aus Braun wird Grün.
9. Massentierhaltung einschränken. Die bäuerliche Landwirtschaft schwindet. Die Tiere leiden. Die Lösung: Die Massentierhaltung muss mit scharfen Auflagen drastisch eingeschränkt werden.
Artgerechte Tierhaltung muss das Leitbild sein. Dabei gilt: Wir brauchen ökologische und zum Teil auch konventionelle Landwirtschaft. Beide müssen tierfeindliche Massenhaltung ächten. Als Politiker sehe ich mich in der Verantwortung nicht Sprecher der Agrarindustrie, sondern zuerst der bäuerlichen Landwirtschaft mit Augenmaß zu sein. Es ist Zeit für ein modernes Tierschutzgesetz, das die Würde des Tieres ins Zentrum stellt. Außerdem ist die europäische Agrarförderung so umzugestalten, dass die Subventionen in Zukunft nicht mehr pauschaliert, sondern an Zielen und Werten wie Klima-, Natur- und Tierschutz sowie Pflege der bäuerlichen Kultur orientiert ausgezahlt werden. Darüber hinaus befürworte ich ein Tierschutzlabel, das Transparenz über die Form der Tierhaltung herstellt. Aus der Eigenverantwortung können wir die Verbraucher nicht entlassen. Andererseits dürfen ethisch verantwortungsbewusste Produkte keine elitäre Ware für wenige sein.
10. Plastikmüll reduzieren. Nichts zeigt den respektlosen Umgang mit unserer Umwelt so sehr wie die Verschwendung von Kunststoffen. Eine Abgabe auf Plastikverpackungen wäre der erste Schritt, den Trend zu stoppen.
Zustimmung. Wir müssen Plastikmüll reduzieren. Meist sind wir zu sorglos im Umgang mit Plastik. Ich packe mir dabei an die eigene Nase. Eine Abgabe auf Plastikverpackungen ist eine Möglichkeit, wobei es auf deren Ausgestaltung ankommt. Sie sollte aus meiner Sicht nur die Inverkehrbringer von unökologischen Plastikverpackungen belasten. Ehrlicher Weise besteht die Gefahr einer Umlage seitens der Hersteller auf die Verbraucher. Augenmerk darauf, dass das möglichst vermieden wird. Abfallvermeidung von Beginn an, zeitgemäße Mehrwegsysteme und neue Wege wie Food-Sharing und verpackungsfreie Lebensmittelgeschäfte sind Teil eines Gesamtpakets im Kampf gegen Plastikmüll.
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